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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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da.«
    »Ist er jünger als Lisa?«
    »Ja. Fünfzehn.«
    Philip rechnete nach: Das Mädchen war siebzehn oder achtzehn, also mußte Deon bei ihrer Geburt siebenundzwanzig gewesen sein. Sie hatten nicht lange mit dem Heiraten gewartet. Bald nachdem er … gegangen war. Für einen angehenden Chirurgen war das sehr früh. Vielleicht lag darin der Grund für die Kühle, die zwischen den beiden bestand?
    Ach ja, die Menschen machen sich's schwer, dachte er niedergeschlagen. Er sah wieder auf seine Uhr.
    »Es ist sehr spät. Würdest du mir bitte ein Taxi rufen, Deon?«
    »Kommt gar nicht in Frage. Ich fahr' dich nach Hause«, bot Deon an.
    Aber Philip blieb fest. »Meine Mutter wohnt ganz weit draußen in der Kapsiedlung. Du wärst stundenlang unterwegs. Und morgen mußt du operieren.«
    Deons Proteste konnten Philip nicht umstimmen.
    Elizabeth schenkte ihnen frischen Kaffee ein, und während sie auf das Taxi warteten, machten sie oberflächliche Konversation. Schließlich leuchteten die Scheinwerfer am Fenster auf, als der Wagen unten auf der Straße wendete. Der Fahrer hupte ungeduldig, und Philip verabschiedete sich hastig auf der Terrasse. Deon begleitete ihn noch bis zum Tor. Sie schüttelten sich förmlich die Hände, und Philip ging zum Taxi. Deon sah, wie der Fahrer sich hinüberlehnte, um die hintere Tür zu öffnen. Philip wandte sich noch einmal um und winkte mit dem Arm, dann bückte er sich leicht, um einzusteigen. Der Fahrer sagte etwas, Philip hielt inne und richtete sich langsam wieder auf. Der Fahrer fuchtelte entschieden abweisend mit den Händen.
    Deon ging stirnrunzelnd hinüber. »Was gibt's?«
    Philip stand kerzengerade vor dem Taxi, sein Gesicht lag im Schatten. Mit tonloser Stimme sagte er: »Dieser … Mann … sagt, daß er mich nicht fahren darf. Sein Taxi ist nur für Weiße.«
    Mit einem bleiernen Schuldgefühl las Deon die Leuchtschrift am Dach des Taxis: »Nur für Weiße.«
    »Das ist doch heller Wahnsinn«, sagte er wütend. Er blitzte den Fahrer böse an. »Was soll dieser Quatsch?«
    Der Taxifahrer war ein junger, rauer Bursche in einer mit Nägeln beschlagenen Lederjacke, die Deon an ein Hundehalsband erinnerte, was gar nicht so abwegig war, denn der Kerl wirkte tatsächlich wie ein zähnefletschender Boxer. Trotz seines grobgeschlächtigen Äußeren schien er verlegen. Er wiederholte seine abrupte, hilflose Geste. »Sie hätt'n sagen soll'n, daß Sie 'n Taxi für 'n Farbigen woll'n.«
    Der entschuldigende Ton brachte Deon noch mehr auf, als ob der Mann unverschämt geworden wäre. »Wissen Sie, wer ich bin?« fauchte er.
    »Jawoll, Doktor«, sagte der Fahrer und wich seinem Blick aus.
    »Das hier ist Professor Davids, der weltberühmte Forscher aus Kanada.«
    »Ich kann nichts dafür, Doktor«, sagte der Mann störrisch. »Sie hätt'n sagen soll'n, daß es für 'n Farbigen ist. Die nehmen mir sonst meine Konzession ab«, fügte er kläglich hinzu. Er fummelte verlegen mit dem Zündschlüssel und sagte ernsthaft: »Das ist das Gesetz, Mann, ich meine, Doktor.«
    »Ich scheiß' auf das Gesetz.«
    »Deon«, sagte Philip gelassen.
    Deon wandte sich ihm ratlos zu. »Herrgott, Philip, das ist mir schrecklich peinlich.«
    »Nun, wie du hörst, ist es das Gesetz.« Im Halbdunkel war es unmöglich, Philips Züge zu erkennen.
    »Ja, so leicht kann man es sich natürlich auch machen: Es ist das Gesetz, also muß es richtig sein.«
    Der junge Mann in der Lederjacke räusperte sich. »Das macht fünfundsechzig Cents«, sagte er.
    »Was?«
    »Fünfundsechzig Cents für die Fahrt.« Der Fahrer erhob aggressiv die Stimme. »Ich hab' ja die ganze Fahrt vom Taxistand hierher umsonst gemacht.«
    Deon warf ihm einen Blick kalten Hohns zu, zog einen Geldschein aus der Hosentasche und warf ihn durchs offene Wagenfenster. Er drehte sich auf dem Absatz um und überquerte die Straße. Obwohl er sich noch immer Vorwürfe machte, nicht an die unsinnigen Vorschriften der Taxi-Apartheid gedacht zu haben, hatte er sich mit seiner dramatischen Geste doch ein bißchen Luft gemacht. Er hörte den Motor hinter sich anspringen und sah dem Taxi nach, als es um die Ecke verschwand. Mit Nachdruck fügte er hinzu: »Aber diesmal für die richtige Farbe!«
    »Nein«, erwiderte Deon brüsk. Er ging die Auffahrt hinauf. »Ich bringe dich nach Hause. Keine Widerrede!«
    Philip zögerte, gab aber dann doch mit einem Achselzucken nach.
    Als sie in den Jaguar stiegen, ging die Innenbeleuchtung an. Deon sah Philip kurz von der

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