Die Erlösung der Frauen (German Edition)
die Straße für den Verkehr gesperrt ist, diese peruanischen Panflötenspieler mit ihren farbenfrohen Ponchos. In einer alles übertönenden Lautstärke hallt dann der nervtötende Indio-Sound über die Ruinen des Forum Romanum und dabei kommt ein gewisses Popcorn-Gefühl auf, eine unbequeme Intuition, dass man sich hier in einer künstlichen Welt befindet. Die überall herum laufenden Gladiatoren mit ihren Plastikschwertern und unzählige Straßenverkäufer vom indischen Subkontinent, die je nach Witterung Sonnenbrillen, Regenschirme oder Flutschgummis verkaufen, verstärken noch das Befremden, das einen aufmerksamen Beobachter überkommt, wenn er völlig unvorbereitet durch Roms Innenstadt spaziert. Auch hier erinnert alles eher an Disneyland: Die Welt als Erlebnispark, das Kulturerbe als Landschaftsidyll – man genießt die Kulisse und erinnert sich an Sandalenfilme.
Donald hatte sehr schnell begriffen, dass Rom noch schlimmer war als Florenz und daher hatte er auch nicht vor, sich weiter an den touristischen Aktivitäten seiner Mitreisenden zu beteiligen. Überdies hatte er längst den richtigen Ort zum Verweilen gefunden: Eine kleine Eisdiele in Monti, wo eine dralle Sizilianerin bediente mit einem sehr breiten und sehr flachen Gesicht, das aussah, als hätte man es einfach mit einem Lumpen glatt gewischt. Auch wenn das vielleicht nicht sehr vorteilhaft klingt, war sie in Wahrheit außerordentlich hübsch. Auf der Straße vor der Eisdiele gab es ein paar Plastiktische und an einem dieser Tische saß Donald nun jeden Tag, meist über mehrere Stunden hinweg und er beobachtete die junge Kellnerin bei der Arbeit. Er studierte jede einzelne Bewegung bis in die Fingerspitzen, bis ins leiseste Zucken der Mundwinkel, ins leiseste Zwinkern der Augen, ihren stolzen, schwungvollen Gang, ihre dunkelbraunen, glatten und schweren Haare, die sich bei jeder Bewegung leicht zur Schwerkraft hin senkten wie ein Pendel. Er war glücklich, wenn sie sich etwas bückte, um einen Tisch abzuwischen und er den verheißungsvollen Schatten zwischen ihren Brüsten begutachten konnte. Wenn sie einem Kunden zulächelte, den sie kannte und mit diesem ein paar Worte wechselte, dann war es Donald, als würde sie in Wahrheit ihm zulächeln. Sie war vollkommen natürlich, bodenständig, sehr weiblich, etwas dümmlich, aber schön. Sie war eine dieser Frauen, die man sofort heiraten würde – natürlich nur als romantische Idee, nicht in letzter Konsequenz.
Donald genoss es, dass er sie nicht ansprechen würde, dass sie nicht miteinander reden würden, egal wie oft er noch in ihrer Eisdiele saß. Sie war zu fern, sie war eine römische Göttin, ein unantastbarer Engel, sie war allein für seine Phantasie.
Hin und wieder liefen auch Prostituierte vorbei, auch am hellichten Tag, mit sichtbar aufgespritzten Froschlippen, tropfendem Make-Up und heraushängenden Titten. Ja, die ganze Stadt war erfüllt von einer geheimnisvollen Erotik, die ganze Stadt war eine einzige riesige Titte, die man anfassen wollte und an der man lutschen wollte, aber am Ende war sie doch aus Stein, auch die Frauen waren aus Stein oder sie waren nur Schatten seiner lüsternen Ideen, wenn man sie zu greifen suchte, lösten sie sich auf.
Ganz anders verhielt es sich mit Catherine. Sie ließ keinen Moment aus, ihm ihren Körper hinzustrecken. Sie berührte ihn so oft sie konnte, suchte Hautkontakt wie ein Magnet, vor allem wollte sie seinen Schwanz. Donalds anfängliche Sorge, dass sie mit dem mitreisenden Bodybuilder liiert war, löste sich sehr schnell in Luft auf. Sowohl den als auch das andere Mädchen hatte sie erst auf der Reise kennen gelernt. Donald war ja nie viel unterwegs gewesen und das Konzept des travelling war ihm vollkommen fremd. Er erfuhr nun, dass es Leute gab, die innerhalb von vier Wochen durch ganz Europa reisten und dass diese das Reisen als eine Form der Freiheit zu erleben glaubten. Obendrein war für diese Amerikaner der ganze europäische Kontinent ein einziges Museum, ein Puppenhaus, ein Zirkus. Donald war sehr überrascht von der perversen Begeisterung über sinnlose Details wie vergoldete Türklinken, Marmorböden und Stuck. Diese Leute waren ständig in Wallung, was umso seltsamer war, da ihr Grundzustand eher phlegmatisch wirkte. Noch beim Frühstück waren alle immer sehr schweigsam und träge, abwesend und desinteressiert – da erinnerten sie an friedlich grasende Kühe. Auch untertags drohten sie immer wieder in diesen Zustand
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