Die Erfinder des guten Geschmacks
Geschmacksverstärkern, Texturgebern und Farbstoffen ab. Für Sanchez Romera musste Essen eben nach Essen schmecken.
Schäume und Düfte auf dem Teller? »Sie haben keinerlei Einfluss auf den Geschmack selbst. Momentan reden die Köche zu viel über Konsistenz, aber zu wenig über Geschmack.« Seinen eigenen Stil hat er als Protest gegen den kreativen Mainstream kurzerhand Construccionismo getauft: »Konstruktion« statt Dekonstruktion. »Ein konstruktives Gericht baut auf bekannten Geschmackselementen auf und wird danach auf alle Sinne ›erweitert‹, also sehen, riechen, schmecken, tasten und hören.« Hören? »Das wichtigste ›Essorgan‹ sind zunächst die Augen. Sie nehmen ›Kontakt‹ mit der Nahrung auf, versetzen das Hirn in Freude, Erregung oder Alarm. Das Ohr hingegen hört nicht nur mit, wenn Hirschfilets verlockend in der Pfanne brutzeln, sondern übermittelt beim Kauen die Textur einer Speise. Knackig, knusprig, weich, das Ohr erkennt es in der Mundhöhle. Erinnern Sie sich nur an ungereinigten, sandigen Salat. Ein Beispiel in meiner Küche ist die Bresse-Taube mit jungen Zwiebeln, Olivenöl, Turmeric und kleinen frittierten Kartoffelstücken. Gerade die Erdäpfel sorgen im Ohr für einen angenehmen ›crunchy‹-Effekt, der durch Öl und Zwiebel in der Mundhöhle ergänzt wird. Ein großes Gericht spielt eben mit allen Sinnen.« Inspiration holt sich der Autodidakt zunächst aus seinen angestammten Fachgebieten: »[d]er Wissenschaft mit Technologie, Neurologie, Physik, Chemie und Biologie. Vonseiten der Küche fließen Tradition, die katalanische Küchenkultur, die Aromen der Grundzutaten ein. Erst dann kommen meine Ideen und mein Stil zum Tragen.«
Tradition war für Sanchez Romera Voraussetzung für Innovation: »Für mich gibt es zunächst die ›Küche der Erinnerung‹: Gerichte, die uns vertraut sind, die wir zum Beispiel als Kinder genossen haben. Dann gibt es die ›Küche der Reflektion‹, kreative Küche mit nie gekannten Kombinationen, die unserem Hirn das Signal der ›Neuheit‹ vermittelt. Wenn ich beides kombiniere, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Gericht gefällt: Das Erinnerungs-Element wird dem Gast eine wohlige Grundstimmung geben, das Reflektions-Element seine Neugier auslösen.«
Als Autodidakt hatte sich Sanchez Romera die Perfektion mühsam erarbeitet: Alle sechs Monate spielte er auf der Karte mit einem neuen Thema: mit Gewürzen, Blumen, Miniaturgemüsen aus dem Garten oder der eigenen Erfindung Micri.
Doch die Avantgardeküche ohne Zusatzstoffe konnte sich nicht durchsetzen. Während seine Kollegen von der finanzkräftigen Aromen- und Additivindustrie unterstützt wurden, stand Sanchez Romera allein. Das L’Esguard schloss er im Jahr 2008.
E IN R EZEPT VON M IGUEL S ANCHEZ R OMERA
Filets von Küstensardinen mit schwarzer Olivenpaste, Pimentjus und Vanillemousseline
Für die Marinade
20 cl geräuchertes Olivenöl
35 g Zwiebeln (in Julienne geschnitten)
½ Lorbeerblatt
3 g schwarze Pfefferkörner
3 g Mitsukan-Essig
Piment mit Vanille
80 g Sirup 10 %
½ Vanillestange
100 g Pimiento de piquillo (Piment)
40 g Micri
Pfefferperlen
20 g Micri
2 g weißer Pfeffer
0,5 g Silberpuder
Andere Zutaten
4 Sardinen (Filets)
Paste von schwarzen Oliven
Zubereitung
Marinierte Sardinen
Wir nutzen eingesalzene Sardinen oder Küstensardinen. Sie sind von Mai bis Juni am allerbesten. Durch ihren größeren Fettgehalt gelingt das Marinieren besser.
1. Sardinen entsalzen: In kaltem Wasser einweichen. Die Haut muss intakt bleiben.
2. Filets abheben, weiter entsalzen, eventuell Wasser mehrfach auswechseln. Im Kühlschrank auf Küchenpapier lagern.
3. Die Zutaten für die Marinade mischen und die Sardinen mindestens 48 Stunden im Kühlschrank darin ziehen lassen.
Pimiento de piquillo mit Vanille
1. Vanille im Sirup ziehen lassen.
2. Die Pimientos de piquillo im Vanillesirup mindestens 48 Stunden kalt marinieren lassen.
3. Die Pimentschoten fein zerkleinern und mit Micri aufmontieren, bis sich eine formbare, halbfeste Masse ergibt.
Pfefferperlen
1. Alle Zutaten mischen, bis sie eine recht dicke Creme ergeben.
Anrichten
1. Die Sardinenfilets in Längsstreifen schneiden. Die Haut nicht verletzen. Auf dem Teller mit Olivenpüree Punkte bilden. Darauf die Sardinen in Wellenform platzieren.
2. Jede Seite eines Sardinenfilets mit Piment- und Pfefferpunkten dekorieren.
Vielleicht hatte Miguel Sanchez Romera als Koch den Fehler gemacht, weiter wie
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