Die Erfinder des guten Geschmacks
vieles Geld, / Ganz ausgezeichnet in der Tat, bei Pfordte.«
Zur Weltausstellung 1900 in Paris leitete Pfordte das Deutsche Restaurant. Der legendäre Wirt legte seinen deutschen Kunden Speisekarten in Französisch vor. Nicht, um seinen Gerichten einen verbalen Ritterschlag zu verpassen, sondern weil Französisch sowohl Sprache der Diplomatie als auch der Genießer aus aller Welt war – das damalige Publikum verstand seine Karte, egal ob es aus England oder Russland angereist war.
Doch 1909 war Pfordtes Restaurant aus unbekannten Gründen in finanziellen Schwierigkeiten. Er bekam das Angebot, im neu eröffneten Hotel Atlantic ein Restaurant zu eröffnen. Dort kochte er nicht, sondern wirkte fortan als Restaurantdirektor. Sein Küchenchef hieß Alfred Walterspiel. Riesige Buchstaben auf dem Dachgitter des Hotels wiesen auf die kulinarische Attraktion hin: »Atlantic – Pfordte«.
Für das neue Restaurant orientierte sich der Hamburger Wirt am Aufbau einer französischen Küchenbrigade. Solche Brigaden aus Spezialisten benötigten einen Alleskönner, der das große Ganze im Auge behielt – eine Aufgabe, die im Atlantic Pfordte und Walterspiel zufiel.
Pfordte legte großen Wert auf die Auswahl seiner Weine; Gäste attestierten ihm den besten Weinkeller Deutschlands. Die Bestecke des Atlantic waren aus Silber, Tischdecken und Servietten aus Damast. Außerdem gab es, auch das eine Neuerung, unterschiedliche Gläser für verschiedene Weine.
Carl Hau berichtete 1925, acht Jahre nach dem Ableben Pfordtes, in Das Todesurteil über die feinschmeckerische Herrlichkeit des Hamburger Hotels:
»Hauptthema war die weltberühmte Hamburger Küche. Der Herr Leutnant sprach seine höchste Anerkennung aus, der andere nahm sie entgegen wie einen ihm persönlich gespendeten Tribut. Ja, die Hamburger Küche, so etwas gebe es in der ganzen Welt nicht mehr; S. M. habe erst neulich geäußert, wenn er nach Hamburg komme, freue er sich wie ein Schneekönig, einmal ganz prima essen zu können. ›Apropos, Sie haben doch bei Pfordte diniert?‹ Nein, der Herr Leutnant hatte nicht bei Pfordte diniert. ›Um Gottes willen‹, entsetzte sich der Hamburger, ›da haben Sie ja das Wichtigste versäumt. Das ist, wie wenn Sie in Rom gewesen wären, ohne den Papst zu sehen. Wie kann man in Hamburg sein, ohne bei Pfordte zu essen!‹ In hilflosem Staunen ließ er seine Augen von einem zum anderen gehen und zuletzt auf mir ruhen, ich befürchtete schon, dass er auch an mich die Schicksalsfrage richten würde, ob ich bei Pfordte diniert hätte, worauf ich hätte sagen müssen, nein, ich habe im Gefängnis diniert, aber es war fast so gut wie bei Pfordte.«
Pfordtes Restaurant galt auch britischen Feinschmeckern als bestes Haus in deutschen Landen. Zur Eröffnung seines Lokals im Hamburger Hotel Atlantic wurde die ganze Saalbrigade abgelichtet.
F RANZ P FORDTES H AMBURGER A ALSUPPE
Soupe d’Anguilles Hambourgeoise
Von einer Ochsenhesse und zwei Kalbshessen das Fleisch ablösen und binden. Die Knochen zerschlagen und beides mit zwei Suppenhühnern, fünf bis sechs Pfund Knochen und etwas geräuchertem rohem Schinken in einen Topf geben, mit Wasser auffüllen, aufkochen, abschäumen, leicht salzen und langsam vier Stunden kochen. Den Fond passieren und mit Mehlbutter binden. 10 Pfund gelbe Wurzeln, fünf Pfund Petersilienwurzeln, vier große Sellerieknollen, von 10 Stangen Lauch das Weiße, alles in kleine Würfel schneiden und in Kraftbrühe weich kochen.
20 Pfund frische Erbsen auspuhlen und blanchieren, vier Pfund Johannisbeeren und zwei Pfund Himbeeren mit etwas Zucker aufkochen, den Saft abpassieren und mit dem klein geschnittenen Gemüse in den gebundenen Fond geben. Sechs Pfund frische Birnen schälen, in Schnitze schneiden und kochen. Vier bis fünf Pfund Katharinenpflaumen ebenfalls kochen.
8 bis 10 Pfund mittelstarke Aale in Fischsud abkochen. Die Suppe mit etwas Johannisbeergelee, gutem Weinessig, vier Glas Sherry oder Portwein abschmecken. Der Geschmack der Suppe muss süßsauer sein.
½ Pfund Aalkräuter (Thymian, Majoran, Bohnenkraut, Estragon, Melisse und Minth) hacken und beifügen.
Für Hamburger Aalsuppe wird kein Aal benötigt. Der Name stammt von »allens rinkümmt«. Pfordte servierte die Suppe hier jedoch mit Aal, was auch die französische Übersetzung rechtfertigt. Birnen, Pflaumen, Aale, jedes für sich gekocht, werden erst beim Servieren in die Suppe gegeben, zugleich mit Grieß- oder Hamburger
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