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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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erdrückend. Die ganze Stadt hatte daran teil. Marquis de Lagrifoul und auch Herr de Bourdeu hatten wütend und Verrat schreiend ihre Kandidaturen zurückgezogen. Herr Delangre stand also nun allein dem Hutmacher Maurin gegenüber. Der Hutmacher erhielt die Stimmen der fünfzehnhundert unverbesserlichen Republikaner der Vorstadt. Der Bürgermeister hatte für sich die Landgemeinden, die bonapartistische Kolonie, die klerikalen Bürger der Neustadt, die feigen Kleinhändler der Altstadt, sogar einige einfältige Royalisten aus dem SaintMarcViertel, dessen adlige Bewohner sich der Stimme enthielten. Er vereinte so dreiunddreißigtausend Stimmen auf sich. Das Geschäft wurde mit solchem Nachdruck betrieben, der Erfolg mit solch ausgelassener Fröhlichkeit davongetragen, daß Plassans am Wahlabend ganz überrascht war, daß es einen so einmütigen Willen gehabt hatte. Die Stadt glaubte, sie habe soeben einen heroischen Traum geträumt, eine mächtige Hand habe wohl auf den Erdboden geschlagen, um diese dreiunddreißigtausend Wähler daraus hervorzuholen, diese leicht erschrockene Heerschar, deren Macht bislang niemand vermutet hatte. Die Politiker des Handelsklubs sahen sich bestürzt an, wie Menschen, die der Sieg in Verwirrung bringt.
    Am Abend versammelte sich Herrn Rastoils Gesellschaft mit Herrn Péqueur des Saulaies˜ Gesellschaft, um sich in einem kleinen Salon der Unterpräfektur, der auf den Garten hinausging, bescheiden zu vergnügen. Man trank Tee. Der große Triumph des Tages verschmolz die beiden Gruppen vollends zu einer einzigen. Alle Stammgäste waren da.
    »Ich habe keiner Regierung eine systematische Opposition entgegengesetzt«, erklärte Herr Rastoil schließlich, während er von dem Gebäck nahm, das ihm Herr Péqueur des Saulaies herüberreichte. »Der Richterstand darf sich nicht mehr in politische Kämpfe einmischen. Ich gestehe sogar gern zu, daß das Kaiserreich bereits Großes vollbracht hat und daß es dazu berufen ist, noch Größeres zu verwirklichen, wenn es auf dem Weg der Gerechtigkeit und Freiheit ausharrt.«
    Der Unterpräfekt verneigte sich, als seien diese Lobeshymnen an ihn persönlich gerichtet. Am Abend vorher hatte Herr Rastoil im »Moniteur« das Dekret gelesen, das seinen Sohn Severin zum Staatsanwaltsstellvertreter in Faverolles ernannte. Es wurde auch viel von einer Heirat gesprochen, die zwischen Lucien Delangre und der Älteren der beiden Fräulein Rastoil festgesetzt worden war.
    »Ja, das ist eine beschlossene Sache«, antwortete Herr de Condamin ganz leise Frau Paloque, die ihn gerade darüber befragt hatte. »Er hat Angéline erwählt. Ich glaube, er hätte Aurélie vorgezogen. Aber man wird ihm zu verstehen gegeben haben, daß man die Jüngere schicklicherweise nicht vor der Älteren verheiraten könne.«
    »Angéline, sind Sie sicher?« murmelte Frau Paloque boshaft. »Ich glaubte, Angéline habe Ähnlichkeit mit …«
    Der Oberforstmeister legte lächelnd einen Finger auf seine Lippen.
    »Kurzum, das geschieht auf gut Glück, nicht wahr?« fuhr sie fort. »Die Bande zwischen den beiden Familien werden fester sein … Man ist jetzt gut Freund. Paloque erwartet das Kreuz der Ehrenlegion. Ich finde alles gut.«
    Herr Delangre erschien erst sehr spät. Man brachte ihm eine wahre Ovation dar. Frau de Condamin hatte Doktor Porquier soeben mitgeteilt, daß sein Sohn Guillaume zum Oberpostsekretär ernannt worden sei. Sie teilte gute Nachrichten aus, sagte, daß Abbé Bourrette im nächsten Jahr Monsignores Generalvikar sein werde, gab Abbé Surin vor seinem vierzigsten Lebensjahr ein Bistum, verhieß Herrn Maffre das Kreuz der Ehrenlegion.
    »Der arme Bourdeu!« sagte Herr Rastoil mit einem letzten Bedauern.
    »Ach! Er ist nicht zu bedauern«, rief sie heiter. »Ich nehme es auf mich, ihn zu trösten. Die Abgeordnetenkammer war nichts für ihn. Er braucht eine Präfektur … Sagen Sie ihm, daß man schließlich eine Präfektur für ihn finden wird.«
    Lachen erhob sich. Die liebenswürdige Stimmung der schönen Octavie, die Sorgfalt, die sie darein legte, alle Welt zufriedenzustellen, bezauberte die Gesellschaft. In Wirklichkeit empfing sie die Gäste der Unterpräfektur. Sie herrschte. Und sie war es, die Herrn Delangre, während sie noch scherzte, die zweckmäßigsten Ratschlage über den Posten gab, den er im Corps législatif37 einnehmen sollte. Sie nahm ihn beiseite, bot ihm an, ihn bei hochgestellten Persönlichkeiten einzuführen, was er dankbar annahm. Gegen elf Uhr

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