Die Erde
hatten.
Als man diese Neuigkeit Geierkopfs weitererzählte, machte er eine furchtbare, drohende Gebärde. Jedem, der es hören wollte, schrie er zu, er werde das Haus nicht lebend verlassen, die Soldaten würden gezwungen sein, die Mauern niederzureißen, bevor sie ihn davon losrissen. Und im Ort wußte man nicht, ob er sich verrückt stellte oder ob er wirklich verrückt geworden war, so sehr grenzte sein Zorn an Wahnwitz. Vorn in seinem Wagen stehend, fuhr er mit seinem galoppierenden Pferd über die Landstraßen, ohne zu antworten, ohne Vorsicht zu schreien; man war ihm sogar nachts begegnet, bald in der einen Richtung, bald in der anderen, als er, man wußte nicht woher, todsicher vom Teufel zurückkam. Ein Mann, der ihm zu nahe gekommen war, hatte einen heftigen Peitschenhieb abgekriegt. Er säte Angst und Schrecken um sich, das Dorf war bald in ständigem Alarmzustand. Eines Morgens wurde man gewahr, daß er sich zu Hause verbarrikadiert hatte; und entsetzliche Schreie erschollen hinter den geschlossenen Türen, ein Geheule, in dem man die Stimmen Lises und ihrer beiden Kinder zu erkennen glaubte. Die Nachbarschaft wurde dadurch in Aufruhr versetzt, man hielt Rat, ein alter Bauer opferte sich schließlich und lehnte eine Leiter an ein Fenster, um hochzusteigen und nachzusehen. Aber das Fenster ging auf, Geierkopf stieß die Leiter samt dem Alten um, der sich beinahe die Beine gebrochen hätte. Konnte man denn bei sich zu Hause nicht tun und lassen, was man wollte! Er fuchtelte mit den Fäusten, er brüllte, daß er ihnen allen die Haut über die Ohren ziehen würde, falls sie ihn noch weiter behelligten. Das schlimmste war, daß sich auch Lise zeigte mit den beiden Knirpsen, Beschimpfungen vom Stapel ließ und die Leute beschuldigte, die Nase in Sachen zu stecken, wo sie nichts zu suchen hätten. Man wagte nicht mehr, sich einzumischen. Allein die Ängste wuchsen bei jedem neuen Lärm, man kam und lauschte zitternd den Scheußlichkeiten, die man von der Straße aus hörte. Die ganz Schlauen glaubten, daß er was im Schilde führe dabei. Andere schworen, bei ihm sei eine Schraube locker und das werde mit einem Unheil enden. Niemals erfuhr man Genaues.
Am Freitag, am Vorabend des Tages, an dem man die Ausweisung erwartete, erregte vor allem ein Auftritt die Gemüter.
Geierkopf, der seinem Vater bei der Kirche begegnet war, fing an zu weinen wie ein Schloßhund und warf sich auf die Knie vor ihm, bat um Vergebung, daß er früher so seinen Dickkopf herausgekehrt habe. Vielleicht war's gerade das, was ihm Unglück brachte. Er flehte ihn an, wiederzukommen und bei ihnen zu wohnen, er schien zu glauben, daß allein diese Rückkehr das Glück zu ihm zurückbringen könne.
Fouan, den dieses Geflenne verdroß und der sich über Geierkopfs augenscheinliche Reue wunderte, versprach ihm, eines Tages darauf einzugehen, wenn all diese Scherereien in der Familie beendet seien.
Schließlich kam der Sonnabend. Geierkopfs Aufregung war immer größer geworden, vom Morgen bis zum Abend spannte er ohne Grund das Pferd an und spannte es wieder aus, und die Leute rückten aus vor diesen tollen Wagenfahrten, die durch ihre Zwecklosigkeit Bestürzung hervorriefen. Am Sonnabend spannte er gleich um acht Uhr noch einmal das Pferd an; aber er fuhr nicht aus, er pflanzte sich an der Tür auf, rief die Nachbarn an, die vorbeikamen, grinste, schluchzte, brüllte seine Sache in rohen Ausdrücken heraus. He? Das war trotzdem spaßig, von einer kleinen Schlampe angeschissen zu werden, die man fünf Jahre lang als Hure gehabt hatte! Ja, eine Nutte! Und seine Frau auch! Zwei tüchtige Nutten, die beiden Schwestern, die sich prügelten, wer von ihnen zuerst drankomme! Um sich zu rächen, kam er immer wieder auf diese Lüge zurück, mit gemeinen Einzelheiten. Da Lise herausgekommen war, entspann sich ein gräßlicher Streit, er verprügelte sie vor allen Leuten, und er schickte sie ins Haus zurück; Lise schien durch die Prügel gleichsam entspannt und erleichtert, und auch er war nun befriedigt, weil er heftig dreingeschlagen hatte. Und er blieb an der Tür stehen, um nach der Gerichtsbarkeit auszuspähen, er spöttelte, er beleidigte sie: ließ sie sich denn unterwegs vögeln, die Gerichtsbarkeit? Er erwartete sie nicht mehr, er frohlockte.
Erst um vier Uhr erschien Vimeux mit zwei Gendarmen. Geierkopf wurde blaß, schloß überstürzt das Hoftor. Vielleicht hatte er niemals geglaubt, daß man so weit gehen würde. Das Haus versank in
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