Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
herrschte es, wenngleich nicht allerorts in gleichem Maße, bereits von Weltmeer zu Weltmeer.
Der König, der die Spitze des Heeres wie der Priesterschaft darstellte, erfreute sich unumschränkter Macht. Die Geistlichkeit war ungemein zahlreich und wohlgegliedert. Der fromme Glaube des Volkes nahm einen allgegenwärtigen einzigen Gott (die Sonne) und ein Jenseits an. Neben dem Allgott gab es eine stattliche Anzahl von großen und kleinen Göttern inmitten eines Wustes von Sinnbildern und abergläubischen Hirngespinsten. Der oberste Gott war der Kriegsgott. In Stadt und Land wimmelte es von Götterbildern. Der Gottesdienst erstickte im feierlichen Beiwerk. Der Aberglauben war allmächtig. Ihm hat Cortes zu einem nicht geringen Teil die Zaghaftigkeit und Untätigkeit Montezumas zu danken. (Vgl. die Reden des Königs S. 121 ff. und 135 f.)
Die Gesetze waren streng. Mit der Todesstrafe wurde nichtgegeizt. Es gab Gefängnisse, auch Zwangsarbeit. Infolge der grausamen Bestrafung von Vergehen und der rücksichtslosen Ausrottung der Verbrecher waren Eigentum und Verkehr gesichert. Wenn sich Cortes gelegentlich rühmt, man könne ohne Gefahr das ganze Land bereisen, so war das nicht das Verdienst der Spanier.
Die Lebensanschauung des Volkes war eng, voll von Entsagung und Schwermut. Leben ist Leiden, das war der Grundglaube. Mit Klagen begrüßte man den Neugeborenen, und fröhlich trug man den Gestorbenen zu Grabe. Der Tod galt als die Erlösung von den Mühsalen des Erdenganges, die dem Menschen auferlegt sind. Die Götter freuen sich über die Qualen und Schmerzen, die der Mensch sich selbst bereitet. Menschenopfer versöhnen die Götter. Die Geopferten gehen ein in das Reich der Seligkeit. Ein noch zuckendes Herz, der Sonne, der Lebensspenderin, vom Priester entgegengehalten, war die frömmste Gabe.
Über den Umfang der Menschenopfer ist sich die Überlieferung nicht einig. Während Zumarraga, der erste Bischof von Neu- Spanien, von alljährlich 20000 Opfern spricht, behauptet Las Casas, es wären im Jahre keine 1000 gewesen. Wahrscheinlich geschahen Massenopfer nur nach Feldzügen. Allerdings scheint es, als seien zuweilen, auf das Betreiben der blutgierigen Priesterschaft hin, Kriege unternommen worden, lediglich um Massen von Opfern beizutreiben. Vielleicht erreichte man die Menschenabgabe oft auch schon durch bloße Kriegsandrohung.
Künste und Kunsthandwerk standen in Altmexiko in hoher Blüte. Die Baukunst dieses Landes hatte den Drang ins Gewaltige wie im alten Ägypten. Grelle Bemalung in verschiedenen Farben steigerte ihre märchenhafte Wirkung. An den Tempelpyramiden haben Zehntausende gekarrt. Vielleicht stammen die hügelartigen Unterbauten der Moscheen noch von den Vorgängern der Azteken. Mit Gewißheit ist dies derFall bei den Pyramiden von Teotihuakan (bei Otumba). Aus der nämlichen Vorzeit rühren die bedeutenden Ruinen in Palenque und in Yukatan (dem Reiche der Maya) her.
Es gab zahlreiche Tempel. Eine Schilderung der großen Moschee in der Stadt Mexiko ist anderwärts gegeben. (Vgl. S. 143 f., 331 ff. und Anm. 51.) Die Paläste der Fürsten und Großwürdenträger waren weitläufig und prächtig. Über zwei Stock hoch ist wohl keiner gewesen. Große Hofe und weite Vorhallen fehlten nirgends. Die Landsitze waren von den herrlichsten Gärten umgeben. Sie standen an Teichen oder an den Seen; mitunter auf Hügeln, wie das Sommerschloß Tezkozingo bei Tezkuko. Die Häuser der Bürger waren aus Stein; wie die Paläste hatten sie flache Dächer und Dachgärten mit gemauerter Brüstung. Die Ärmeren wohnten in Hütten aus Ziegelsteinen, Balken und Rohrwänden, vielfach um einen noch lebenden alten Baum errichtet.
An bewundernswerten Werken von Bildhauern und Meistern des Mosaiks war das Land reich. Vor allem gab es Riesenstandbilder der Götter. Neben dem vorherrschenden Hange am Ungeheuerlichen und Grauenhaft-Phantastischen spricht sich an allem dem doch auch der Sinn für die Wirklichkeit aus. Minder entwickelt war vermutlich die Malerei. Wundervoll aber waren die Federstickereien Altmexikos. Acosta behauptet, die Hersteller dieser Werke seien imstande gewesen, die besten Bilder der spanischen Meister mit ihren malerischen Mitteln zu wiederholen. Johann Lorenz von Anagma, ein Italiener des 16. Jahrhunderts, schreibt von einem Federbilde: »Unter anderem war ich über einen heiligen Hieronymus mit einem Löwen erstaunt, ein Gemälde, das ebenso durch seine schönen, lebhaften und natürlichen Farben
Weitere Kostenlose Bücher