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Die Ernaehrungsfalle

Titel: Die Ernaehrungsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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»Himbeerabfälle« oder ausgepresste Reste von Beeren, mit einem Gelee aus Algenextrakt, Geschmacksund → Farbstoffen zu einem bissfesten Etwas rekonstruiert. Diesen »simulierten Früchten« (Patentschrift) kann weder die Backhitze noch das »Eindosen« etwas anhaben. Allerdings: Der Unilever-Konzern versichert, das Patent niemals ausgenutzt zu haben.
    Die Firma Ocean Spray, ein amerikanischer Zulieferer der Nahrungsindustrie, bringt seine Erfindungen hingegen tatsächlich in die Nahrungskette. Sie hat ein ganzes Sortiment von Designerfrüchten entwickelt. Ein Prospekt der Firma zeigt prall und glänzend eine Kirsche, eine Himbeere, eine Erdbeere, eine Heidelbeere. »Unsere Fruchtstückchen mit natürlichem Fruchtaroma schmecken so gut wie erwartet«, verkündet der Prospekt: »Sie sind nur etwas vielseitiger.« Denn: »Sie haben die Farbe der Früchte, das Aussehen der Früchte, und sie schmecken wie die richtigen Früchte. Aber sie sind viel stabiler und belastbarer als die richtigen Früchte.« Das liegt daran, dass es sich um ganz andere Früchte handelt: Cranberries, eine Art Preiselbeeren.
Die sind robuster, und dass sie nicht schmecken wie Erdbeeren oder Kirschen, kann korrigiert werden: Mit einem »patentierten Verfahren« werden die Preiselbeeren mithilfe von »natürlichen Fruchtaromen« sozusagen umgeschult, sodass sie später, etwa in Backwaren, als Erdbeeren, Kirschen, ja sogar als Pfirsiche und Orangen auftreten können: »Selbst Produkte, die bei der Herstellung rigorosen Verarbeitungsbedingungen ausgesetzt sind«, könnten Geschmack und Anmutung »von natürlichen Pfirsichen und Orangen behalten, damit den Verbrauchern das Wasser im Munde zusammenläuft«.
    Öffentlichkeit und Lebensmittelkontrolle haben sich an solche Mutationen gewöhnt. Vor einiger Zeit sorgten solche Praktiken noch für eine gewisse Empörung. So berichtete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts über simulierte Früchte aus der Heidelberger Firma Rudolf Wild, einem der größten Zulieferer der Nahrungsindustrie und mit ihrem eigenen Produkt »Capri Sonne« auch sehr erfolgreich im → Supermarkt vertreten. Der Spiegel enthüllte 1996 nachweisbare Verfehlungen, vor allem hinsichtlich der Fruchteinwaage: Zum Beispiel, so belegten »interne Firmendokumente« ( Spiegel ), bestellte die Molkerei, die die Wild-Erzeugnisse unter anderem in ihre »Landliebe«-Produkte rührt, im Jahre 1993 eine Fruchtzubereitung, die 70 Prozent Aprikosen enthalten sollte. Doch das, was »da am 14. September bei Wild zusammengemischt wurde«, enthielt, wie der Spiegel herausfand, »keine einzige Aprikose«, nur den billigeren Pfirsich und dazu Aprikosenaroma. Auch eine Mixtur für die Kinderlieblingsnahrung »Fruchtzwerge« von Danone, Geschmacksrichtung Erdbeere und Banane, enthielt keineswegs die vertraglich vereinbarten 40 Prozent Fruchtanteil, sondern nur die Hälfte.
    Mitunter werden die Früchte auch mithilfe von industriellen → Aromen simuliert. Die zuständigen Behörden halten das nicht für → Verbraucher-täuschung , weil auf dem Etikett durch die Bezeichnung »Aroma« auf die Simulation hingewiesen werde.

Fruchtzubereitungen
    Für industrielle → Milchprodukte , wie Joghurt oder Eiscreme, sind echte Früchte untauglich, aufgrund ihrer natürlichen Konsistenz und ihrer Verderblichkeit. Sie werden daher ersetzt durch Fruchtzubereitungen. Allein in Deutschland werden jährlich über 500 000 Tonnen produziert. Fruchtzubereitungen enthalten neben Früchten allerlei → Zusatz stoffe, die für Geschmack und Haltbarkeit sorgen. In der Fruchtzubereitung muss der Mindestfruchtanteil nur bei 30 Prozent liegen, im fertigen Produkt bei lediglich 3,5 bis sechs Prozent.
    Die Fruchtzubereitungen enthalten typischerweise neben den Früchten → Zucker , Verdickungsmittel, wie etwa → modifizierte Stärke, → Pektin, → Johannisbrotkernmehl, → Guarkernmehl , → Carrageen , außerdem Säureregulatoren. Wichtigste Zutat ist der Geschmack aus dem Labor: das industrielle → Aroma . Denn der natürliche Geschmack geht im industriellen Verarbeitungsprozess verloren. Beispielsweise bei den Erdbeeren: »Bereits auf dem Transport vom Feld bis zur Verarbeitungsstelle zur Fruchtzubereitung«, so ein Aromaproduzent, »kann ein Aromaverlust bei den Erdbeeren auftreten.« Zudem wird das Erzeugnis, zwecks längerer Haltbarkeit, pasteurisiert oder nach anderen Verfahren erhitzt. Auch dabei »muss mit Aromaverlusten

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