Die Erfinder Des Todes
Nächste ist.«
Sie ging im Zimmer auf und ab. Sechs Schritte hin, Drehung, sechs zurück, und wieder von neuem, wie ein Tiger in einem Käfig. Duvalls scheinbare Zuversicht bot ihr keinen Trost. Sie wusste, Kit hätte sie nicht einfach ohne eine Nachricht auf dem Trockenen sitzen lassen. »Denken, Fiona, denken«, spornte sie sich selbst an.
Sie nahm ihr Adressbuch und schlug Jonathan Lewis' Nummer nach. Sie hatte nur von wenigen Freunden Kits die Telefonnum-mern, aber mit Jonathan und seiner Frau Trish hatten sie in den letzten zwei Jahren oft gegessen, so dass sie auf ihrer Liste standen. Trish antwortete beim dritten Klingeln und klang angenehm überrascht, von Fiona zu hören.
»Ist Jonathan da?«, fragte Fiona.
»Nein, er ist bei der Trauerfeier, die sie für Georgia halten. Ist Kit nicht dabei?«, antwortete Trish.
»Muss er wohl. Ich bin hier oben in Edinburgh und habe versucht, ihn zu erreichen, hab's aber nicht geschafft.«
»Es war geplant, dass sie sich um sechs treffen«, sagte Trish.
»Weißt du, wo?«
»Jonathan hat etwas über einen Club in Soho gesagt, bei dem Adam Mitglied ist. Aber ich weiß nicht, wie er heißt. Ich weiß, dass er damit rechnete, Kit dort zu sehen.«
»Du hast wahrscheinlich Recht«, seufzte Fiona. »Er ist wahrscheinlich inzwischen schon bei der zweiten Flasche. Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe, Trish.«
»Du störst mich doch nicht. Wenn es dringend ist, könntest du Jonathan auf seinem Handy anrufen.«
Fiona schrieb sich Jonathans Nummer auf und rief an, sobald die Unterhaltung mit Trish zu Ende war. Das Handy klingelte sechs-mal, bevor abgenommen wurde. Das Hintergrundgeräusch hörte sich wie bei einem mittleren Aufstand an. »Hallo? Jonathan?«, rief sie. »Hier Fiona Cameron. Ist Kit vielleicht bei euch?«
»Hallo? Fiona? Nein, wo ist er denn, der Bursche? Er sollte eigentlich hier sein.«
»Er ist nicht da?«
»Nein, das sag ich doch.«
»Er hat sich auch nicht gemeldet?«
»Nein, warte mal.« Etwas unklar hörte sie ihn rufen: »Hat irgendjemand etwas von Kit gehört? Zum Beispiel, warum er nicht hier ist?« Es gab eine kurze Pause, dann kam Jonathan an den Hörer zurück. »Niemand hat etwas von ihm gehört, Fiona.
Ich weiß nicht, was er treibt, aber hier ist er nicht.«
Fiona spürte, wie sich ihr Magen wieder zusammenzog. »Wenn er auftaucht, sag ihm bitte, er möge mich anrufen. Bitte, Jonathan.«
»Kein Problem. Reg dich nicht auf, Fiona.« Die Verbindung brach ab, und Fiona war wieder allein mit ihrer Angst, die sie aufwühlte.
Sie hätte schreien mögen. Aber sie zwang sich zu einer rationalen Betrachtung der Situation.
Wenn der Mörder Kit ins Visier genommen hatte, dann wäre das nächstliegende Buch, das er kopieren würde, The Blood Painter.
Da es im Fernsehen erfolgreich gelaufen war, entsprach es dem bisherigen Muster des Killers. Wenn der Mörder der Handlung des Buchs folgte, musste Kit noch am Leben sein. Die charakteristische Eigenart des Blood Painter war, dass er seine Opfer gefangen hielt, ihnen jeden Tag Blut abzapfte und es als Farbe für Bilder benutzte, die er an dem Ort, wo er sie gefangen hielt, an die Wand malte. Wäre Kit also wirklich das nächste Opfer, dann würde derjenige, der ihn in seiner Gewalt hatte, ihn mindestens noch zwei Tage am Leben erhalten, damit er den Mord im Buch so echt wie möglich nachspielen konnte.
Sie musste nur herausbekommen, wo er festgehalten wurde.
Es war schon eine Weile her, dass sie das Buch gelesen hatte, aber sie erinnerte sich, dass die Opfer des Blood Painter alle irgendwann in den sechs Monaten vor ihrem Tod einmal abgelegene Ferienhäuschen gemietet hatten. Wenn er kam, um sie zu töten, mietete der Blood Painter immer dasselbe Häuschen, in dem er sie eine Woche festhielt, während er sie langsam ausbluten und sterben ließ und dabei seine grotesken Gemälde schuf.
Aber sie und Kit hatten nie ein Ferienhaus gemietet. Sie hatten nicht einmal einen kurzen Wochenendurlaub in Großbritannien gemacht, weil sie ihre Ferien lieber im Ausland verbrachten. Wo konnte er Kit also festhalten? Wo konnten sie sein, wenn der Mörder tatsächlich entschlossen war, dem Buch zu folgen?
Kapitel 48
Die M 6 war so weit nördlich von Manchester praktisch leer.
Der größte Teil des Freitagabendverkehrs war auf die M 55 nach Blackpool oder an der ersten Kreuzung abgebogen, die zum südlichen Ende des Lake District führte. Wo die Straße zum Shap hochführte, waren am Wochenende nur noch
Weitere Kostenlose Bücher