Die Ernaehrungsfalle
Wildente, alles aufs Milligramm genau, selbst bei den außergewöhnlichsten Spezereien. Nur: Das Naheliegende wurde nicht untersucht. Milchpulver von Milupa (→Säuglingsnahrung), → Babygläschen von Hipp und Alete, → Cola , Fanta, Milchschnitte. Um die moderne Welt machte die Verzehrsstudie einen großen Bogen.
Auch die sogenannte Nationale Verzehrsstudie II, veröffentlicht im Jahr 2008, umging das Thema sorgsam. Die Studie beklagte unter anderem den »vergleichsweise hohen Verbrauch an Streichfetten« in den östlichen Bundesländern. Und lobte: »Am sparsamsten gehen die Frauen aus Nordrhein-Westfalen mit den Streichfetten um (17 g/ Tag).« Sie beschäftigte sich auch liebevoll mit längst untergegangenen Küchenkulturen (»Jede Region hat ihre eigene Suppenkultur«). Vor der modernen Hühnersuppe aus der Tüte und ihren chemischen Zutaten verschließt die Studie jedoch konsequent die Augen. Die Mitarbeiter der Verzehrsstudie beklagten auf Anfrage die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Nahrungsindustrie und den verbreiteten Unwillen, die Chemikalien in den Rezepturen preiszugeben. Das Berliner Verbraucherministerium verwies zudem darauf, dass die Rezepturen häufig das »Betriebsgeheimnis« der Hersteller seien.
Die Bundesrepublik Deutschland müsste eigentlich nach einer EU-Vorgabe seit dem Jahr 1995 eine Statistik über die Verzehrsmengen von Zusatzstoffen aufstellen. Doch die Bundesregierung sträubt sich hartnäckig dagegen. Die Industrie fürchtet Verbote und Verbrauchsbegrenzungen. Nachdem ein Bericht der EU-Kommission teilweise alarmierend hohe Verzehrsmengen und Überschreitungen des → ADI -Werts, der akzeptablen Dosis, bei problematischen Zusatzstoffen ergeben hatte, hat die Nahrungsindustrie daher ihre Lobbybemühungen verstärkt, um den Zustand des offiziellen Nichtwissens weiter aufrechtzuerhalten. Das geht aus Branchenpublikationen hervor. Das
Kunstnahrungs-Fachblatt International Food Ingredients riet der Branche: »Alle interessierten Zusatzstoffhersteller«, deren Produkte den ADI-Wert überschritten, sollten »versuchen, ihre Produkte aus dieser Abteilung entfernen zu lassen«. Das »Hauptrisiko«, so das Fachblatt, seien gesetzliche »Begrenzungen bei einzelnen Zusatzstoffen«.
Vion
Vion ist einer der größten Fleischkonzerne Europas. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Holland und zahlreichen Tochterfirmen auch in Deutschland macht jährlich einen Umsatz von mehr als sieben Milliarden Euro. Der Konzern beliefert deutsche Supermärkte mit → Schnitzeln und Burger King mit Fleisch für die Bulettenproduktion. Vion schlachtet zwei Millionen Lämmer, 1,2 Millionen Rinder und 18 Millionen Schweine pro Jahr - insgesamt über zweieinhalb Millionen Tonnen Fleisch. Eine Tochterfirma des heutigen Vion-Konzerns beliefert auch namhafte Produzenten von → Heimtierfutter . Sie kam vor Jahren in die Schlagzeilen, weil sie → Klärschlamm zu Tierfutter verarbeitet hatte.
Vion ist jener riesige, weitverzweigte Konzern, den eigentlich jeder kennen müsste, der größte Fleischvermarkter Europas, Branchenführer in Deutschland und einer der größten Lieferanten von Rohstoffen fürs Tierfutter. Der Fleisch-Multi hat sich auch deutsche Fleischkonzerne einverleibt, Südfleisch beispielsweise und den bayrischen Fleischriesen Moksel, die Pommersche Fleischwaren Anklam und die ehemalige Norddeutsche Fleischzentrale in Bad Bramstedt. Die Vion-Tochterfirmen beliefern die Fast-Food-Kette Burger King und verkaufen an deutsche Supermärkte abgepacktes Fleisch unter der Marke Food Family. Auch → Biofleisch hat die Firma im Programm, (»Bio Beef Stix oder Bio Chik’n Wings«), manches sogar mit → Naturland-Siegel .
Die → Schlachtabfälle vermarktet der Konzern ebenfalls gewinnbringend, etwa über die zum Konzerngeflecht gehörende Firma Rendac,
einen Tierkörperbeseitigungsanlagen-Konzern, der in → Belgien und den Niederlanden tätig ist. Es ist eine Firma, die sich auf das Einsammeln von Resten aus der Nahrungskette spezialisiert hat. In Holland hat sie sogar ein Monopol auf das Einsammeln toter Tiere, auch der Haustiere und der Tiere, die beim Tierarzt eingeschläfert wurden - man kann sie sogar übers Internet melden (»Melden kadavers«), dann kommt der Rendac-Lkw und holt sie ab. Rendac geriet vor einigen Jahren in den Strudel eines Skandals: Die Firma hatte damals Klärschlamm aus Schlachthäusern zu Tierfutter verarbeitet, 5000 Tonnen pro Jahr. Das war nicht ungewöhnlich, das praktizierten
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