Die Erlösung der Frauen (German Edition)
einzusehen, dass sie keine Ahnung hatte. Sie glaubte, den Werken nahe zu sein, nur weil sie Film studierte (also ja selbst "Künstlerin" war) und weil sie eine Oma in Thessaloniki hatte (also ja selbst "Griechin" war).
Donald ging dieser peinlichen Inszenierung aus dem Weg, indem er sich im vollkommen überfüllten Botticelli-Saal unbemerkt absetzte, um die Amerikanerinnen zu suchen. Natürlich hielt er dabei aber weiterhin seine Tarnung als einfacher Museumsgast aufrecht, schlenderte gemächlich durch die Räume und überflog die Kunstwerke.
Vor Cranachs Adam und Eva blieb er eine Weile stehen. Das Bild gefiel ihm. Es glänzte, wirkte unanständig, die Körper der beiden sahen aus wie eingeölt. Sie waren vollkommen unbehaart und auch sonst in ihrer Erscheinung seltsam modern. Eva hielt den Apfel mit ausgestrecktem kleinen Finger, wie ein Champagnerglas. Sie hatte einen kleinen Kopf mit kleinem Puppenmund wie ein Fotomodell (wenn auch mit recht hoher Stirn und ziemlich missratenen Ohren). Ihre Augenbrauen zeigten zur Mitte hin nach unten, was ihr einen diabolischen Blick verlieh. Sie schien voller Hass zu sein, ließ es sich aber nicht anmerken. Adam dagegen war ein schöner Jüngling mit dünnem Vollbart, dem man so auch in einem Berliner Schwulenclub hätte begegnen können. Er blickte Eva ratlos an und kratzte sich dabei am Kopf, schien aber von der versuchten Verführung auch ein wenig gelangweilt zu sein.
He doesn't really know what to do, does he?
Donald blickte zur Seite und sah eine junge Amerikanerin (zwar keine aus der Gruppe von vorhin, aber immerhin). Auf den ersten Blick war sie eher unscheinbar und strahlte eine gewisse Zurückhaltung aus, so dass Donald nicht davon ausging, dass sie ihn angesprochen hatte. Aber bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass sie ihm zulächelte. Es war kaum spürbar, nur eine winzige Regung der Mundwinkel. Nun fiel ihm auch auf, dass ihre Oberlippe sehr schön geschwungen war. Sie hatte eine dickliche Knollennase und einen leichten Silberblick. Ihre Stirn war etwas von Akne gezeichnet, an Hals und Kinn setzten ein paar dunkle Muttermale deutliche Akzente, ihre haselnussbraunen Haare waren sehr gepflegt und hingen glatt und glänzend über die Schultern herunter. Sonderlich hübsch war sie nicht, aber auch nicht unbedingt hässlich. Sie war irgendwie ganz normal.
Donald wusste nicht wirklich, was er sagen sollte. Zudem war sein Englisch miserabel.
What?
I was saying that he doesn't really know what to do.
Sie zeigte auf Adam und Donald verstand nun. Er hatte das ja auch schon festgestellt.
He doesn't.
Die Amerikanerin lächelte. Donald blickte flüchtig an ihr herab und bemerkte, wie langweilig und unsexy sie angezogen war. Es war regelrecht auffallend. Sie trug eine Jeans, weiße Turnschuhe, einen grauen Kapuzenpulli und darunter einen bunten Wollschal. Er hatte aber keine Zeit, genauer hinzusehen, da sie ihm erneut eine Frage stellte.
And what about her?
Donald musterte Eva: Ihren runden Kopf, ihr viel zu tief sitzendes Ohr, ihren bösen Blick. Er wusste alles über sie. Sie hasste Adam, weil er unentschlossen war, weil er sich Gott unterordnete anstatt sich die Welt zu gewinnen. Und sie hasste ihn, weil er sie nicht ausreichend begehrte, weil er ihr nicht hörig war, sondern frei. Und sie langweilte sich im Garten Eden und sie hasste Adam, weil er nichts tat, sie zu unterhalten und ihre Langeweile zu vertreiben. Sie reichte ihm den Apfel im besten Wissen um die Konsequenzen. Sie wollte Krieg!
Donald erwähnte nichts dergleichen und fasste sich kurz.
She is a ... nymphomaniac.
Die Amerikanerin lachte.
You think so?
Her eyes are very close ... to each other. Like yours.
Oh really? This is exciting. Tell me more about it.
If the eyes are very close to each other ... the woman normally is a nymphomaniac. And she also has very thin lips. That means that there is'nt enough lip ... to feel the kissing. And that also makes her a nymphomaniac. She always needs more because she never feels enough. You understand?
You seem to know a lot about women.
Yes.
Sie wurden von einem muskulösen blonden Typen in einem weißen T-Shirt unterbrochen, offenbar ihre Reisebegleitung. Er sah aus wie ein Kaugummiautomat.
Have you checked out the Botticelli room yet?
I haven't. Where is it?
Sie lächelte Donald noch einmal zu und verschwand dann mit ihrem Begleiter im Nebenraum. Kurz darauf erschien auch Alexia und beschwerte sich, dass er sie allein gelassen hatte. Donald
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