Die Erfinder Des Todes
zufrieden geben würde?
Hätte sie ihrer Phantasie freien Lauf gelassen, anstatt alles, was sie aus The Blood Painter kannte, aus ihrem Bewusstsein völlig zu verdrängen, hätte sie wahrscheinlich eine recht genaue Beschreibung dessen geben können, was sich zur Zeit zwei Stunden Fahrzeit entfernt von ihr tatsächlich abspielte.
Kit war sehr mitgenommen und bemühte sich trotz der stechen-den, scheußlichen Schmerzen und der erneuten, dumpfen Benommenheit wieder klar zu denken. Er hatte einen zweiten Schlag auf den Kopf bekommen, denn nach der langen Zeit, die er eingesperrt im Dunkeln zugebracht hatte, war es ihm nicht gelungen, dem Hieb seines Peinigers auszuweichen, als dieser die Hecktür öffnete.
Neben dem Schmerz empfand er als Erstes, wie kalt es war. Ihn fror schrecklich. Als er die Augen öffnen konnte, fand er sich an einem Schauplatz wieder, der in ihm ein schlimmes Gefühl von dejá vu auslöste. Er kannte diesen Ort, weil er ihm gehörte, er kannte diese Situation, weil er sie geschaffen hatte. Er saß nackt auf der Toilette, beide Arme waren mit Handschellen an stählernen Haken befestigt, die in die Wand geschraubt waren.
Seine Beine waren zusammengekettet, und die Kette lief hinter der Toilettenschüssel herum, so dass er sich kaum bewegen konnte.
Er war allein. Aber er rechnete nicht damit, dass dies lange so bliebe.
Er wusste, was als Nächstes kommen würde.
Caroline hielt vor einem alten zweistöckigen Steingebäude mit einem rot-weißen Schild, dessen Farbe abzublättern begann und auf dem »Frasers Garage« stand. Es sah aus, als stamme es aus Zeiten lange vor der Erfindung des Verbrennungsmotors. Der größte Teil der Fassade bestand aus zwei breiten Holztoren, in die ein kleineres Tor eingeschnitten war. Auf der einen Seite war eine normale Holztür mit der Nummer 31. Im oberen Stockwerk schien hinter einem Milchglasfenster Licht. Fiona lehnte sich zu Caroline hinüber und nahm sie in den Arm. »Ich danke dir«, sagte sie. »Ich schulde dir ein großes Dankeschön.«
»Hey, es ist erst zu Ende, wenn es vorbei ist«, sagte Caroline.
»Du glaubst doch nicht, dass ich jetzt abhaue?«
Fiona lehnte sich in den Sitz zurück. »Nein, Caroline. Du musst jetzt heimfahren.«
Caroline schüttelte den Kopf. »Kommt gar nicht in Frage. Ich bin nicht so weit gefahren, damit ich mich jetzt einfach verkrümle und dich allein lasse. Du kannst mich nicht so weit mitnehmen und dann heimschicken, wenn es anfängt, brenzlig zu werden.«
»Es ist kein Spiel, Caro. Wenn ich Recht habe, hat der Mann, der Kit festhält, schon drei Leute umgebracht. Ohne Gewissensbisse. Er überlegt nicht lange, ob er jemanden umlegt, der ihm im Weg steht, wenn er sein Ziel erreichen will. In diese Situation will ich dich nicht bringen.« Fionas Entschlossenheit war deutlich an ihrem Tonfall und ihrem Gesichtsausdruck zu erkennen.
»Wenn er so brutal ist, musst du deine Position ein bisschen verbessern.«
»Nein. Ich weiß schon, was ich tue. Ich kann es nicht riskieren, am Ende daran schuld zu sein, wenn dir etwas passiert. Damit kann ich nicht leben.« Fiona löste ihren Sicherheitsgurt und öffnete die Tür. »Bitte, Caro. Fahr nach Hause. Ich ruf dich später an, ich versprech's. Ich steige jetzt aus und werde nicht weitergehen, bis ich
sehe, dass du umdrehst und wegfährst.« Sie stieß die Tür auf, stieg aus und beugte sich dann noch einmal hinein. »Es ist mir Ernst.« Sie machte die Tür leise zu und trat zurück.
Caroline schlug frustriert mit der Handfläche auf das Steuerrad, legte den Gang ein und fuhr los. Fiona sah zu, wie sie eine volle Kehrtwendung machte und in die Richtung davonfuhr, aus der sie gekommen war. Als die Rücklichter des Honda um die Ecke verschwanden, wandte sie sich der kleinen Tür zu, holte tief Luft und drückte auf den Klingelknopf.
Lange war nichts zu hören, dann kamen schwere Schritte eine Treppe herunter. Die Tür ging auf und ein Mann erschien, der auf die dreißig zuging und Arbeitsstiefel, Jeans und ein gefüttertes, kariertes Hemd trug, das lose über einem grauen TShirt hing. In einer Hand hielt er einen Becher Tee. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck mäßiger, freundlicher Wissbegier.
»Lachlan Fraser?«, fragte Fiona.
Er nickte. »Ja, das bin ich.«
»Tut mir Leid, dass ich Sie so früh störe ...«
Er lächelte. »Es ist doch nicht früh. Und Sie stören mich auch nicht. Kann ich Ihnen helfen?«
»Mein Name ist Fiona Cameron ...«
Er lächelte noch breiter und
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