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Die Erfinder des guten Geschmacks

Die Erfinder des guten Geschmacks

Titel: Die Erfinder des guten Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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unzufrieden und fuhr zum Einkauf direkt auf den Großmarkt Rungis im Süden von Paris. Dort gab es frischen Fisch aus Mittelmeer, Atlantik und Ärmelkanal, Bresse-Huhn mit Krallen und Schnäbeln oder das damals noch rare Charolais-Rind. In Bonn wurden die frisch erworbenen Zutaten dann zu in Folie gegartem Seewolf oder geräucherter Lammkeule mit Kräutern. Auch wenn der Zoll gelegentlich stutzte – den gab es in den Siebzigerjahren an der deutsch-französischen Grenze schließlich noch –, fand Wolf bald einpaar Kollegen mit Sinn für Qualität. Aus der Einkaufsgemeinschaft wurde 1978 Rungis Express, eine Art Lieferservice für die gehobene Gastronomie. Bereits in den ersten sechs Monaten machte Wolf sechs Millionen DM Umsatz. Im Jahr 1979 waren es 24 Millionen DM und schließlich, als er 1986 Rungis Express verkaufte, 100 Millionen DM. Von einem Lkw war das Unternehmen auf eine gute Hundertschaft gewachsen. An diesen drei Zahlen kann man ablesen, wie die Nachfrage nach erstklassigen Zutaten in Deutschland regelrecht explodierte.
    Und dieses Phänomen war nicht auf Deutschland, Frankreich oder die Schweiz beschränkt. Quer durch Europa und in Nordamerika wandten sich Köche in diesen Boomtagen der Haute Cuisine zu.
Neue Köche allerorten
    Jean-Louis Palladin (1946-2001) galt in der französischen Region Gers als Wunderkind: Mit 14 hatte er die Lehre in der Küche angefangen, mit 28 verfügte er über beste Auszeichnungen in allen Guides. In Washington galt er als Wundertäter: 1979, als die amerikanische Küche eher für Burger und dicke Steaks stand, wurde Palladin im Jean-Louis at Watergate schnell zu einem der führenden Köche des Landes. Später erzählte er, damals habe er Bauern und Fischer teilweise »nachgeschult«, damit sie ihm Zutaten in gewünschter Qualität lieferten. Ende der Neunzigerjahre versuchte er sein Glück im New Yorker Time Hotel mit Fenchelsuppe mit Lavendel, Foie gras Cappuccino, frittierter Brandade mit Sauce Rouille und Soft-shell crabs in Safraninfusion. Als Hommage an die alte Heimat gab es ein zünftiges Entenconfit. Mit leichter Hand gelang dem Herrn am Herdeine verblüffende Union aus französischem savoir faire , amerikanischen Zutaten und kulinarischen Einflüssen aus der halben Welt. Durch eine lange, schwere Krankheit geschwächt, konnte Palladin sein Lokal jedoch nicht weiter zum Erfolg führen.
    In Italien machte Gualtiero Marchesi (*1930) durch seine Version der italienischen Küche auf sich aufmerksam, servierte zum Beispiel kalte Spaghetti oder Safranreis unter Blattgold. Mit Witzigmann war er der einzige »Nicht-Franzose«, der einen Band zur Köche-Anthologie bei Robert Laffont beisteuerte.
    Und in Spanien galt Juan Mari Arzak (*1942) aus San Sebastián als bester Koch des Landes. »Das ganze Haus ist eine Küche«, erklärte er. »Ich bin über der Gaststube geboren.« Seine Großeltern Escolástica Lete und José Maria Arzak Etxabe eröffneten 1897 eine einfache Taverne im Dorf Alza, das heute zu San Sebastián gehört. Juan Mari lernte drei Jahre bei seiner Mutter Francisca, experimentierte zunächst in einem Nebenraum mit neuen Gerichten für ausgewählte Gäste, gründete 1975 mit Pedro Subijana vom Akelaŕe, einem Schüler von Luis Irizar Zamora, die Bewegung der Nueva Cocina Vasca , der »neuen baskischen Küche«, bevor er von 1977 bis 1980 jeweils im Februar die damals größten Köche der Grande Nation erkundete: Bocuse, Troisgros, Senderens und Boyer. Schließlich adaptierte er mit seinen Kreationen das regionale Motto »Nicht Spanier, nicht Franzosen, Basken sind wir« für die verwöhnten Gaumen von San Sebastián und avancierte zum ersten weltbekannten Koch Spaniens.
    Anfangs war die Karte noch französisch inspiriert, dann wurde sie baskisch. »Ist man Baske, erscheint sie traditionell. Reist man von außerhalb nach San Sebastián, wirkt sie hochmodern«, sagte mir Juan Mari Arzak damals. Heute hat sich seine Tochter Elena einer avantgardistischen Richtung zugewandt, bei der die regionale Identität nicht mehr im Vordergrund steht.
    E IN R EZEPT VON J UAN M ARI UND E LENA A RZAK

    Mendreska vom Thunfisch mit   Mentholgräte
    Zutaten (für 4 Personen)

    1. 400 g Bauchfleisch vom Thunfisch (baskisch: mendreska )

    2. Mojo
25 g gegrillte Erdnüsse
25 g getoastete Mandeln
50 g Olivenöl 0’4º
10 g pochierte Zwiebel
10 g frittiertes Brot
3 Minzblätter
Salz
Ingwerpuder

    3. Zwiebel- und Hagebuttenbasis
2 Zwiebeln
1 Lauchstange
½ grüne Paprika
15 g

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