Die Ernaehrungsfalle
Margarine, aber auch → Fast Food, Crackers und dergleichen enthalten sind. Unilever ist auch beim → Codex Alimentarius aktiv, dem weltweit wichtigsten Gremium, das die Standards und Regeln in Sachen Lebensmittel setzt.
Der Konzern setzte sich im Branchenverband der europäischen Lebensmittel- und Getränke-Industrie CIAA gegen eine allzu genaue Deklaration von Inhaltsstoffen ein. »Selbst wenn es möglich wäre, alle potenziellen → Allergene zu identifizieren«, so meinte ein Unilever-Vertreter, »würden die Informationen auf dem → Etikett so kompliziert werden, dass es für den Verbraucher erst recht schwierig wäre, das auszumachen, was wirklich wichtig ist.« Man könne schließlich nicht die Vorschriften, die für alle gelten, an den Anforderungen einer empfindsamen »Minderheit ausrichten«. Unilever ist auch beteiligt an der Optimierung natürlicher Rohstoffe für die Abläufe in den Food-Fabriken.
Bisweilen müssen sich die Techniker ihre Rohstoffe schlicht deshalb selber basteln, weil die fragilen Naturerzeugnisse den harten Alltag in der Fabrik nicht aushalten. Vor allem »weichere Früchte wie Erdbeeren oder Himbeeren«, sagt der Forschungsleiter des Unilever-Konzerns, können bei maschineller Verarbeitung »leicht zermatschen«. Sein Konzern hat deshalb ein Verfahren erfunden, mit dem laut Patentschrift Nummer DE 216271 C2 »die Absicht verfolgt wird, natürliche Früchte vorzutäuschen«. Dazu werde »Fruchtmaterial«, etwa »Himbeerabfälle« oder ausgepresste Reste von Beeren, mit einem Gelee aus Algenextrakt, Geschmacks- und → Farbstoffen zu einem bissfesten Etwas rekonstruiert. Diesen »simulierten → Früchten « (Patentschrift) kann weder die Backhitze noch das »Eindosen« etwas anhaben. Der Unilever-Konzern versichert indes, das Patent niemals ausgenutzt zu haben.
Öffentlich in Kritik geriet der Konzern beispielsweise durch eine Kampagne der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch: Die Konsumentenschützer kritisierten die Werbung für das Pesto »Bertolli Pesto Verde«, das Unilever als »Klassiker nach original italienischer Rezeptur« bewirbt, der »nur aus erlesenen, hochwertigen Zutaten« zubereitet werde: »Aromatisches Basilikum, Grana Padano Käse (italienischer Hartkäse), Pinienkerne und BERTOLLI extra vergine Olivenöl«. Foodwatch monierte: Gerade die gesunden Bestandteile »Pinienkerne und Olivenöl sind nur in winzigen Alibi-Mengen enthalten«, jeweils etwa zwei Prozent. Unilever rechtfertigte sich: Als »Massenkonsumgüterhersteller« wolle der Konzern »möglichst vielen Verbrauchern bezahlbare Markenartikel anbieten«, und ein »wirklich traditionell italienisches Pesto« (Unilever) würde in vergleichbarer Größe »zwischen acht und neun Euro kosten«. Überdies müsse das wertvolle Olivenöl leider weitgehend durch Sonnenblumenöl ersetzt werden - aus Haltbarkeitsgründen: Denn das »hauptsächlich verwendete Sonnenblumenöl verhilft dem Pesto zu einer besseren Stabilität während der langen Lager- und Verbrauchszeit.« Der Fall ist für Kritiker ein Beleg dafür, dass die wichtigsten Kriterien
der Industrie-Nahrung - niedriger Preis und lange Haltbarkeit - Qualität und Nährwert einschränken.
Verbrauchertäuschung
Verbrauchertäuschung war früher ein streng geahndetes Vergehen. Im Mittelalter wurden → Weinpanscher mancherorts sogar mit dem Tode bestraft. Heute ist Verbrauchertäuschung eigentlich in ganz Europa gesetzlich verboten. Das Verbot wird allerdings nicht allzu eng gesehen. Die industriellen → Aromen beispielsweise, die gar keinen anderen Daseinszweck haben als die Verbraucher zu täuschen, sind weitverbreitet. Wer sie einsetzt, handelt mit Duldung der Behörden. Auch zahlreiche Schummelprodukte, wie aromabasierter »Früchtetee« oder sogenannter »Analogkäse« (→ Käse ), können vertrieben werden, ohne dass die Hersteller oder Verkäufer Strafen riskieren.
Von der Geschmacksfälschung sind in erster Linie industriell hergestellte Nahrungsmittel betroffen. Von der → Tütensuppe bis zum Eis, vom Kuchen bis zum → Kartoffelpüree , vom Fruchtjogurt bis zum → Wein - all das darf mit Aroma aufgehübscht werden. Der Frankfurter Rechtsgelehrte Professor Wolf Paul sieht in der massenhaften Geschmacksmanipulation einen Angriff auf die »kulinarische Selbstbestimmung« des Menschen. Die Esser glauben, sie verleiben sich Früchte, Fleisch, Schokolade ein, in Wahrheit sind es bloß chemische Stellvertreter der Genüsse. Der Leib geht leer aus,
Weitere Kostenlose Bücher