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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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nichts mehr zu tun«, setzt Alex einen drauf.
    Oh. Ich habe eine Menge zu tun. Weinen, Klagen, Sorgen Zagen! So heißt es in der Bachkantate, die ich aus aktuellem Anlass ständig höre.
    »Mama? Bist du noch dran?«
    »Ja, ich bin noch dran. Ich überlege gerade …«
    »Mein Kumpel hier sagt gerade, sein Vater kommt auch. Der könnte in deinem Alter sein!«
    Das ist ein Witz. Alex will mich damit locken, dass ein Mann in meinem Alter aufkreuzt? So wie ich ihn früher damit lockte, dass die Freundin, zu der ich gemütlich plaudern gehen wollte, einen Sohn in seinem Alter hätte? Wie tief bin ich gesunken!
    Andererseits: Vielleicht bringt mich ein Skitag mit lauter netten Männern auf andere Gedanken. Vielleicht kommt mir heute die zündende Idee! Es würde mir guttun, einfach mal rauszukommen. Vielleicht ist dieser Vater möglicherweise so eine Art George Clooney, der mich aus der Krise reißt? Oder er hat zufällig einen Verlag und bietet mir eine Kolumne an?
    »Mama, jetzt pass mal auf. Du nimmst jetzt das ganz Skizeug samt deiner eigenen Ausrüstung, setzt dich ins Auto und kommst her. Wir fahren heute in Mühlbach am Hochkönig.
Um zehn Uhr müssen wir alle am Lift sein. Los, raff dich auf, ja? Oh Scheiße, da vorne sind die Bullen.«
    Bevor ich noch groß protestieren kann, hat Alex schon aufgelegt.
    In meinem Kopf rotiert es. Sich niemals hängen lassen, niemals aufgeben, niemals in Selbstmitleid versinken, das predige ich meinen Kindern schon seit Jahren. Sich immer am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Erst recht, wenn man schon bis zum Scheitel drinsteckt.
    Schnell schreibe ich Greta einen Zettel: »Bin mit Alex Skifahren, es kann später werden, kocht euch was - aber keine Jungs und keine Wasserpfeife! Liebe dich, Kuss, Mama.«
    Ja, ich weiß. Ich bin eine inkonsequente, vergnügungssüchtige Rabenmutter.

8
    Der Vater, den Alex’ Kumpel mitgebracht hat, ist kein bisschen in meinem Alter. Er ist mindestens zwanzig Jahre älter! Mit seinem braunen Skihelm, seinem lilafarbenen Overall aus den Siebzigern und seiner tropfenden Nase ist er überhaupt nicht das, was mich jetzt aus meiner Krise reißt! Jedenfalls hat er eher den Sexappeal eines Woody Allen als den eines George Clooney! Ich werfe Alex, der sich bereits mit seinen Kumpels in der Liftschlange drängelt, einen wütenden Blick zu. Alex grinst mich entwaffnend an und zuckt nur mit den Schultern, bevor er sich mit seiner Skimontur in die Gondel wirft. Dann gleitet er vor meinen Augen nach oben. Weg ist die Jugend! Ach, was haben diese Kinder doch für ein Leben!
    Woody Allen, mit dem ich nun ratlos vor der Kasse stehe und meine letzten Groschen für die Liftkarte hinzähle, stellt sich mir als »Lutz« vor, wobei er seinen Skihandschuh auszieht, sich über die Nase fährt und mir dann die Hand reicht.
    Ich komme mir vor wie in einem Loriot-Sketch:
    »Sie haben … Sie haben …«
    »Sagen Sie jetzt nichts, Hildegard.«
    »Sie haben …«
    »Lassen Sie uns einen unbeschwerten Skitag in der herrlichen Natur verbringen.«

    »Äh, Sie haben …«
    »Trotzen wir dem schlechten Wetter und schlagen den Wolken ein Schnippchen. Sagen Sie einfach Lutz zu mir.«
    »Sie haben einen … äh … Lutz an der Nase hängen!«
    Während Woody sein Wechselgeld an der Liftkasse zusammensucht, macht sich der Lutz an seiner Nase selbstständig. Er wird lang und länger und fällt schließlich in den Schnee. Na toll. Mit dem soll ich also jetzt meinen Tag verbringen. Danke, Alex. Vielen, vielen Dank. Für diesen Traummann habe ich dir doch gern deine Ski und die restlichen Utensilien gebracht. Hauptsache, du hast Spaß mit deinen Kumpels!
    Wir stapfen durch das dichte Schneegestöber und stellen uns an der langen Schlange vor der Gondel an. Lutz plaudert unverbindlich mit mir, und wenn er lacht, darf ich auf seine naturbelassenen, gelblich-bräunlichen Zähne schauen. Neben seiner rechten Augenbraue sitzt ein braunes dickes Muttermal, das sich wie eine Zecke an ihm festzusaugen scheint. Der ganze Mann ist die reinste Augenweide. Besonders mit dem braunen Helm. Ich kann froh sein, dass ich seine Haare oder das, was noch davon übrig ist, nicht sehen muss.
    Während ich ihn unauffällig von der Seite betrachte, frage ich mich heimlich: Wenn er Geld für eine Tageskarte und eine Skiausrüstung hat - wieso hat er dann kein Geld für den Zahnarzt? Oder wenigstens für ein Taschentuch?
    »Ich bin ja alleinerziehender Vater«, teilt Lutz mir stolz mit, als wir endlich mit

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