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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Lösung.«
    Die Trouches hatten übrigens seit Mourets Abreise das Erdgeschoß an sich gerissen. Zuerst hatte sich Olympe beklagt, daß oben die Kamine rauchten; am Ende hatte sie Marthe dann davon überzeugt, daß der bis dahin unbenutzte Salon der gesündeste Raum des Hauses sei. Nachdem Rose den Auftrag erhalten hatte, darin ein großes Feuer anzumachen, verbrachten die beiden Frauen, den riesigen flammenden Holzscheiten gegenüber, dort die Tage mit endlosem Geschwätz. Es war einer von Olympes Träumen, so zu leben, gut gekleidet, inmitten des Luxus einer schönen Wohnung auf einem Kanapee ausgestreckt. Sie bewog Marthe, die Tapete im Salon zu wechseln, Möbel und einen Teppich zu kaufen. Nun war sie eine Dame. Sie kam in Pantoffeln und im Morgenrock herunter, sie sprach, als sei sie die Hausherrin.
    »Die arme Madame Mouret«, sagte sie, »hat so viele Plackereien, daß sie mich flehentlich gebeten hat, ihr zu helfen. Ich befasse mich ein bißchen mit ihren Angelegenheiten. Das ist nun mal so. Es ist ein gutes Werk.«
    Sie hatte es tatsächlich verstanden, Marthes Vertrauen zu gewinnen, die ihr aus Müdigkeit die Sorge für die kleinen Dinge des Haushalts überließ. Sie verwahrte die Schlüssel zum Keller und zu den Schränken; außerdem bezahlte sie die Lieferanten. Lange Zeit ging sie mit sich zu Rate, ob sie es bewerkstelligen sollte, sich gleichfalls im Wohnzimmer niederzulassen. Aber Trouche redete ihr das aus: es stünde ihnen dann nicht mehr frei, nach ihrem Belieben zu essen und zu trinken; sie würden nicht einmal wagen, ihren unvermischten Wein zu trinken oder gar einen Freund zum Kaffee einzuladen. Allerdings versprach Olympe ihrem Mann, ihm seine Portion vom Nachtisch hinaufzubringen. Sie füllte ihre Taschen mit Zucker. Sie brachte selbst die Kerzenstummel mit. Zu diesem Zweck hatte sie große Leinentaschen genäht, die sie unter ihrem Rock befestigte und die leer zu machen sie jeden Abend eine gute Viertelstunde brauchte. »Siehst du, das ist was zum Beißen für die mageren Jahre«, murmelte sie, während sie die Vorräte bunt durcheinander in einen Koffer verstaute, den sie danach unter ihr Bett schob. »Sollten wir uns mit der Hausbesitzerin überwerfen, fänden wir dort genug, um eine Zeitlang zu leben. Ich werde noch Töpfe mit Eingemachtem und frisch gesalzenem Schweinefleisch heraufholen.«
    »Du bist schön dumm, daß du das heimlich machst«, erwiderte Trouche. »Ich an deiner Stelle ließe mir das alles durch Rose bringen, denn du hast ja zu bestimmen.«
    Er hatte sich den Garten angeeignet. Lange war er auf Mouret neidisch gewesen, wenn er sah, wie der seine Bäume verschnitt, seine Gartenwege mit Sand bestreute, seinen Lattich begoß; er hing dem Traum nach, auch ein Fleckchen Erde zu besitzen, wo er nach Herzenslust graben und pflanzen könnte. Als Mouret nicht mehr da war, fiel er deshalb auch mit Plänen für Umwälzungen, für völlige Umgestaltungen in den Gärten ein. Er begann damit, das Gemüse zu verbannen. Er gab sich als zärtliche Seele aus und liebte die Blumen. Aber die Arbeit mit dem Spaten ermüdete ihn schon am zweiten Tag; man ließ einen Gärtner kommen, der nach seinen Anweisungen die viereckigen Beete tief umgrub, den Salat auf den Misthaufen warf, den Boden herrichtete, damit er im Frühjahr Pfingstrosen, Rosenstöcke, Lilien, Samen von Rittersporn und Winde, Nelken und Geraniensetzlinge aufnehmen könne. Dann kam ihm ein Gedanke: er glaubte dahintergekommen zu sein, daß die Trauer, das schwarze Aussehen der Beete von jenen hohen, düsteren Buchsbaumhecken herrührte, die sie umsäumten, und er überlegte lange, ob er die Buchsbaumsträucher ausreißen lassen sollte.
    »Du hast ganz recht«, erklärte Olympe, die er zu Rate gezogen hatte. »Das sieht aus wie ein Friedhof. Ich hätte als Einfassung gern gußeiserne Äste, die unbehauenem Holz nachgebildet sind … Ich werde die Hausbesitzerin dazu bewegen. Laß die Buchsbaumsträucher schon immer ausreißen.« Die Buchsbaumsträucher wurden ausgerissen. Acht Tage später brachte der Gärtner die Einfassungen an. Trouche verpflanzte noch mehrere Obstbäume, die den Blick behinderten, ließ die Laubengänge in hellem Grün übermalen, schmückte den Springbrunnen mit Muschelwerk. Herrn Rastoils Wasserfall reizte ihn außerordentlich, aber er begnügte sich damit, den Platz auszuwählen, an dem er einen ähnlichen errichten würde, »wenn die Geschäfte gut gingen«.
    »Die Nachbarn sollen die Augen aufreißen!«

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