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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gedämpftem Schritt in die Dunkelheit folgte. Auf diese Weise geschah es, daß die Legitimität in Plassans zum erstenmal bei einem bonapartistischen Beamten einging.
    »Machen Sie keinen Lärm«, empfahl der Unterpräfekt. »Beugen Sie sich über die Terrasse.«
    Herr Rastoil und seine Töchter fanden dort Doktor Porquier, Frau de Condamin und ihren Gatten vor. Die Finsternis war so dicht, daß man sich begrüßte, ohne einander zu sehen. Unterdessen hielten alle den Atem an. Eben hatte sich Mouret mit einer Kerze, die in einem großen Kuchenleuchter steckte, auf der Freitreppe blicken lassen.
    »Sie sehen, daß er eine Kerze in der Hand halt«, flüsterte Aurélie.
    Niemand erhob Einspruch. Die Tatsache wurde festgestellt. Mouret hielt eine Kerze in der Hand. Langsam ging er die Treppe hinunter, wandte sich nach links, blieb unbeweglich vor einem Lattichbeet stehen. Er hob die Kerze hoch, um seinen Salat zu beleuchten; auf dem schwarzen Hintergrund der Nacht wirkte sein Gesicht ganz gelb.
    »Was für eine Gestalt!« sagte Frau de Condamin. »Ich werde bestimmt davon träumen … Schläft er, Doktor?«
    »Nein, nein«, antwortete Herr Porquier, »er ist kein Nachtwandler, er ist hellwach … Sie erkennen die Starrheit seines Blicks; ich bitte Sie auch, die Schroffheit seiner Bewegungen zu beachten …«
    »Schweigen Sie doch, wir brauchen keinen Vortrag«, unterbrach Herr Péqueur des Saulaies.
    Alsdann herrschte tiefste Stille. Mouret war über die Buchsbaumhecke gestiegen, hatte sich inmitten des Salats niedergekniet. Er hielt die Kerze tiefer, suchte längs der Rigolen unter den ausgebreiteten grünen Blättern. Von Zeit zu Zeit gab er ein leises Grunzen von sich; er schien irgend etwas zu zerquetschen, in die Erde zu drücken. Das dauerte annähernd eine halbe Stunde.
    »Er weint, ich sagte es Ihnen ja«, meinte Aurélie selbstgefällig mehrere Male.
    »Das ist wahrhaftig sehr schrecklich«, stammelte Frau de Condamin. »Gehen wir wieder hinein, ich bitte Sie.«
    Mouret ließ seine Kerze fallen und sie verlosch. Man hörte, wie er ärgerlich wurde und die Freitreppe wieder hinaufging, wobei er gegen die Stufen stieß. Die beiden Fräulein Rastoil hatten einen leichten Schreckensschrei ausgestoßen. Sie beruhigten sich erst wieder in dem kleinen erleuchteten Salon, wo Herr Péqueur des Saulaies unbedingt wollte, daß die Gesellschaft eine Tasse Tee und Biskuits annähme. Frau de Condamin zitterte weiter am ganzen Leibe; sie kauerte sich in der Ecke eines kleinen Kanapees zusammen; sie versicherte mit gerührtem Lächeln, sie habe sich nie so beeindruckt gefühlt, nicht einmal an einem Morgen, als sie die häßliche Neugierde gehabt, einer Hinrichtung zuzusehen.
    »Es ist sonderbar«, sagte Herr Rastoil, der seit einer Weile tief nachdachte, »Mouret sah aus, als suchte er unter seinem Salat Nacktschnecken. Die Gärten sind geradezu verseucht davon, und ich habe mir sagen lassen, daß man sie nur nachts gut vertilgen kann.«
    »Nacktschnecken!« rief Herr de Condamin. »Das sage ich Ihnen, der kümmert sich vielleicht um Nacktschnecken! Sucht man Nacktschnecken mit einer Kerze? Ich glaube eher wie Herr Maffre, daß dahinter irgendein Verbrechen steckt … Hat dieser Mouret nie ein Dienstmädchen gehabt, das verschwunden ist? Man müßte eine Untersuchung anstrengen.«
    Herr Péqueur des Saulaies begriff, daß sein Freund, der Oberforstmeister, ein bißchen weit ging. Einen Schluck Tee trinkend, murmelte er:
    »Nein, nein, mein Lieber. Er ist verrückt, er hat seltsame Vorstellungen, das ist alles. Das ist schon schreckenerregend genug.« Er nahm den Gebäckteller, den er den beiden Fräulein Rastoil reichte, wobei er seine stattliche Offiziersfigur zur Geltung brachte; den Teller wieder hinstellend, fuhr er fort: »Wenn man bedenkt, daß sich dieser Unglücksmensch mit Politik befaßt hat! Ich will Ihnen nicht Ihr Bündnis mit den Republikanern vorwerfen, Herr Präsident; aber Sie müssen eingestehen, daß Marquis de Lagrifoul da einen recht seltsamen Parteigänger hatte.«
    Herr Rastoil war sehr ernst geworden. Ohne zu antworten, machte er eine unbestimmte Gebärde.
    »Und er befaßt sich immer noch mit Politik; vielleicht hat ihm die Politik den Kopf verdreht«, sagte die schöne Octavie und wischte sich zart die Lippen ab. »Man sagt, er sei voller Feuereifer für die nächsten Wahlen, nicht wahr, mein Freund?« Sie wandte sich an ihren Gatten, dem sie einen Blick zuwarf.
    »Er wird daran zugrunde gehen!« rief

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