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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sprach Herr de Condamin davon, den Garten festlich zu erleuchten. Aber sie beschwichtigte die Begeisterung der Herren, indem sie sagte, das schicke sich nicht, es brauche nicht so auszusehen, als mache man sich über die Stadt lustig.
    »Und Abbé Fenil?« fragte sie plötzlich Abbé Faujas, während sie ihn in eine Fensternische führte. »Ich denke jetzt an ihn … Er hat sich also nicht gerührt?«
    »Abbé Fenil ist ein Mann mit Verstand«, antwortete der Priester mit einem dünnen Lächeln. »Man hat ihm zu verstehen gegeben, daß es nicht recht von ihm wäre, sich hinfort mit Politik zu befassen.«
    Abbé Faujas blieb ernst inmitten dieser Siegesfreude. Er war auch im Siege hart. Frau de Condamins Geplapper ermüdete ihn; die Befriedigung dieser gewöhnlichen Ehrgeizlinge erfüllte ihn mit Verachtung. Er stand gegen den Kamin gelehnt und schien zu träumen, die Augen ins Weite gerichtet. Er war der Herr, er brauchte seine Triebe nicht mehr zu belügen; er konnte die Hand ausstrecken, die Stadt ergreifen, sie erzittern lassen. Diese hohe, schwarze Gestalt erfüllte den Salon. Nach und nach waren die Sessel näher gerückt, bildeten einen Kreis um ihn. Die Männer warteten darauf, daß er ein Wort der Befriedigung sage; die Frauen flehten ihn wie unterwürfige Sklavinnen mit den Augen an. Aber brutal zerbrach er den Kreis und ging als erster fort, sich mit einem kurzen Wort verabschiedend.
    Als er durch die ChevilottesSackgasse und durch den Garten zu den Mourets zurückkam, traf er Marthe allein im Wohnzimmer an, die auf einem Stuhl an der Wand die Zeit vergaß, sehr blaß war und mit ihrem verschwommenen Blick auf die blakende Lampe schaute. Trouche hatte oben Besuch und sang ein nettes unanständiges Lied, das Olympe und die Gäste begleiteten, indem sie mit den Messergriffen an die Gläser schlugen.
     

Kapitel XX
    Abbé Faujas legte die Hand auf Marthes Schulter.
    »Was tun Sie da? Warum sind Sie nicht zu Bett gegangen? – Ich hatte Ihnen untersagt, auf mich zu warten.«
    Sie fuhr wie aus dem Schlafe auf. Sie stammelte:
    »Ich glaubte, Sie würden früher nach Hause kommen. Ich bin eingeschlafen … Rose hat sicher Tee gemacht.«
    Aber der Priester rief die Köchin und schalt sie aus, daß sie ihre Herrin nicht gezwungen hatte, zu Bett zu gehen. Er sprach zu ihr in befehlendem Ton, der keine Widerrede duldete.
    »Rose, geben Sie dem Herrn Pfarrer den Tee«, sagte Marthe.
    »Ach was! Ich brauche keinen Tee!« rief er böse werdend. »Gehen Sie sofort zu Bett. Das ist lächerlich. Ich bin nicht mehr mein freier Herr … Rose, leuchten Sie mir!«
    Die Köchin begleitete ihn bis zum Fuß der Treppe.
    »Der Herr Pfarrer weiß wohl, daß es nicht meine Schuld ist«, sagte sie. »Madame ist recht wunderlich. So krank sie auch ist, kann sie nicht eine Stunde in ihrem Zimmer bleiben. Sie muß hin und her laufen, sich außer Atem bringen, herumrennen aus purer Freude am Herumrennen, ohne irgend etwas zu tun … Das kann ich Ihnen sagen, ich habe als erste darunter zu leiden; sie läuft mir immerzu im Wege rum und behindert mich … Wenn sie auf einen Stuhl sinkt, dann sitzt sie lange. Sie verweilt dort und schaut mit erschreckter Miene vor sich hin, als ob sie gräßliche Dinge sieht … Ich habe ihr heute abend mehr als zehnmal gesagt, daß sie Sie ärgert, wenn sie nicht hinaufgeht. Sie hat nicht einmal so getan, als ob sie mich hört.«
    Ohne zu antworten, griff der Priester nach dem Treppengeländer und ging nach oben. Vor Trouches Zimmer streckte er den Arm aus, als wolle er mit der Faust gegen die Tür schlagen. Aber der Gesang hatte aufgehört; am Geräusch der Stühle merkte er, daß sich die Gäste zurückzogen; er beeilte sich, in seine Wohnung zu kommen. Tatsächlich ging Trouche fast gleich darauf mit zwei Kumpanen hinunter, die er unter den Tischen irgendeines anrüchigen Cafés aufgelesen hatte; er schrie im Treppenhaus, daß er Lebensart habe und sie zurückbegleiten werde. Olympe beugte sich über das Treppengeländer.
    »Sie können die Riegel vorschieben«, sagte sie zu Rose. »Er wird erst morgen früh wieder nach Hause kommen.«
    Rose, der Olympe das ungehörige Betragen ihres Mannes nicht hatte verbergen können, bedauerte sie sehr. Sie schob die Riegel vor und brummelte vor sich hin:
    »Heiratet nur! Die Männer schlagen euch oder laufen den Weibsbildern nach … Na ja! Ich bleib lieber so, wie ich bin.«
    Als sie zurückkam, saß ihre Herrin immer noch da, wieder in eine Art schmerzliches

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