Die Erfolgsmasche
kichern, quietschen und herumalbern.
Habe ich schon erwähnt, dass Toni, der Klon, natürlich auch einen festen Freund hat, der nun ebenfalls bei uns herumhängt? Er heißt Didi und ist auch sehr in Ordnung. Besser, sie hängen bei mir herum als unter der Salzachbrücke oder am Bahnhof.
»Inzwischen füttere ich vier junge Leute durch und räume hinter ihnen her«, seufze ich lachend. »Auf so eine Idee wären unsere Eltern nie gekommen.«
»Solange sie noch zu viert sind, mache ich mir keine Sorgen«, sagt Paulis Mama grinsend.
»Du weißt, dass meine Greta erst vierzehn ist?« Ich nehme erst mal einen Schluck Kaffee, um mich ein wenig zu entspannen.
»Ich hatte keine Ahnung!«, gesteht Maria. »Pauli sagt, sie sei sechzehn!«
»Ich halte es für meine Mutterpflicht, diese kleine Notlüge zu korrigieren!«
»Sie wirkt wirklich wie sechzehn. So reif, erwachsen und vernünftig.«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Spricht sie von meiner Tochter?
»Da wird in den nächsten Jahren auf keinen Fall etwas laufen«, sage ich mit warnendem Unterton. »Bei mir zu Hause habe ich die Verantwortung, und wenn sie hier auf dem Land sind, bist du gefragt. Ist das ein Wort unter Müttern?«
Maria grinst. »Du kannst dich auf mich verlassen. Pauli liebt Greta viel zu sehr, um sie zu etwas zu drängen. Es ist ihm richtig ernst mit ihr. Er redet von nichts anderem mehr.«
»Wie ernst es so jungen Menschen sein kann mit ihren Gefühlen«, sage ich versonnen, während ich mir noch ein zweites Stück von dem köstlichen Kuchen einverleibe. »Wenn auch wir sie und ihre Gefühle ernst nehmen und ihnen ganz unauffällig zur Seite stehen, bleibt so eine erste Liebe unvergesslich.«
»Ja, so etwas vergisst man nie«, stimmt Maria mir bei.
Dann kommen wir auf uns selbst zu sprechen. Wir sind beide alleinerziehend, wobei sich Maria gerade wieder frisch verliebt hat. In den Mathe-Nachhilfelehrer ihres Sohnes Pauli. Sie wird ganz rot und bekommt leuchtende Augen, als sie mir von Walter erzählt. Er ist schon pensioniert und lebt drei Häuser weiter unten am See. Seit Jahren kommt er nun schon ins Haus und paukt mit Pauli Mathe, aber erst vor drei Wochen hat es bei ihnen beiden gefunkt. Er hat ihr geholfen, ein paar schwere Vorhänge aufzuhängen, und dabei haben sie es auf einmal gemerkt! Dass sie sich schon lange lieben! Jetzt
sind sie ganz aus dem Häuschen vor Glück, wollen es aber noch vor Pauli geheim halten. Oh Gott. Verknallstufe rot. Sämtliche Liebesglocken bimmeln. Nur bei mir nicht.
Ich bin gerührt. So eine Frau von gut und gerne vierzig verliebt sich noch genauso wie eine Vierzehnjährige! Sie wirkt so jung und mädchenhaft, dass ich sie fast in den Arm nehmen will. Dabei kennen wir uns doch gerade erst zwei Stunden!
»Und du?«, fragt sie schließlich neugierig und rutscht noch etwas näher an mich heran. »Hast du einen Mann, den du liebst?«
»Einen virtuellen«, entgegne ich würdevoll. »Einen, den ich mir selbst erschaffen habe. In den bin ich allerdings ziemlich verliebt.«
»Selbst erschaffen?«, stößt sie fassungslos hervor.
Ich erzähle ihr, in welche Situation ich mich hineinmanövriert habe: »Unter einem männlichen Pseudonym haben meine Kolumnen plötzlich funktioniert! Ist das nicht aberwitzig?« Nervös streiche ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Und wie lautet es?« Maria hat sich aufrecht hingesetzt und sieht mich gespannt an.
»Sebastian Richter«, sage ich, nichts Gutes ahnend. »Warum?«
Daraufhin springt Maria mit hochrotem Kopf auf und läuft ins Haus.
Als sie wieder herauskommt, hält sie etwas in der Hand, das … das ist doch … Ich starre sie einen Moment lang an wie ein Schaf.
»Sein Autogramm«, sagt sie und legt es auf den Tisch.
»Sein Foto mit Unterschrift!« Sie schaut mich fragend an und verschränkt die Arme vor der Brust. »Den kannst du dir doch nicht ausgedacht haben!«
»Doch«, sage ich kleinlaut und spüre, wie ich rot werde. »Es tut mir leid, Maria, aber Sebastian Richter bin ich.« Mein rechtes Bein ist eingeschlafen, und ich fühle mich plötzlich wie gelähmt.
»Das kann doch nicht sein«, stößt sie ungläubig hervor. »Das Foto … ich meine, wo hast du das denn her?«
»Das habe ich einem alten, trotteligen Fotografen abgekauft. Und an den Verlag geschickt. Und Autogrammkarten davon anfertigen lassen. Aus nackter Existenzangst!« Ich schreie beinahe. »Ich muss doch meine Kinder ernähren!«
»Da bin ich aber ganz schön drauf reingefallen.«
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