Die Erfinder Des Todes
in einen normalen Umschlag passte.
Es unterschied sich in nichts von anderen mit dem Computer erstellten Dokumenten. Standardschrift, kein kompliziertes Layout. All dies nahm Fiona schon wahr, bevor sie sich auf das Lesen des Textes einstellte.
»Kit Martin, du begehst Diebstahl am kreativen Schaffen anderer Menschen und zerstörst ihren guten Ruf. Was du nicht selbst zu Stande bringst, das stiehlst du. Und deine Lügen berauben andere der Dinge, die ihnen rechtmäßig zustehen.
Dein Werk ist ein schwacher Abglanz des leuchtenden Lichts anderer Menschen. Du hast alles getan, um deine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen. Du nimmst und zerstörst, bist ein Schmarotzer, der das Blut derer aussaugt, die du um ihre Begabung beneidest. Du weißt, dies ist die Wahrheit. Prüfe deine erbärmliche, schmutzige Seele, und du wirst nicht leugnen können, dass du mich beraubt hast.
Die Zeit ist reif, du musst bezahlen. Du verdienst nichts als meine Verachtung und meinen Hass. Wenn ich dich töten muss, damit du mir gibst, was mir rechtmäßig zusteht, so sei es.
Fiona las den gehässigen Brief zweimal. Dann legte sie ihn vorsichtig auf den Tisch in der Diele und ging zu Kit, um ihn zu umarmen. »Du Armer. Das ist entsetzlich.« Sie spürte seine Anspannung, als er sein Gesicht an ihrer Schulter vergrub.
»Ich kann's einfach nicht begreifen«, sagte er. »Es ist so unsinnig.« Fiona schwieg. Sie hielt ihn nur fest, bis sie spürte, dass sein Körper sich entspannter an sie lehnte. »Wo ist er her?«, fragte sie schließlich.
»Er war bei der anderen Post. Bei der zweiten Auslieferung hatte ich zu tun; ich hab alles erst von der Matte hereingeholt, als ich ausging, und hab's ins Büro gelegt. Ich erwartete ja nichts Dringendes.«
»Hast du noch den Umschlag?«
Er nickte. »Er ist im Papierkorb. Ich hab ihn automatisch weggeworfen.« Er ging in sein Büro. Fiona folgte ihm in das Chaos aus Büchern und Papieren, das alle Flächen und den halben Fußboden bedeckte. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie man in so einem Durcheinander arbeiten konnte. Aber Kit tat hier nicht nur seine Arbeit, er schien auch ganz genau Bescheid zu wissen, wenn es um die Stelle ging, wo ein bestimmtes Buch, eine Akte oder ein Brief lag. Er ging zum Papierkorb beim Schreibtisch und fischte einen einfachen weißen, selbstklebenden Umschlag heraus. Er schaute ihn stirnrunzelnd an. Fiona legte einen Arm um ihn und sah mit ihm zusammen auf das Kuvert. Die Adresse war in derselben Standardschrift.
»In West London abgestempelt. Vor zwei Tagen abgeschickt, mit einer Second-class-Briefmarke frankiert«, sagte er und lachte nervös. »Na ja, offensichtlich ist es keine dringende Morddrohung. Ich vermute, das sollte mich etwas trösten.«
»Du solltest es der Polizei melden«, sagte Fiona bestimmt.
Kit warf den Umschlag auf die Tastatur seines Computers.
»Meinst du?« Er klang skeptisch.
»Ja, das meine ich. Es ist wirklich ein scheußlicher Brief. Es ist eine Morddrohung, um Himmels willen!«
Kit ließ sich auf seinen Stuhl fallen, drehte sich und sah sie an.
Offensichtlich schüttelte er gerade etwas ab. »Ich bekomme oft böse Briefe, Liebes. Keine Morddrohungen, das gebe ich zu, aber bei der Fanpost sind regelmäßig Briefe dabei, die mich und meine Bücher schlecht machen. Herr Bitterböse aus Turnbridge Wells ist entsetzt über die Folterszenen in The Dissection Man.
Fräulein Saubermann aus Lambeth ist fassungslos, dass Teenager die verdorbenen sexuellen Phantasievorstellungen in The Blade King lesen dürfen. Und dann gibt es welche, die mir vorwerfen, ich sei feige, weil ich die Einzelheiten grotesker Verstümmelung und sexueller Perversionen nicht ausführlicher beschreibe. Es ist nicht nur Fanpost, weißt du.«
»Woher haben sie deine Adresse?«, fragte Fiona, die plötzlich das Schreckensbild psychisch labiler Leser vor sich sah, die ihnen die Bude einrannten.
Kit zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Das meiste kommt über meinen Verleger. Manche per E-Mail. Ein oder zwei von den eher neurotischen Typen haben wahrscheinlich das Wählerverzeichnis für Dartmouth Park durchforstet. Ich bin nicht schwer zu finden, Schatz.«
Fiona fröstelte. »Dieser Brief war schon schlimm genug. Aber jetzt jagst du mir wirklich Angst ein. Ehrlich, Kit, ich finde, du solltest damit zur Polizei gehen.«
Er nahm einen Bleistift und spielte nervös damit herum. »Sie würden mich auslachen, Fiona. Es ist doch nur der Brief eines Spinners. Es
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