Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
wie durch seine richtige und getreue Darstellung wirkte. Ich bezweifle, ob ich je ein gleiches, geschweige denn besseres Merk der üblichen Malerei gesehen habe.« Clavigero ist übrigens der Ansicht, daß aus der Blütezeit dieser Kunst nichts erhalten sei. Die noch vorhandenen Werkestammten aus der Nachblüte, und erst im 18. Jahrhundert sei diese Kunstart ganz abgestorben. Hochgeschätzt waren bei den alten Mexikanern in Gold oder Silber gegossene kleine Abbilder von allerlei Tieren, Affen, Papageien, Enten, Krebsen, Fischen usw. »Diese allerliebste Kunst« – klagt Clavigero – »ist durch die geistige Unterdrückung der Indianer und die unverzeihliche Gleichgültigkeit der Spanier verlorengegangen. Die Arbeiten der mexikanischen Gießer waren so wunderbar fein, daß selbst die golddurstigen hispanischen Landsknechte die Arbeit daran hoher schätzten als den Goldwert.«
Eine große Fertigkeit im Zeichnen drückt sich in der altmexikanischen Bilderschrift aus. Lesen und Schreiben verstand jeder einigermaßen gebildete Altmexikaner. Dem Kundigen waren die uns so rätselhaften Zeichen ungemein anschaulich. Bedauerlicherweise hat der hirnlose Eifer der spanischen Pfaffen den ehemaligen Reichtum an Büchern als Teufelswerk vernichtet. Man schrieb auf Pergament aus Hirschhaut oder auf Pflanzenpapier. Von alledem sind heute nur noch vorhanden vier Bücher (auf Agavepapier). Berühmt davon ist die Maya- Handschrift der Landesbibliothek in Dresden.
Cortes selbst (vgl. S. 531, auch Gomara, S. 445) bezeugt, daß es vorzügliche amtliche Landeskarten gab. Es ist bedauerlich, daß sich keine davon auf unsere Tage erhalten hat.
Von der Dichtkunst Altmexikos sind nur wenige Denkmäler übriggeblieben. Erst im Jahre 1792 ist durch den Pater Manuel von der Vega auf Anregung der spanischen Regierung das noch Auffindbare gesammelt worden. Auch Sahagun hat uns einige Reste in spanischer Übertragung überliefert [11] . Außerdem sind vier Oden des Fürsten Nezahualkoyotl von Tezkuko (1392 - 1472) in spanischer Bearbeitung erhalten. Schließlich gibt es noch eine Sammlung von 27 Gedichten: Cantares de los Mexicanos , die ein amerikanischer Gelehrter (Daniel Brinton in Philadelphia) herausgegeben und übersetzt hat.
Acosta, Boturini und Clavigero berichten vom Theater derIndianer, von ihren Schauspielern, vom Gebrauche von Masken und anderem; indessen fügt der ehrliche Clavigero hinzu, er habe nie etwas davon mit eigenen Augen gesehen und bezweifle das übertriebene Lob des einbildungsreichen Boturini. Bei Acosta ist nur von einer sehr urwüchsigen Stegreifpossenbühne die Rede. Er erzählt: »In dem ziemlich großen Hof um den Tempel stand eine kleine Schaubühne, gar artig an den vier Ecken gepflastert. Für das Fest bestellte man es mit grünen Zweigen und schmückte es mit Bogen, Pfeilen, verschiedenen Blumen und Federn, auch mit Vöglein und anderen lieblichen Dingen. Nach dem Mahle kamen sie auf besagten Platz und trieben allerlei lächerliche Possen. Etliche traten als Taube, Alte, Kranke, Blinde, Lahme und Krüppel auf und beteten zu Gott, er möge sie wieder gesund machen. Die Tauben stotterten und die Hinkenden tanzten zum Ergötzen der Zuschauer. Andere kamen in der Gestalt schrecklicher Tiere, als Schlangen, Kröten, Krokodile. Im Begegnen erzählten sie einander von ihrem Handel und Wandel. Zu guter Letzt taten die Darsteller den Mummenschanz ab und spielten in ihrer richtigen Gestalt auf Flöten.«
Ganz in den Uranfängen soll die Musik der Indianer steckengeblieben sein. Wir wissen nur von ihrer Kriegsmusik, die auf Holztrommeln mit Rehfell, Hörnern, Muscheltrompeten und grellen Pfeifen hervorgebracht wurde. Saiteninstrumente hatten die Mexikaner nicht. Ihren Gesang, der den europäischen Ohren rauh und eintönig klang, begleiteten sie auf einer Holztrommel ohne Fell.
Die Tanzkunst der Altmexikaner, die den Beifall der Eroberer fand, hat auf einer gewissen Höhe gestanden. Es gab Kindertänze, Volkstänze, Priestertänze, auch höfische Tänze, dieseÿ ähnlich den Vierer- und Reihentänzen der Rokokozeit. Musik oder Gesang, auch Wechselgesang, zeigte den Takt an.
Ihre körperlichen Spiele hatten bei aller Ergötzlichkeit denZweck, die Jugend zur Kriegstüchttgkeit zu erziehen und die Männer darin zu erhalten.
Auch die Wissenschaften werden gepflegt. In der Rechenkunst spielte die Zahl 20 eine Rolle. In Zusammenhang damit steht z. B. die Einteilung der Truppen; die Kompagnie war 20x0 = 400 Mann, das
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