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Die Erfindung des Abschieds /

Die Erfindung des Abschieds /

Titel: Die Erfindung des Abschieds / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ihm, als er im Wohnzimmer vor der von der Nachbarin zu Grunde gegossenen Phoenixpalme stand, als das Unwahrscheinlichste von der Welt erschien; und doch war er jetzt hier.
    »Warum hältst du deine Schulter so schief?«, fragte Funkel.
    »Bin überfallen worden.«
    »Die Räuber im Wald, ich verstehe. Ich weiß, dass einige Kollegen große Schwierigkeiten damit haben, dass du wieder da bist, sie verstehen nicht, wieso ich dich verteidige, obwohl du sie im Stich gelassen hast, wieso du diese Sonderbehandlung bekommst. Andere wären längst rausgeflogen.«
    »Und warum krieg ich diese Sonderbehandlung?«
    »Weil du ein guter Polizist bist«, sagte Funkel. »Die Papiere lass ich dir fertig machen, und du musst natürlich einen Bericht schreiben, was du getan hast, wie’s dir geht, die Gründe, die Motivation, den Weg der Besserung. Lass dir was einfallen für unseren Direktor und den Minister. Und die Kollegen. Außerdem musst du dich untersuchen lassen, der Check ist Pflicht. Ich weiß, du hasst Ärzte, aber es geht nicht anders. Am besten gleich am Montag. Wie schlimm ist das mit deiner Schulter?«
    »Eine Prellung, nichts Ernstes.«
    »Und sonst? Wie fühlst du dich? Du bist blass. Aber abgenommen hast du nicht, das finde ich beruhigend. Gibt’s da leckere Sachen im Wald?«
    »Alles, was du willst, du musst es nur finden.«
    »Volker war wütend, als er dich im Winter besucht hat und du ihn einfach wieder weggeschickt hast. Er wollte dir wirklich helfen, das glaubst du vielleicht nicht, aber es war so.«
    »Nimmt er immer noch dieses ölige Parfüm?«
    »Das ist kein Parfüm, und ölig ist es auch nicht. Das ist kostbarstes französisches Eau de Toilette, davon verstehst du nichts.«
    »Ich wasch mich lieber.«
    »Hast du schon mit ihm gesprochen?«
    »Nein.«
    »Er ist unten, wir haben einen Verdächtigen, jedenfalls benimmt er sich verdächtig, einen Friedhofsgärtner.«
    »Sonja hat mir kurz davon erzählt.«
    »Wie geht es ihr? Ich bin erstaunt, dass sie es geschafft hat, dich umzustimmen. Ich freu mich darüber, aber ich bin auch erstaunt. Was ist passiert? Wie hat sie das angestellt?«
    »Ich weiß es nicht, Charly. Es ist ihr einfach geglückt.«
    Sie sahen sich an. Keiner von ihnen hatte je eine Andeutung darüber gemacht, wie es war, mit Sonja allein zu sein.
    »Bist du mit deiner Anzeige schon fertig?«, fragte Funkel.
    »Was für eine Anzeige?«
    »Wegen dem Überfall.«
    »Es gibt keine.«
    »Ein Taginger hängt seine Taginger nicht hin.«
    »Du hast es begriffen. Außerdem hat mich ein Eichhörnchen rechtzeitig gewarnt.«
    »Ein Eichhörnchen?« Er grinste, dachte an Thons Bemerkung mit den Nüssen und schwieg.
    »Hat Martin inzwischen angerufen?«
    »Nein. Und das ist sehr merkwürdig.« Funkel ging zum Schreibtisch und nahm die Pfeife aus dem Aschenbecher. »Ich hab Veronika gesagt, sie soll’s nochmal bei ihm versuchen. Ich bin ziemlich erschrocken, als mich diese Masseuse angerufen hat.«
    »Ich treib ihn auf, Charly.«
    »Wir müssen Raphael finden, Tab, hast du die Zeitungen gelesen?«
    »Nur die Überschriften.«
    »Wenn die erfahren, dass du wieder da bist, drucken sie Sonderausgaben. Pass auf, dass sie dich nicht bei der Arbeit behindern. Du kriegst übrigens deinen alten Schreibtisch wieder, die Kollegin Epp sitzt da jetzt, aber für die finden wir eine andere Ecke.«
     
    Als Tabor Süden das Vernehmungszimmer im zweiten Stock betrat, schaute Freya Epp zu ihm her und wurde rot.
    »Tab!«, sagte Weber, kam um den Tisch herum und umarmte seinen Kollegen. »Bist du also doch wiedergekommen! Gott sei Dank!«
    »Servus, alter Gangster«, sagte Braga und streckte ihm die Hand hin.
    »Der Süden«, sagte Gerke und zwirbelte seinen Schnurrbart in die Höhe. »Ich hab gedacht, du bist zum Waldschrat mutiert.«
    Sie schüttelten sich die Hände, und Freya blickte nicht weniger verdutzt drein als August Anz.
    »Tabor Süden«, sagte er und beugte sich vor, um Freya die Hand zu geben.
    »Ich glaub, ich sitz an Ihrem Schreibtisch«, sagte sie verwirrt.
    »Der gehört dem Staat«, sagte er, und dann drängelten sich alle aneinander vorbei.
    »Sie sind August Anz«, sagte Süden, und Anz nickte. Die Schweißflecken auf seinem Hemd waren größer geworden.
    Die Tür ging auf, und Thon kam herein. Er stutzte, leckte sich die Lippen und schloss die Tür.
    »Hallo, Kollege«, sagte er.
    »Hallo, Volker.«
    »Wir haben mit Ihrem Freund gesprochen«, sagte Thon und setzte sich an den Tisch, ohne Süden weiter

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