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Die Erfinder des guten Geschmacks

Die Erfinder des guten Geschmacks

Titel: Die Erfinder des guten Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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der Brigade, sondern setzte sich gegen oft herrschende Brutalität, Beleidigungen und Trunksucht in der Küche ein. Den nicht minder häufigen Alkoholkonsum versuchte er mit Zitronen-Gersten-Wasser zu mindern, seine Schüler ermunterte er, sich gepflegt zu kleiden und zu bilden. »Seine« Hotels boten dem Personal saubere Unterkünfte, was damals nicht selbstverständlich war. Dem Westminster Technical College half er bei der Entwicklung einer Kochausbildung. Er sorgte sich um die unter Köchen verbreitete Armut, inbesondere um das Fehlen jeglicher Krankenversicherungen, und half bei der Bildung einer spezialisierten Rentenkasse, der Association Culinaire Française de Secours Mutuel.
    Escoffier selbst brachte sein Handwerk keinen Reichtum. Seine Schüler Paul Thalamas, Joseph Donon und Eugène Herbodeau gelten zwar als erstklassige Köche, brachten es aber nur zu begrenztem Ruhm: Herbodeau wurde seinerseits Küchenchef im Carlton, Donon ging als Privatkoch der Millionärsfamilie Vanderbilt in die USA. Und Paul Thalamas hatte 1907 kurzzeitig den Posten des Küchenchefs im Berliner Hotel Adlon inne.
Vorbild Frankreich: Die Brigade
    Schon bei Escoffier und Pfordte wurden Gerichte oder Menüs nicht von einer Person gekocht, sondern von einem Team von Spezialisten. Komplexe Arbeitsvorgänge, sprich Rezepte und Menüs, wurden »heruntergebrochen« und die diversen Bestandteile von Experten eines Fachbereichs zubereitet.
    Keine Uniform, keine Kochutensilien: Wie Carême stellte sich auch Auguste Escoffier als Denker vor.
    Daraus entwickelte sich die Küchenbrigade, an dessen Spitze der Küchenchef steht:
    1. Der Chef kocht und kreiert nicht nur, sondern hat auch soziale und organisatorische Aufgaben beim Erstellen der Menüs – über die Errechnung der Kaufpreise, das Einstellen des Küchenpersonals, die Motivation des Teams bis zur Koordination der Brigade und ihrer Arbeitszeiten.
    2. Der Second vertritt den Chef in all seinen Funktionen. Viele bekannte Küchenchefs lassen heute dem Second freie Hand, während sie für die Presse posieren oder Gastspiele am anderen Ende der Welt wahrnehmen. Nur noch selten gibt es den Aboyeur, der die Bestellungen entgegennimmt und den Köchen annonciert, pardon, seinem Namen Beller entsprechend zuschreit. Zu Escoffiers Zeiten gehörte er zum Alltag, heute nimmt oft der Küchenchef diese Aufgabe wahr.
    3. Die Chefs de Partie haben verschiedene Funktionen:
    Der Saucier ist zuständig für Fonds, Bouillons und Saucen außer Fischfumet und Hollandaise sowie für Fleisch, das weder gegrillt noch gebraten wird.
    Der Garde Manger kümmert sich um die Vorräte, die Kühlschränke, die Lagerung und bereitet die Zutaten vor. Auch für kalte Gerichte ist er zuständig.
    Der Entremetier verantwortet Suppen, Eier, die Gemüsegarung und warme Entrées.
    Der Rôtisseur bereitet das Geflügel vor, ist für Gegrilltes, Frittiertes und Gebratenes zuständig, schneidet auch die Kartoffeln für die Friture und bereitet Sauce béarnaise zu.
    Der Poissonnier ist zuständig für Fische und Meeresfrüchte,die nicht gegrillt oder frittiert werden, macht Fischfumets, Sauce hollandaise und Fischsaucen und ist auch für die Beilagen der Fische verantwortlich. In kleinen Brigaden übernimmt der Saucier seine Funktion.
    Der Patissier dagegen ist verantwortlich für Süßspeisen, Sorbets, Petits Fours, aber auch für salzigen Teig, der in der Küche gebraucht werden kann.
    Der Tournant oder Springer kann jeden beliebigen Posten einnehmen, zum Beispiel bei krankheitsbedingtem Ausfall eines Mitglieds der Brigade.
    Der Communard bereitet das Personalessen zu. Meist übernimmt der Rôtisseur diese Funktion.
    Der Commis geht den Chefs de Partie zu Hand.
    Dieses System ist militärisch streng organisiert. Kein Wunder, denn dessen »Vater« Auguste Escoffier wurde angeblich durch die französische Armee zur strengen Hierarchie inspiriert. Nicht zufällig reden Köche von der Brigade und nicht zum Beispiel von einer Mannschaft, einem Team oder einem Mitarbeiterstab. Statt mit »Jawoll, Herr General« werden Befehle mit »Oui, chef« quittiert.
Montagné und seine Enzyklopädie
    Escoffier gab mit dem Guide Culinaire Generationen von Köchen einen Leitfaden an die Hand. Prosper Montagné (1865-1948) ergänzte ihn durch ein Lexikon. Er schuf das kulinarische Lexikon par excellence: den Larousse Gastronomique . Larousse ist bis heute einer der reputiertesten Verlage für Lexika. Zu Montagnés Zeit war es eine kleine Sensation,

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