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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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dichter heran. Bei ihr wirkt die Schleife wirklich total bescheuert.
    »Aber nicht hier«, kläfft Carmen und macht eine abwehrende Geste in Richtung Kameras. Sie greift in das Brotkörbchen und hält sich eine Scheibe Vollkornbrot vors Gesicht. »Ich rufe Sie an.«
    »Na, das glauben Sie doch selbst nicht!«
    Mir schießt das Adrenalin bis in die Fußknöchel. Nicht gut. Gar nicht gut.
    »Ich esse«, verweist mich Carmen in meine Schranken.
    »Dann warte ich, bis Sie mit dem Essen fertig sind«, antworte ich, wobei mir die Schamesröte ins Gesicht schießt und gleich darauf den Hals und den Rest meines Körpers mit Beschlag belegt. Ich glaube, ich bin sogar am Ellbogen schamrot. Und hinterm Ohr. Und in der Kniekehle.
    Carmen dreht nun ab und stolziert in ihren schwarzen Lackstiefeln zu dem Tisch, an dem schon Boris Becker, Udo Jürgens, Veronica Ferres und Corinna Regen sitzen. Und der Alte mit dem Toupet und dem Goldkettchen um den Hals - ist das nicht Tom Konrad, der Schlagersänger? Der lebt ja noch!
    Dahin traue ich mich natürlich nicht. Mein Selbstbewusstsein ist komplett dahin. Ich möchte mich in Luft auflösen! Aber das geht nicht. Ich muss kämpfen. Noch gebe ich nicht auf!

    Unauffällig stelle ich meinen Teller irgendwo ab und beäuge mein Opfer wie eine Katze die Maus. So, Carmen. Ich warte. Nimm ruhig deine Henkersmahlzeit zu dir, aber danach werden wir zwei uns unterhalten.
    Ich plaudere ein bisschen mit Mike Krüger, der mir verrät, dass sein größter Hit »Nippel durch die Lasche« auch schon gut und gern fünfundzwanzig Jahre zurückliegt und dass er persönlich ja »Mein Gott, Walter« besser fand, was aber siebenundzwanzig Jahre her ist und leider langsam bei der jungen Generation in Vergessenheit gerät.
    Ich stecke ihm, dass ich Sonja Rheinfall bin, womit er nichts anfangen kann.
    » Frauenliebe und Leben «, helfe ich ihm auf die Sprünge. »Die Kolumne!«
    »Die liest meine Frau«, freut er sich und nickt eifrig. »Hat sie schon vermisst!«
    »Was soll ich machen?«, frage ich hektisch, während ich sehe, dass Carmen mit dem Essen fertig ist und sich erhebt, um Thomas Gottschalk zu begrüßen, der gerade eingetroffen ist.
    »Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen«, rät mir Mike Krüger und grinst. »Der Supernase muss ich jetzt auch mal Hallo sagen.« Er drückt mir freundschaftlich den Arm und lässt mich stehen.
    Klar. Jeder würde mich für Thomas Gottschalk stehen lassen. Ich mich selbst auch. Das verstehe ich ja. Das kratzt auch nicht im Geringsten an meinem Selbstbewusstsein. Ich bin halt kein A-Promi. Auch nicht B oder C. Ich reibe mir die Nase und überlege, ob ich mich bei W oder Y einreihen würde. Oder doch bei Z. Ich bin nur Sonja Rheinfall. Mein Name ist wieder mal Programm.
    Aus dem Augenwinkel betrachte ich Corinna Regen, die in
der Rang- und Hackordnung noch lange nicht dran ist, von Thomas Gottschalk begrüßt zu werden.
    Wohingegen Carmen Schneider-Basedow von ihm überhaupt nicht beachtet wird. Sie war ja bis vor Kurzem noch eine kleine Reportermaus beim Konkurrenzblatt!
    Das ist meine Chance. Beiläufig stelle ich mich neben Carmen, und wir müssen wirken wie die Begum und ihre Mutter in unserer identischen Aufmachung.
    Die Blitzlichter sind alle bei Thomas und seinen Andienern, sodass wir ungestört reden können:
    Ich: »So, nun sind wir ungestört.«
    Sie: »Ich ruf Sie an.«
    Ich: »Aber wieso denn, wir stehen doch hier nebeneinander, so jung kommen wir nicht mehr zusammen!«
    Sie: »Das ist nicht der passende Augenblick!«
    Ich: »Wann ist denn der passende Augenblick?«
    Sie: »Ich ruf Sie an.«
    Ich: »Warum ist meine Kolumne nicht mehr im Blatt?«
    Sie: »Weil ich das nicht will.«
    Ich: »Warum haben Sie mich nicht angerufen?«
    Sie: »Ich muss jetzt Thomas Gottschalk begrüßen.«
    Ich: »Ohne eine klare Ansage kommen Sie mir nicht davon!«
    Sie: »Habe ich gerade gemacht.«
    Ich: »Was gefällt Ihnen denn nicht an meiner Kolumne?«
    Sie: »Sie hat nicht das Niveau unseres Blattes.«
    Ich: »Sondern?«
    Sie: »Ich will Glamour.«
    Ich: » Frauenliebe und Leben ist ein Hausfrauenblatt!«
    Sie: »Aber nicht mehr lange.«
    Ich: »Finden Sie es fair, mich einfach so ohne ein Wort abzusägen?«

    Sie: »Ich mache Ihnen ein Angebot: Wir werden noch vier Kolumnen von Ihnen drucken. Daneben Ihr Bild von einem Starfotografen. Aber dann ist Schluss. Ich habe mit dem Blatt ganz andere Pläne.«
    Ich: »Und da kann ich Ihnen nicht hilfreich zur Seite stehen?

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