Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
heben konnte. Chester wusste, dass seine letzte Stunde geschlagen hätte, wenn Schwammkopf vor der Türe auf ihn warten sollte. Er stieß die Tür mit einem Fußtritt auf und sprang mit einem großen Satz auf den gestampften Lehmboden der Scheune. Seine Arme hielt er wie ein Karatekämpfer hoch erhoben. Nichts bewegte sich, außer einem dürren Hahn, der aus dem Stall humpelte und dessen roter Kamm zitterte, als er seinen Kopf hin und her drehte.
    Chester schlich die Wand in Richtung Scheunentür entlang. Er wusste nicht, was für ihn sicherer war, der kühle, dunkle Schatten oder das blendende Sonnenlicht des neuen Tages. Er überlegte sich, ob er es wagen sollte zu seinem Haus zu laufen, als ihm die Entscheidung ganz plötzlich abgenommen wurde. Aus dem hinteren Teil der Scheune stieg morastiger Atem auf.
    Er rannte über den Hof, wobei er seine Arme und Beine wie Dreschflegel herumwirbelte. Nach vierzig Metern drohten seine Lungen zu bersten, aber da war er schon auf der Veranda und riss die kaputte Verandatüre auf.  Vom Sonnenlicht noch geblendet stolperte er ins Wohnzimmer und fiel über das Chaos, das DeWalt hinterlassen hatte. Er tastete die Wand entlang und suchte mit seinen Händen sein Jagdgewehr.
    Er wollte, dass das, was von Schwammkopf überbleiben würde, sich in ein unerkennbares Etwas verwandelte.
    Der kühle Stahl der Waffe beruhigte ihn und er entsicherte das Gewehr. Schwammkopf würde nicht mehr lange leben, falls "leben" überhaupt das richtige Wort war.
    »Der alte Schwammi bewegt sich nicht mehr allzu zügig«, sagte er. Mit der Waffe in der Hand fühlte er sich schon eindeutig besser. Er spähte durch die Tür und erwartete, dass Schwammkopf bald in Schussweite auftauchen würde. Plötzlich hörte er das Geräusch von Zehennägeln auf dem Holzboden hinter sich. Er drehte sich um und sah Boomer.
    Der gute alte Boomer.
    Guter alter Boomer. Sein Fell bestand jetzt aus Borsten und sein Rückgrat war von dem Gewicht seines aufgeblähten Bauches gekrümmt. Seine alten tränenden Augen hatten sich in lila Hyazinthen verwandelt und seine Nase erinnerte an einen verschimmelten Pfirsich. Seine herunterhängende, ledrige Zunge war von Adern durchzogen wie ein Ahornblatt. Auf seiner Stirne wuchsen die Dornen des Ackerkrauts und er wedelte in dumpfer Freude mit seinem Schwanz aus Weinreben.
    Chester betätigte den Abzug und sein Jagdhund wurde in Stücke zerfetzt wie ein Kürbis. Chester fuhr sich über die Augen. Augen, die zu trocken und zu müde waren, um noch Tränen zu zeigen. Er öffnete eine Schreibtischlade und füllte die Taschen seines Overalls mit großkalibrigen Patronen. Es war die Zeit gekommen, um mit dem hirnlosen Monster, das auf seine Cornflakes gepisst und ihm Dreck in den Mund gekippt hatte, ein Ende zu machen.
    Chester ging in das Sonnenlicht und fühlte sich dabei wie Bruce Willis in "Stirb langsam". Schwammkopf kam langsam auf ihn zu und hinterließ auf seinem Weg kleine Stücke von sich selbst, als er näher kam. Um sicher zu gehen, dass die Kreatur nichts mehr mit Don Oscar gemeinsam hatte, blickte Chester ihr in die leuchtenden Augen, deren Ränder ihn an Jakobsmuscheln erinnerten.
    Das Ding versuchte seine Arme zu heben. Arme, die wie die einer nassen Vogelscheuche wirkten. Das feuchte Loch in der Mitte von Schwammkopfs Gesicht öffnete sich. Milchige Blasen stiegen daraus in die Luft.
    »Shu-shaaa«, wollte es gerade sagen, als eine Kugelladung sein matschiges Fleisch traf und ihr eigenes pfeifendes Geräusch produzierte.
    Der feuchte Stumpf der Kreatur blieb stehen. Chester lud nach und feuerte noch zweimal. Es blieb stehen. Ein pilziger Teil fiel auf den Boden und zitterte wie eine fette Qualle.
    Chester warf die leeren Patronenhülsen auf den Boden. Der beißende Geruch nach Schießpulver übertünchte die leisen Frühlingsgerüche. Er zielte gerade erneut, als er das Geräusch eines aufheulenden Motors hörte. Jemand kam gerade um die Kurve hinter dem Bauernhaus.
    DeWalts Pathfinder schoss aus dem Pinienwald heraus und die Schotterstraße entlang.  Zur gleichen Zeit sprang ein galoppierendes Etwas, das früher vielleicht einmal ein Rehbock gewesen war, aus dem Wald und direkt vor das nahende Auto. Der SUV schlingerte zur Seite, dann rutschte er mit seinem linken Vorderreifen in eine Spurrinne. Die Stoßstange traf das Reh-Dings und es folgte eine Explosion von faulig grüner Flüssigkeit.  Der Pathfinder machte noch einen Satz, bevor er umkippte und sich auf eine Seite

Weitere Kostenlose Bücher