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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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auf und schrie seine Wut und Demütigung gellend durch den leeren Hausflur. »Du Bastard!«
    Er jagte stolpernd in seinen Gummistiefeln die Treppe hinunter und rutschte fast auf dem glatten Steinfußboden aus.
    Die Straße war leer. Er rannte zu seinem Auto um die Ecke. Ein Briefträger blieb stehen und sah ihm kopfschüttelnd nach. Hinter einer Gartenmauer schlug ein Hund an. Deon startete den Wagen und bog in wildem Tempo um die nächste Ecke. Wieder eine leere Straße. Wo war der Bastard hin? Mein Vater.
    Zusammenhanglose Bilder wirbelten ihm durch den Kopf, nacheinander lösten sie sich aus dem Irrgarten der Vergangenheit, bis er sie Stück um Stück wie ein Puzzle zusammensetzen konnte, und siehe da: sie ergaben einen Sinn!
    »Denkt daran, daß ihr Brüder seid!« Sein Vater auf den Stufen vor der Aula am Tag der Promotion.
    Ein Bild aus frühester Zeit: Der Zornausbruch seines Vaters, als er ihn und Philip mit den kleinen farbigen Mädchen auf dem Heuboden erwischte.
    Mieta Davids, am Arm ihres Sohnes die Treppen hochsteigend, und Johan Van der Riet, der an ihr vorbei zu den fernen Bergen sah.
    Die Mensa, wo er zu seinem Erstaunen erfuhr, daß sein Vater für Philips Studium aufgekommen war.
    Philip, der unter stürmischem Applaus zum Podium ging, und der verblüffende Anblick seines Vaters, der mitklatschte.
    Mutter am Fußende seines Bettes, die mit verlorenem Blick »ja« sagte, immer nur »ja«.
    Und wieder sein Vater, auf dem Sterbebett. Seine Lippen öffneten sich, und was er sagte, war nicht: »Flip soll kommen, mein Sohn.« Sein Vater hatte gesagt: »Flip soll kommen. Mein Sohn.«

Zweiter Teil

Sommer
1
    Das Haus lag hoch am Berghang, ein wohlproportioniertes, behagliches Gebäude, umgeben von gepflegten Gärten und inmitten von grandioser landschaftlicher Schönheit.
    Philip seufzte tief, und Deon, der neben ihm am Lenkrad des Wagens saß, hielt einen Augenblick am Eingang zur Auffahrt an. Philip ließ langsam den Blick von Signal Hill zum Devil's Peak schweifen. Er sagte nichts, also sprach Deon es für ihn aus: »Herrlich, das wieder einmal zu sehen, nicht?«
    Philip erwidertes nichts, und Deon brachte den Motor auf Touren, um den kurzen, steilen Pfad zu nehmen, der zum Hause führte.
    »Schönes altes Kap«, sagte Philip schließlich. Deon war so damit beschäftigt, den Wagen in die linke Garage zu manövrieren, da der Kombi seiner Frau von der leichter erreichbaren rechten stand, daß es ihm entging, ob der Kommentar ironisch gemeint war oder nicht. Er beschloß, ihn zu überhören, und brachte den Jaguar elegant zum Stehen.
    »So, da wären wir«, sagte er mit einem Lächeln. Er öffnete die Tür. Die Innenbeleuchtung schaltete sich ein, und der Schein fiel auf Philips dunkles, ernstes Gesicht, von dem das graumelierte Haar sich abhob.
    »Danke«, sagte Philip ohne besonderen Grund.
    Als sie in die Garage fuhren, hatte im Haus jemand das Licht auf den Treppen und der Terrasse angeknipst. Sie stiegen aus, und Deon ließ Philip vorgehen. Philip blieb auf dem Treppenabsatz stehen und blickte wieder hinunter auf die Lichter der Stadt und das Panorama, das sich ihm bot.
    »Schön«, sagte er, »wunderschön.«
    »Es gibt schlimmere Wohngegenden«, stimmte Deon zu.
    »Weiß Gott.« Wieder dieser spröde Ton, den man als Ironie hätte aufnehmen können.
    »Ich habe mir sagen lassen, daß Kanada auch seine Reize hat«, sagte Deon, der sich in die Defensive gedrängt fühlte und daher, wie es seine Art war, leicht aggressiv reagierte. »Die Jagden im Winter …«
    »Du warst nie da, oder?«
    »Nein, immer nur in den Staaten. Nach Kanada bin ich irgendwie nie gekommen.«
    »Darum sind wir uns auch nie begegnet. Aber ich habe deine Laufbahn mit Interesse verfolgt.«
    »Und ich die deine«, versicherte Deon ihm lächelnd. »Einer von Snymans Jungen hat einen Posten an der McGill-Universität angenommen, und er hält uns brieflich auf dem laufenden.«
    Er öffnete die Eingangstür und trat zur Seite, um seinen Gast eintreten zu lassen. Philip tat ein paar Schritte in die Vorhalle und blieb vor einem großen, ungerahmten Gemälde an der Stirnwand stehen. Dem Künstler war es mit großer Finesse gelungen, Kleckse verschwommener Grau- und Brauntöne und ockerfarbene Flecke durch ein paar klare schwarze Striche zu der Darstellung eines Slums am frühen Morgen zusammenzufügen. Philip betrachtete das Bild eine Weile, dann blickte er durch die gläserne Wand in den Innenhof, wo bei indirekter Beleuchtung ein

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