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Die Erfinder des guten Geschmacks

Die Erfinder des guten Geschmacks

Titel: Die Erfinder des guten Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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Mehlklößen, während alles Übrige vorher hineingetan wird.
    F RANZ P FORDTES Z ANDER MIT A USTERN

    Sandre poché aux huitres

    Drei Dutzend Holsteiner Austern in Moselwein pochieren. Zwei Zander in Stücke schneiden und inein mit Butter ausgestrichenes, mit Champignonabfällen und Petersilienwurzeln ausgestreutes Fischblech ordnen und mit Fischfond, Weißwein und dem Fond der Austern dämpfen. Auf langer Platte anrichten. Den Fond zur Hälfte einkochen, mit Mehlbutter binden, mit zwei Eigelben, Sahne, Butter und Zitronensaft vollenden. Die Austern in die Sauce geben und den Fisch damit soßieren.
    Pfordtes Rezepte wurden 1927 von seiner Frau Henny unter dem schlichten Titel Pfordte   – Kochrezepte veröffentlicht. Seine Lehren wurden von Küchenchef Alfred Walterspiel (1883-1961) in eigenen Restaurants weitergeführt.
Cäsar und Auguste erobern Europa
    Auguste Escoffier (1846-1935) – der Name steht noch heute für französische Grande Cuisine. Er entschlackte die komplizierten, saucenlastigen und monumental präsentierten Gerichte, die viele Köche im Gefolge Carêmes entwickelt hatten. Er vereinfachte sie, verzichtete dabei aber nicht auf essbare Dekorationselemente. Sein Guide Culinaire wurde zur Pflichtlektüre für Generationen von Köchen. Angefangen hat auch dieser Kaiser der Küche – so zumindest bezeichnete ihn der deutsche Kaiser Wilhelm II. – höchst bescheiden in Großmutters Küche in Villeneuve-Loubet nahe Cannes an der Côte d’Azur. Mit 13 Jahren begann er seine Lehre im Restaurant Français in Nizza. Die Lehrzeit beschrieb er später ohne nähere Erläuterungen als »beschwerlich«. Tatsächlich war Escoffier auch als Erwachsener von kleiner, eherzierlicher Gestalt. Er benötigte hohe Holzschuhe, um überhaupt kochen zu können.
    Im April 1865 fing er als Küchenhelfer im Petit Moulin Rouge in Paris an, arbeitete sich zum chef garde manger und zum chef saucier hoch. Das mondäne Lokal wurde nicht nur von vermögender und adliger Klientel frequentiert. Die »kleine rote Mühle« verfügte über 30 Privatsalons und einen nicht minder privaten Eingang.
    Doch der Deutsch-Französische Krieg von 1870/1871 unterbrach seine Karriere. Escoffier wurde Feldkoch und endete als Kriegsgefangener in Mainz. Dank seiner Kochkenntnisse wurde er bald vom Kursaal in Wiesbaden rekrutiert.
    Zurück in Paris avancierte Escoffier zum Küchenchef des Petit Moulin Rouge, bis er im Alter von 32 Jahren schließlich sein eigenes Lokal, den Faisan doré in Cannes, eröffnete und die Verlegerstochter Delphine Daffis heiratete. Doch in seiner Schwiegerfamilie kam es zu einer Serie von tragischen Todesfällen. In kurzer Zeit verstarben Schwiegervater, Schwiegermutter und vier ihrer Kinder. Escoffier schloss den »goldenen Fasan« und ging auf Wanderschaft: Chevet in Paris, das Casino in Boulogne-sur-Mer, Maire in Paris und schließlich, 1884, das Grand Hôtel in Monte Carlo.
    Dort macht Escoffier eine Bekanntschaft, die sein Leben für immer verändern sollte. Und nein, es war keine schöne Frau, sondern ein Hotelier namens César Ritz. Schnell wurden die beiden unzertrennlich. Ritz arbeitete an einem neuen Konzept: extrem teure Hotels, in denen Gästen alles geboten werden sollte, was sie sich wünschen konnten. Gute Küche gehörte selbstverständlich auch dazu.
    Als Ritz zum Direktor des Savoy in London ernannt wurde, folgte ihm Escoffier.
    Eigentlich hätte auf dem Gelände des Hotels nur der Generator zur Stromerzeugung für das Savoy-Theater stehen sollen. Ein gewisser Richard D’Oyly Carte führte hier seit 1881 komische Opern von Gilbert und Sullivan auf. Es war das erste öffentliche Gebäude, das permanent von elektrischem Licht erleuchtet wurde. 1889 setzte auch Cartes Hotel neue Maßstäbe: Elektrisches Licht! Elektrische Aufzüge! Fließendes warmes und kaltes Wasser auf den Zimmern! Nie zuvor gesehener Luxus, den es nur in der absoluten Oberklasse geben konnte.
    Richard D’Oyly Carte kämpfte 1897 gegen Ärger mit dem Personal: Ritz und sein Oberkellner sollten Weine und Spirituosen für über 3500 Pfund unterschlagen haben, damals eine kolossale Summe. Escoffier hatte seinerseits Geschenke von Lieferanten angenommen. Beide wurden entlassen. Darüber redet man in Frankreich bis heute nicht gern. Es heißt, der Korruptionsvorwurf wäre die Antwort des Savoy auf die Gründung der Ritz-Hoteliers-Gesellschaft gewesen. Andererseits nahmen Frankreichs große Köche über Jahrzehnte Zuwendungen von

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