Die Erfinder Des Todes
über ihre Arbeit, ihre Kollegen, das Verlagswesen gesprochen und waren dann allmählich zu privateren Themen übergegangen. Sie sprach liebevoll über Anthony, anzüglich über ihre Lover. Er hatte Georgia die Geschichte anvertraut, wie er sich in Fiona verliebt hatte, und bis zum Schluss hatte er Georgia von seiner Beziehung zu Fiona mehr erzählt als sonst irgendjemandem.
Es war nicht so, dass sie ständig zusammenhockten. Wochen konnten vergehen, ohne dass sie einander begegneten, aber ihre Freundschaft war so, dass sie immer wieder da anknüpfen konnten, wo sie beim letzten Mal unterbrochen worden waren. Schon jetzt fehlte sie ihm, es war ein dumpfer Schmerz, wie langsam aufkommender Hunger. Er wünschte, Fiona wäre bei ihm. Sie verstand, was solch ein Verlust bedeutete. Sie hätte ihm in den unerforschten Gebieten von Kummer und Trauer eine Führerin sein können.
Er schüttelte den Kopf wie ein Hund, der von einer Fliege gestört wird, und öffnete sein E-Mail-Programm. Er lud Fionas Nachricht herunter und las sie. Worte aus weiter Entfernung, aber trotzdem waren sie beruhigend.
Kit sah auf die Uhr und war überrascht, wie spät es war. Der Kripo-Beamte von der City of London Police sollte in einer halben Stunde seine Aussage aufnehmen. Nicht, dass er viel zu sagen hätte. Seine vage Erinnerung an das Manuskript, das Redford geschickt hatte, würde den Fall nicht viel weiterbringen, vermutete er. Er fragte sich, ob Georgia auch unangeforderte Post von Redford bekommen hatte. Wenn ja, dann wäre das wahrscheinlich irgendwo festgehalten. Georgia hatte, anders als Kit, zur Erledigung ihrer Post eine Teilzeitsekretärin beschäftigt. Irgendwo würde es zweifellos eine Kopie des Begleitbriefs geben, der zusammen mit dem Manuskript zurückgeschickt worden war.
Das Quietschen des Tors unterbrach seine schweifenden Gedanken, und er sah aus dem Fenster. Ein Kurier kam mit einer großen Pappschachtel beladen den Weg herauf, wahrscheinlich ein Paket mit Belegexemplaren. Oben auf der Schachtel lag ein Klemmbrett. Kit stand auf und ging in den Flur hinaus. Er machte die Haustür auf, bevor der Kurier klingeln konnte.
»Paket für Martin«, sagte der Mann und schaute über den Schachtelrand.
Kit streckte die Arme aus, um die Schachtel anzunehmen. Sie war so schwer, wie er erwartet hatte, und er trat einen Schritt zurück. Er wollte sich umdrehen und sie auf den Boden stellen, so dass sie nicht direkt vor der Tür stand. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich etwas bewegte. Er hatte sich halb umgedreht, als der Arm des Kuriers in brutalem Bogen herabgesaust kam. Er sah den Schlag kommen und hob den Arm ein Stück, um ihn abzuwehren. Aber sobald er den Aufprall auf seinem Schädel spürte, wusste er, dass es zu spät war. Der Schmerz ließ rote und weiße Flammen hinter seinen Augen zucken. Dann wurde alles schwarz.
Der Kurier ging den Weg wieder zurück und schwenkte dabei sein Klemmbrett. Er stieg in den Transporter und fuhr davon.
Zwei Straßen weiter fand er einen Parkplatz. Er streifte die enge Jacke der Kurieruniform ab und schlüpfte stattdessen in eine schwarze Lederjacke. Dann stieg er hinten in den Transporter, zog die Hose aus grobem blauem Stoff aus und vertauschte sie mit schwarzen Jeans. Danach schloss er den Wagen ab und ging zu Fuß zu dem Weg zurück, der hinter Kit Martins Garten vorbeiführte. Er stieß das Gartentor auf, an dem er ein paar Minuten vorher den Riegel offen gelassen hatte, und ging in der aufkommenden Dämmerung an den kahlen Zweigen der Pflaumenbäume vorbei über die Veranda zu den bodentiefen Fenstern, die er aufgeschlossen hatte. Praktisch, dass Kit den Schlüssel im Schloss hatte stecken lassen. Durch die Küche und in den Flur. Schönes Haus, wenn man so einen Stil mochte. Er mochte eher traditionelle Farmküchen statt all dieser krassen Modernität.
Und da lag er. Opfer Nummer vier. Zusammengebunden wie ein Brathuhn, an Händen und Füßen mit den zweckmäßigen Plastikbändern gefesselt. Den Mund mit einem breiten Streifen Klebeband verschlossen, der ihm selbst dann noch erlauben würde zu atmen, wenn seine Nase verstopft wäre. Er wollte ja nicht, dass er starb. Noch lange nicht. Gar nicht mehr so mächtig jetzt, Mr. Kit Martin, der Erschaffer falscher Götter, der Zerstörer von Leben.
Es wurde Zeit für ihn, seinem eigenen Untergang beizuwohnen.
Aber vorher war noch etwas Geduld vonnöten. Dunkelheit war wichtig. Es wäre nicht gut, wenn die Nachbarn sähen, wie ihr
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