Die Erfuellung
antworten, fuhr er fort. »Oben?«
»Ja.«
»Gott im Himmel! Es wird Ärger geben, das kann ich geradezu riechen. Nun, wir können nichts tun, nur beten. Jetzt aber fort mit dir, sei ein braves Mädchen.« Er tätschelte ihr die Schulter und schob sie weg. Linda ging folgsam ins Haus, um sich um das Abendessen zu kümmern.
Als sie nach Mrs Batley sah, fand sie die ältere Frau merkwürdig ruhig. Sie fragte nicht wie sonst, wie es im Haus und auf dem Hof lief, aber nach einer Weile sah sie Linda prüfend an. »Kümmern Sie sich nicht weiter um mich, mir geht es gut. Und ich bin durchaus in der Lage, aufzustehen und mir zu holen, was ich brauche. Gehen Sie ins Bett, Sie sehen todmüde aus. Das ist alles zu viel für Sie … Sagen Sie nichts!« Sie hob abwehrend die Hand. »Wir reden morgen über alles. Gute Nacht und Gott befohlen, Kind.«
Bei ihren freundlichen Worten war es um Linda geschehen. Blind vor Tränen tappte sie durch die Halle. Am liebsten hätte sie sich auf das große Sofa vor dem Kamin geworfen und ihrem Kummer freien Lauf gelassen.
Als sie sich gerade in der Küche die Augen trocknete, öffnete sich die Küchentür. Zu ihrer Überraschung war es nicht Shane, sondern Ralph Batley, den sie erst viel später erwartet hatte. Sie drehte ihm den Rücken zu und ging zum Schrank, aber noch bevor sie ihn öffnen konnte, hatte er die Hände auf ihre Schultern gelegt und sie zu sich herumgedreht. Die Zärtlichkeit in seiner Stimme hätte sie um ein Haar wieder zum Weinen gebracht, aber sie sah ihn nicht an.
»Mrs Cadwell verlässt uns morgen«, sagte er. »Wenn sie weg ist, will ich mit Ihnen reden, verstehen Sie das?«
Das Bild des Ateliers und das Geräusch des Schluchzens hinter der geschlossenen Tür war ihr noch lebhaft in Erinnerung, und so stimmte sie nicht einfach zu, wie sie es sonst getan hätte, sondern protestierte schwach. »Sie verlangen immer nur Verständnis!«
Eine kurze Pause folgte. »Ja, das stimmt wohl«, gab er dann zu. »Aber nur noch bis morgen!«
Sie spürte, wie sich seine Finger sanft in ihre Schultern gruben. Unter den Lidern sah sie, wie er näher kam, doch bevor sich ihre Körper berührten, ließ er sie los. Als sie den Kopf hob, stand er an der Tür und zog seine Jacke aus.
»Gehen Sie jetzt zu Bett«, sagte er. »Onkel und ich werden auch früh schlafen gehen.«
»Was ist mit …?«, rutschte es ihr heraus.
»Es geht ihr gut genug, um allein zu bleiben. Ich habe die Tür abgesperrt, niemand kann herein.«
Vielleicht nicht herein, aber heraus schon, dachte sie. Aber er wollte bestimmt nichts Schlechtes über Edith Cadwell hören. Und welchen Beweis hatte sie schon, bis auf die Schleifspuren im Staub?
»Ich habe nach Mrs Batley gesehen, und Michael ist im Bett. Im Ofen steht eine warme Mahlzeit, falls Sie Hunger haben. Gute Nacht.«
»Gute Nacht … Linda.«
Ein Gefühl wohliger Wärme durchströmte sie, als sie die Küche verließ. Sie wusste, dass er ihr nachsah. Während sie die Treppe hinaufging, kam er in die Halle und blickte zu ihr auf. Für einen Moment begegneten sich ihre Augen. Dann lehnte sie in ihrem Zimmer mit dem Rücken an der Tür und schloss die Augen. Ins Bett mit dir, bevor du erfrierst oder umkippst, rief sie sich schließlich selbst zur Ordnung.
Irgendwann hörte Linda in ihrem Traum eine Klingel, die immer weiterschrillte, bis sie die Hand hob und den Störenfried zum Schweigen brachte. Sofort versank sie wieder in einen tiefen, friedlichen Schlaf.
»Linda! Wach auf!«
»Was? Was ist los?« Als sie sich auf den Ellbogen stützte, sah sie in Michaels lächelndes Gesicht.
»Zeit aufzustehen! Es ist sieben Uhr!«
»Sieben Uhr!« Sie saß senkrecht im Bett. »Was ist mit dem Wecker?« Der lag auf dem Zifferblatt, und sie erinnerte sich schwach, dass sie ihn abgeschaltet hatte. »Oh, Michael. Lauf vor, ich komme gleich nach. Sind die anderen schon auf?«
»Ja.«
»Du liebe Zeit! Deine Großmutter auch?«
»Nein, die liegt noch im Bett. Sie hat gesagt, ich soll dich schlafen lassen, aber Onkel Shane hat mich geschickt.«
»In Ordnung, ich komme gleich … Ach, du liebe Zeit.« Während sie sich ankleidete, fragte sie sich benommen, wie es möglich war, dass sie derart verschlafen hatte. Nun, für sie war es keineswegs lebenslange Gewohnheit, um fünf Uhr aufzustehen.
Als sie nach unten kam, lief Michael zwischen Küche und Halle hin und her. Der Tisch war ein wenig eigenwillig angerichtet.
»Ich habe den Tisch gedeckt und das Geschirr
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