Die Erfinder Des Todes
lassen.
Georgia, eine lebende Legende, hatte in den fünfundzwanzig Jahren ihrer Karriere über dreißig Romane veröffentlicht. Sie wurde so bekannt, dass sie P. D. James und Ruth Rendell den Titel Queen of Crime streitig machte. Sie war eine der ersten Krimiautoren, deren Werk mit Erfolg fürs Fernsehen eingerichtet wurde, und das hatte ihr in der Folgezeit einen Platz auf den Bestsellerlisten garantiert. Sie war ein Liebling der Medien und schlachtete schamlos jede Gelegenheit aus, in Zeitungen, Radio oder Fernsehen zu erscheinen. Männern hatte sie es mit ihren Flirts, Schmeicheleien und ihrer unbestreitbaren Großzügigkeit angetan. Die meisten Frauen brachten ihr, wie Fiona auch, gelassene Verachtung entgegen. »Sie ist die Barbara Cartland der Krimiliteratur«, hatte Fiona einmal zu Mary Margolyes gesagt, die sich an ihrem Drink verschluckte und diese Bemerkung prompt über die Buschtrommel verbreitete, ohne Namensnennung natürlich.
Die gedämpfte Beleuchtung schmeichelte Georgia und ließ die Straffheit ihrer gelifteten Haut weicher erscheinen. Sie erlaubte ihr, Make-up nur sparsam aufzutragen und das Alter weiterhin von sich fern zu halten. In diesem Licht konnte sie als kaum über vierzig durchgehen, was Fiona praktisch als ein Wunder betrachtete bei einer Frau, die keinen Tag unter siebenund-fünfzig sein konnte. »Fiona, Schätzchen«, säuselte Georgia und hob den Kopf mit einer Geste, die nach einem in die Luft gehauchten Küsschen verlangte. Fiona tat ihr den Gefallen und wurde sich ihrer vom Wind aufgerauten Haut, ihrer unge-kämmten Haare und ihres Fleece-Hemdes bewusst, das wahrscheinlich nach Schweiß roch. Georgia duftete natürlich nach Chanel N°5 und trug ein nachtblaues, fließendes Gewand, das nur an den strategischen Punkten, dem Busen und den Hüften, anlag. Ihr Haar, mit einem unwahrscheinlichen, aber über-zeugenden aschblonden Farbton, schien direkt vom Coiffeur zu kommen. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dich zu sehen, Georgia«, sagte Fiona, als sie sich abwandte und ein Glas Wein eingoss. Sie ging zu Kit hinüber und küsste ihn auf die Wange.
»Hallo, Schatz«, sagte sie und hoffte, die Geste und ihr Tonfall signalisierten ihm, dass sie einen Waffenstillstand anbot.
Er fasste sie mit dem freien Arm um die Taille und drückte sie an sich, erleichtert, dass der Tag in den Bergen mit Caroline ihre Feindseligkeit aufgelöst zu haben schien. Es beunruhigte Kit, wenn die Atmosphäre zwischen ihnen unbehaglich war, aber er hatte schon früh begriffen, dass er sich entweder daran gewöhnen oder lernen musste, sich zu entschuldigen, auch wenn er nicht glaubte, dass er Unrecht hatte. Inzwischen gab er dem friedlichen Zusammenleben zuliebe meistens nach. Aber manchmal sträubte er sich und ertrug die üble Stimmung so lange, wie Fiona brauchte, um zuzugeben, sie habe möglicherweise nicht ganz Recht gehabt. »Hattet ihr einen schönen Tag?«, erkundigte er sich.
»Wir hatten Glück mit dem Wetter«, sagte Fiona, die auf der Armlehne seines Sessels saß. »Wir sind ungefähr zehn Meilen gewandert, tolle Sicht.«
Georgia schauderte. »Zehn Meilen? Ich weiß nicht, wie du das schaffst, Fiona, ich weiß es wirklich nicht. Wärst du nicht lieber in einem schönen, warmen gemütlichen Bett mit diesem appetit-lichen Mann?«
»Das eine schließt das andere nicht aus«, sagte Fiona. »Ich genieße die Bewegung.«
Georgia lächelte wie eine Lehrerin, die einem kleinen Kind den Kopf tätschelt. »Bewegung habe ich mir immer lieber drinnen verschafft«, sagte sie.
Fiona biss nicht an. »Wie geht es dir denn, Georgia? Ich habe gehört, du sorgst dich um deine Sicherheit.«
Georgia setzte sofort einen tragischen Gesichtsausdruck auf.
»Der arme, arme Drew. Was für ein entsetzliches Schicksal, und für uns alle ein schrecklicher Verlust.«
»Ich wusste nicht, dass du Drew kennst«, sagte Fiona und bemühte sich, nicht so boshaft zu klingen, wie sie empfand.
»Ich meinte sein Werk, Fiona, meine Liebe. Ein solches Talent so früh ausgelöscht zu sehen ist unbeschreiblich tragisch.«
Fiona konnte sich kaum zurückhalten, Georgia mit einer spöttischen Bemerkung zu reizen. »Drews Tod ist für dich doch aber sicher kein Grund, dich bedroht zu fühlen?«, fragte sie.
»Deshalb ist Georgia hier«, unterbrach Kit. Er wollte vermeiden, dass Fiona wegen des Geplänkels aus dem Zimmer ging. Das hatte es durchaus schon gegeben. Statt es in eine offene Feindseligkeit ausarten zu lassen, die der
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