Die Erde ist nah
Sonnen. Während wir diese sonderbare Erscheinung mit Staunen beobachteten, fielen kleine silbrige Eisnadeln vom sternenbesäten Firmament. Sie fielen langsam herab, um sofort auf dem Staub zu verdampfen. Ein unsagbar poetisches Schauspiel!
Dann versuchten wir vergeblich, den Motor der Grünen Eidechse zu starten. Und damit hatte uns der harte Alltag wieder gepackt. Williams und Briggs plagten sich in den unhandlichen Handschuhen mehr als drei Stunden lang, um den Schaden zu beheben. Die Treibstoffzufuhr war völlig verstopft. Als wir endlich losfuhren, brach nach wenigen Metern Fahrt ein Bolzen an einem der Schwingarme des großen Anhängers. Das Fahrzeug lag stark auf der Seite. Ein neuer Bolzen konnte nur eingesetzt werden, wenn wir den Anhänger um die Hälfte der Ladung erleichterten.
Weil wir uns nicht mit den schweren Fässern und Kisten abrackern wollten, versuchten wir den Heber zu verwenden. Williams unterlegte die Fußscheibe des Hebers mit einem Felsstück, damit er sich nicht in den Boden drückte. Als Williams unter dem Anhänger kniete und den neuen Bolzen einschlug, zersprang das untergelegte Felsstück unter dem Druck der Last, der Schwingarm schnellte heraus und drückte Williams' rechten Arm gegen den Rahmen des Untergestells. In den Hörern erscholl ein furchtbarer Schmerzensschrei - und dann brach Williams bewußtlos zusammen. Ich weiß nicht mehr, wieviel endlose Minuten es dauerte, ehe wir mit Hilfe des Hebers Williams' Hand freibekamen. Dann trugen wir den regungslosen Körper so schnell wie möglich in die Kabine.
Über dem westlichen Horizont begann sich drohend eine von der Sonne beleuchtete Wand aus Staubwolken zu erheben.
In der Kabine stellte ich fest, daß Williams den Daumen der rechten Hand völlig zermalmt und an allen Fingern starke Quetschungen erlitten hatte. Der Anblick der Hand war auch für einen Arzt erschütternd. Weil der Raumanzug beschädigt war, hatte Williams außerdem noch einen starken Depressionsschock erlitten. Ich behandelte ihn, wie ich es in der gegebenen Situation am besten konnte. Wir riefen die Basis an. Ich beriet mich mit Watts, und wir beschlossen, das letzte Daumenglied zu amputieren. Ich gebe zu, daß ich in diesem Augenblick meinen Platz in der Expedition gerne Watts überlassen hätte. Dieses blutige Handwerk war nie meine Sache. Gegen Abend kam Williams wenigstens so weit zu sich, daß er ein paar Worte sprechen konnte. »Jungs«, stammelte er mit Mühe. »Ich beschwöre euch, meinetwegen nicht umzukehren . . .« Nie werde ich den Augenblick vergessen, als sich O'Brien über den verwundeten Mann beugte, ihm die Hand auf die Schulter legte und mehrmals die Lippen bewegte, als wollte er etwas unaussprechlich Schweres sagen; er sagte aber nichts. Der durch den Blutverlust geschwächte Williams verlor wieder das Bewußtsein. O'Brien meldete in die Basis, was geschehen war, und ersuchte den Kapitän, die Libelle zuschicken. Falls die Libelle wegen des Wetters nicht kommen könnte, müßte die Expedition mit dem verwundeten Williams zur Basis zurückkehren.
In der Nacht setzte wieder ein starker Wind ein. Williams fühlte sich seltsamerweise gut.
Das einzige, was mich stutzig machte, war sein übertriebener Optimismus. Ich hatte den Verdacht, daß er ihn vortäuschte.
O'Brien sprach wieder kein Wort. Wir hatten vereinbart, im Interesse von Williams* seelischem Gleichgewicht nicht zu erwähnen, daß wir umkehren wollten. Nicht immer ist die Wahrheit die beste Lösung.
Es überraschte uns alle, als O'Brien wie aus heiterem Himmel zu Williemas sagte: »Hören Sie, Henry, ich habe darüber nachgedacht, daß Sie vielleicht einmal das Gefühl haben könnten, das Mißlingen der Expedition verschuldet zu haben. Das ist natürlich reiner Unsinn. Die gleiche Schuld könnte morgen mich treffen. Als Kommandant hätte ich sogar die größere Schuld. Ich fühle mich für das Leben aller Mitglieder verantwortlich. Und deshalb sage ich Ihnen, so aufrichtig ich kann: Geben Sie es auf, den Helden zu spielen, und sagen Sie mir ehrlich, wie Sie wirklich dran sind.« Williams machte erst eine Miene, als hätte er nicht richtig verstanden, dann aber kapituliene er. »Gut«, sagte er, »ich fühle mich miserabel, doch nicht so schlecht, daß meinetwegen die ganze Expedition umkehren müßte. Ich fliege entweder mit der Libelle zur Basis zurück - oder fahre mit euch weiter. Nach dem Süden. Welcher Unterschied ist schon zwischen der Kabine der Astra und der Basis? Den
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