Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
Geld geht doch wohl auf dein Konto und nicht auf seines.«
    Mein Gott. Dass Männer immer so begriffsstutzig sein müssen. »Er weiß doch gar nicht, dass es ihn überhaupt gibt! Sebastian Richter ist meine Erfindung, und der Typ auf dem Foto wird denken, dass es einen Sebastian Richter gibt, der ihm täuschend ähnlich sieht! Außerdem liest dieser Mann auf dem Foto mit Sicherheit keine Frauenzeitschriften«, beruhige ich Siegfried.
    »Und wenn doch?«
    »Dann wäre ich sehr enttäuscht von ihm.«
     
    Jeden Morgen, wenn ich voll beladen mit Fanpost an der Salzach entlangradele, überlege ich, was ich heute im Haushalt erledigen werde. Das macht zwar jede Hausfrau, aber ich bin jetzt schließlich ein Mann. Und o Wunder: Auf einmal interessiert sich die Welt dafür, was ich kochen/putzen/erledigen/ einkaufen werde und welche Dialoge ich mit meinen Kindern führe. Das alles als Mann zu tun, ist einfach eine Heldentat.
    Im Vorbeifahren werfe ich einen Blick auf die Terrasse des Café Bazar, wo morgens um neun immer die wichtig aussehenden
Geschäftsmänner in ihren Trachtenanzügen sitzen, frühstücken und vorgeben, Zeitung zu lesen. Geht ihr alle mal nach Hause und trennt die Buntwäsche von der Kochwäsche, denke ich. Bringt den Abfall raus, sucht mit eurem Kind verzweifelt die Turnschuhe, schreibt eine Entschuldigung für den Klavierlehrer, übt mit dem gereizten Kind Mathe, spielt Tag für Tag den Taxifahrer und wartet stundenlang vor Schwimmhallen, Balletträumen, Flötenschulen und Tennisplätzen. Und spart euch das Geld für den Nachhilfelehrer vom Munde ab.
    In Wirklichkeit schielen die wichtig aussehenden Geschäftsmänner, die vorgeben, wahnsinnig beschäftigt zu sein, auf die vorbeiflanierenden Damen im Dirndl, die mit ihren Einkaufskörben zum Grünmarkt eilen. Das muss man den Salzburgerinnen tatsächlich lassen: Sie werfen sich echt in Schale, bevor sie einkaufen gehen. Das propere Dekolleté lugt keck aus dem Rüschenbluserl hervor, und die gestärkte Seidenschürze über dem weit schwingenden Rock signalisiert Dienstbarkeit und Fleiß.
    Auf mich schauen die beschäftigten Männer natürlich nicht, denn ich komme in verschwitzten Joggingklamotten von Eduscho mit dem Fahrrad daher. Irgendwie fühle ich mich von diesen weiblichen Zwängen befreit. Ich bin ein Mann. Ich bin Sebastian Richter. Ich rieche nach gesundem Schweiß. Und das ist bei Männern nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Heute werde ich eine Kolumne über das umweltfreundliche Radfahren schreiben. Sebastian Richter hat es nämlich nicht nötig, mit einem Porsche herumzubrettern. Er ist kein Angeber. Ach, mir wird dieser Gutmensch immer sympathischer. Hoffentlich verliebe ich mich nicht noch in ihn! Das würde nämlich ein ziemlich böses Erwachen geben!

     
    Bis jetzt habe ich es bis auf die eine erwähnte Ausnahme immer geschafft, Carmen Schneider-Basedow am Telefon abzuwimmeln. Aber als sie zum wiederholten Male anruft und richtig unangenehm wird, weil sie unbedingt Sebastian Richter persönlich sprechen will, reiche ich in meiner Not Siegfried den Hörer, der zufällig wieder an meinem Computer sitzt.
    Wir haben inzwischen ganz tolle Autogrammkarten entworfen, und er zeigt mir gerade die verschiedenen Modelle und Schriftzüge.
    »Siegfried«, zische ich, während ich die Sprechmuschel an meinen Busen drücke, »du bist jetzt Sebastian Richter, okay?«
    »Was soll ich denn sagen?«, flüstert Siegfried in panischer Angst zurück.
    »Dass du dich auf keinen Fall mit ihr triffst!«
    »Und wenn sie darauf besteht?«
    »Bist du krank. Oder im Ausland. Irgendwas. Du kannst jetzt nicht. Klar?«
    Ich reiche dem armen Siegfried den Hörer, und zu meiner grenzenlosen Erleichterung spielt er auf seine spröde Weise mit.
    »Ja, hallo? Sebastian Richter.«
    Am anderen Ende der Leitung flötet Carmen Schneider-Basedow in den höchsten Tönen auf ihn ein.
    Ich reiße Siegfried das Telefon aus der Hand und stelle mit zitternden Fingern auf laut. Nun kann ich mithören.
    »Herr Richter, ich weiß, wie beschäftigt Sie sind, und Ihre Managerin hat mir ja schon mitgeteilt, dass Sie an einem Kinderbuch arbeiten.«
    »Ach so«, sagt Siegfried und zuckt fragend die Achseln.
    Ich nicke heftig. Ja, du schreibst ein Kinderbuch. Auch wenn du das nicht glauben kannst.
    »Ja, natürlich«, sagt Siegfried. »Das Kinderbuch.«

    »Nun habe ich ein bisschen recherchiert, aber es gibt keinen namhaften Verlag, der das bestätigt.«
    Scheiße. Diese Hexe.

Weitere Kostenlose Bücher