Die Ernaehrungsfalle
kurzerhand verboten. Begründung: Das norwegische Volk erhalte bereits genug Vitamine und Mineralien auf anderen Wegen, außerdem gebe es über die Langzeitwirkung von Vitaminzusätzen keine gesicherten Erkenntnisse.
Eindrucksvoll, aber noch eher harmlos war ein Vorfall in Großbritannien: Dort verfärbten sich Kinder plötzlich gelb. Sie hatten mehr als einen Liter von der Limonade »Sunny Delight« getrunken. Dieser → Soft Drink enthält große Mengen an → Beta-Carotin , das nicht nur als Vitamin wirkt, sondern in der Lebensmittelindustrie gerne als preiswerter → Farbstoff eingesetzt wird. In einer amerikanischen Kantine verfärbten sich einmal die Gesichter der Gäste rot wie Treibhaustomaten. Der Grund: In der Gulaschsuppe befand sich die zwölffache Dosis dessen, was die → Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Tagesbedarf an Niacin empfiehlt. Bedenklicher schon ist, dass immer mehr Ärzte in Europa und den USA von Nierensteinen bei Patienten berichten, die täglich mehr als 1,5 Gramm → Vitamin C geschluckt haben. In den USA erlitt ein 62 Jahre alter Mann mit fortgeschrittener Arteriosklerose einen Schlaganfall, weil er gleichzeitig mit einem blutverdünnenden Medikament 2 Gramm Vitamin C pro Tag geschluckt hatte. Die extrem hohen Vitamindosen haben das Medikament außer Kraft gesetzt. Es häufen sich auch Fälle von Bluthochdruck infolge der Einnahme von → Vitamin-E-Präparaten. Hohe Vitamindosen können sogar Hirnschäden auslösen: In den USA und Europa leiden immer mehr Menschen unter »sensorischer Neuropathie«. Sie verlieren jegliches Gefühl für ihren Körper, werden gewissermaßen körperlos, wachen nachts auf und erkennen etwa ihr eigenes Bein nicht mehr. Die meisten dieser Patienten
haben, so der amerikanische Neurologe Oliver Sacks, Unmengen an Pyridoxin (Vitamin B 6) geschluckt. Der deutsche Hersteller Stadapharm aus Bad Vilbel warnt im Beipackzettel für sein Vitaminpräparat »Neuro Stada uno«: »Bei einer täglichen Einnahme von 1 g Vitamin B 6 über einen Zeitraum vob zwei Monaten können Beeinträchtigungen zentralnervöser Funktionen auftreten.«
Merkwürdigerweise können Vitaminüberdosen auch zu Vitaminmangel führen, beispielsweise bei Neugeborenen. So brachten zwei amerikanische Frauen Vitamin-C-abhängige Kinder zur Welt, weil sie in der Schwangerschaft hoch dosierte Vitaminpräparate eingenommen hatten. Die Kinder bekamen - obwohl ausreichend mit Vitamin C versorgt - Skorbut, die typische Vitamin-C-Mangelerkrankung, weil ihr Körper Probleme damit hatte, sich außerhalb des Mutterleibs mit den normalen Vitaminwerten des Alltags zu arrangieren.
Weil eine amerikanische Molkerei Anfang der Neunzigerjahre versäumte, ihre → Vitamin-D-Zusätze gleichmäßig in der Milch zu verrühren, kam es zu Todesfällen und millionenschweren Schadenersatzforderungen. Und im Jahr 2001 wurden im indischen Assam über 3000 Kinder krank, nachdem sie zur Vorbeugung gegen Blindheit mit einem Spezialsirup aus → Vitamin A versorgt worden waren. 15 von ihnen starben. Die genaue Ursache konnte nicht geklärt werden.
Auch die für Schwangere empfohlene → Folsäure hat Nebeneffekte. Sie fördert die sogenannte »Adhäsion«, das Anhaften von Embryonen: Die bei Gynäkologen so beliebten Folsäurepillen erhöhen also unter Umständen die Wahrscheinlichkeit für Zwillingsgeburten. Außerdem können sie, zu lange genommen, das Risiko für Asthma erhöhen. Gefährlicher für das ungeborene Leben ist Vitamin A. Hohe Dosierungen dieses Vitamins provozieren Missbildungen beim Kind, die einige Ärzte an die Contergan-Katastrophe erinnern.
Wer Vitamine und Mineralstoffe im Kombi-Pack über Pillen zu sich nimmt, kann, so eine Studie des US-Internisten Max Horwitt, eher an Herzinfarkt oder Krebs sterben als seine Mitmenschen. Auch bei Rauchern, so ergaben Studien in Finnland und Amerika, kann synthetisches
Provitamin A oder auch Beta-Carotin das Risiko für Lungenkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen wider Erwarten erhöhen. Und selbst Vitamin C, im Übermaß genossen, kann zu Krebs führen und das Erbgut schädigen, wie neuere Untersuchungen ergaben. Mehrere internationale Studien kamen zu dem Schluss, dass weder Beta-Carotin-Pillen noch die Vitamine A, C und E, als Pulver oder Pillen genommen, vor Krebs und Herzinfarkt schützen. Die vorgeblichen Wirkungen waren nur im Labor bewiesen worden, im wirklichen Leben blieben sie aus. Der dänische Mediziner Christian Gluud hat mit seinem Team vom
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