Die Erfuellung
vom Abendessen gespült«, rief ihr der Kleine zu. »Danach gehe ich mit Onkel Shane auf die obere Weide, und wenn sich der Nebel auflöst, darf ich nach unten zum Boot. Gibt es Speck?«
Linda wurde klar, dass Shane alles tat, um den Jungen von der Scheune fernzuhalten.
»Ja«, erwiderte, »ich brate gleich den Speck. Danke, dass du den Tisch gedeckt hast, ich kümmere mich um den Rest. Wo ist dein Onkel Ralph?«
»Keine Ahnung, irgendwo unterwegs. Ich hab ihn noch nicht gesehen, seit ich aufgestanden bin.«
Linda begegnete Ralph Batley erst eine halbe Stunde später, als er mit starrem Gesicht in die Küche kam. Er hielt sich nicht mit langen Vorreden auf.
»Der Mensch denkt, und Gott lenkt. Ich muss entweder Doktor Morgan oder die Cadwells holen.«
»Warum den Arzt?«, fragte Linda gedrückt.
»Sie hat Temperatur, weit über achtunddreißig Grad.«
Am liebsten hätte sie vorgeschlagen, die Cadwells anzurufen, aber sie hielt sich zurück. »Haben Sie mit Ihrem Onkel gesprochen?«, fragte sie stattdessen.
»Nein. Ist er hier?«
»Noch nicht.«
Sie saßen beim Frühstück, als Shane hereinkam. Dem alten Mann war in diesen Tagen nicht nach munteren Sprüchen zumute. Er hatte gerade seinen Platz eingenommen, als sich die Köpfe aller zur Vordertür drehten. Seit Linda im Haus war, hatte es nicht einmal an der Tür geklingelt. Sie konnte sich nicht erinnern, dass diese geöffnet worden war, seit sie selbst am Abend ihrer Ankunft dort hereingekommen war.
»Soll ich hingehen?«, fragte sie.
Ralph Batley stand auf und sah in Richtung Tür.. »Nein, ich kümmere mich darum.«
Sie sahen ihm nach, wie er durch die Glastür zur Diele ging. Dann wurden die Riegel zurückgeschoben und die Kette abgenommen, und schließlich öffnete sich die Glastür erneut. Die eindrucksvolle Gestalt von Mrs Cadwell betrat die Halle.
Shane sprang auf. Ralph Batley ließ seine Besucherin für einen Augenblick stehen und schloss die Tür zum Zimmer seiner Mutter, ohne deren scharfe Frage zu beantworten.
»Setzen Sie sich«, sagte er ruhig und bot ihr einen Stuhl an.
Das Gesicht der hoch gewachsenen Frau war aschfahl. Sie schüttelte den Kopf und sah ihn prüfend an. »Ich suche meinen Sohn, Ralph.«
Er sah für einen Moment zu Boden, bevor er Mrs Cadwells durchdringenden Blick erwiderte.
»Weißt du, wo er ist?«
»Nein, Mrs Cadwell, das weiß ich nicht.«
»Er wollte letzte Nacht herkommen.«
»Ich habe ihn nicht gesehen.«
»Er ist nicht zurückgekehrt. Als er aus dem Haus ging, war er völlig außer sich. Wir haben auf ihn gewartet, aber er ist nicht gekommen. Schließlich hat sein Vater angefangen, ihn zu suchen. Rouse und er waren praktisch die ganze Nacht draußen. Ralph, wenn du irgendetwas weißt, dann sag es mir, um Gottes willen. Er war nicht er selbst, er war halb wahnsinnig …«
»Was ist hier los?«
Mrs Batley stand in der Tür ihres Zimmers und zog ihren Morgenmantel eng um sich. Dann ging sie mit langsamen Schritten auf Mrs Cadwell zu und wiederholte: »Was ist los?«
»Hallo, Maggie. Ich …« Mrs Cadwells Stimme war sehr leise. »Es tut mir Leid, dass du krank bist. Ich … ich komme wegen Bruce.«
»Bruce?« Mrs Batley warf ihrem Sohn einen fragenden Blick zu. Dann richteten sich ihre wachen Augen erneut auf die Besucherin. »Was ist mit Bruce? Warum bist du hier?«
»Setz dich, Mutter.« Ralph Batley nahm seine Mutter am Arm, um sie zu einem Stuhl zu führen, aber sie schüttelte ihn fast grob ab.
»Lass mich. Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass da etwas im Busch ist. Ich will wissen, was los ist.«
Nun meldete sich Shane zum ersten Mal zu Wort. »Bruce Cadwell sucht seine Frau, Maggie. Er denkt, sie wäre hier.«
»Gütiger Himmel!«, rief Mrs Batley aus. Ralph Batley warf seinem Onkel einen warnenden Blick zu, worauf sich der alte Mann wortlos abwandte und zum Kamin ging »Hast du davon gewusst?« Mrs Batley sah ihren Sohn an. Er zögerte mit der Antwort.
»Ja. Rouse war vor ein paar Tagen hier und hat es mir erzählt, und gestern Abend hat Mrs Cadwell angerufen. Aber ich habe … Bruce nicht gesehen.« Der Name schien ihm nur schwer über die Lippen zu kommen. Linda erwartete halb, dass Mrs Batley nun nach Edith fragen würde. Stattdessen meldete sich Mrs Cadwell zu Wort.
»Er ist ohne Jacke aus dem Haus gegangen, nachdem der Brief unter der Tür durchgeschoben wurde. Es war schon spät. Ich … ich dachte, er wäre von dir.« Sie sah Ralph Batley an.
»Ein Brief von mir an Bruce?«,
Weitere Kostenlose Bücher