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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sagte er am Abend zu seiner Frau. »Sie sehen genau, daß jetzt ein Mann von Geschmack da ist … Zumindest wird es diesen Sommer gut riechen, wenn wir uns ans Fenster stellen, und wir werden einen hübschen Ausblick haben.«
    Marthe ließ es geschehen, billigte alle Pläne, die man ihr unterbreitete; übrigens fragte man sie schließlich nicht einmal mehr. Die Trouches hatten lediglich gegen Frau Faujas zu kämpfen, die ihnen weiterhin im Haus jeden Fußbreit streitig machte. Als sich Olympe des Salons bemächtigte, hatte sie ihrer Mutter eine regelrechte Schlacht liefern müssen. Es fehlte wenig, so hätte diese die Oberhand gewonnen. Der Priester vereitelte den Sieg.
    »Dieses Weibsbild, deine Schwester, hat der Hausbesitzerin gegenüber kein gutes Haar an uns gelassen«, beklagte sich Frau Faujas unaufhörlich. »Ich durchschaue ihr Spiel, sie will uns verdrängen, die ganze Annehmlichkeit für sich haben … Richtet sie sich jetzt nicht wie eine Dame im Salon ein, dieses nichtsnutzige Frauenzimmer!«
    Der Priester hörte nicht zu, machte barsche, ungeduldige Gebärden. Eines Tages wurde er böse, er rief:
    »Ich bitte Euch, Mutter, laßt mich in Ruhe. Sprecht nicht mehr zu mir über Olympe und Trouche … Sollen sie sich an den Galgen bringen, wenn sie wollen!«
    »Sie nehmen das Haus, Ovide, und sie haben Rattenzähne. Wenn du deinen Teil haben willst, werden sie alles angenagt haben … Nur du kannst sie dazu bringen, sich ruhig zu verhalten.«
    Er sah seine Mutter mit seinem dünnen Lächeln an.
    »Mutter, Ihr liebt mich sehr«, flüsterte er. »Ich verzeihe Euch … Beruhigt Euch, ich will etwas anderes als das Haus; es gehört mir nicht, und ich behalte nur das, was ich verdiene. Ihr werdet stolz sein, wenn Ihr meinen Anteil seht … Trouche ist mir nützlich gewesen. Man muß die Augen schon ein bißchen zudrücken.«
    Jetzt mußte Frau Faujas den Rückzug antreten. Sie tat es sehr ungern und murrte unter dem Triumphgelächter, mit dem Olympe sie verfolgte. Die unbedingte Selbstlosigkeit ihres Sohnes brachte sie in ihren heftigen Begierden, in ihrer vorsichtigen Bäuerinnensparsamkeit zur Verzweiflung. Sie hätte das Haus leer und sauber in Sicherheit bringen wollen, damit Ovide es an dem Tage vorfände, da er es brauchen würde. Daher verursachten ihr die Trouches mit ihren langen Zähnen eine Verzweiflung, wie sie ein von Fremden ausgeplünderter Geizhals empfindet; es schien ihr, als verschlängen sie ihre Habe, als zerfräßen sie ihr das Fleisch, als brächten sie sie an den Bettelstab, sie und ihr Lieblingskind. Als der Abbé ihr verboten hatte, sich dem langsamen Eindringen der Trouches zu widersetzen, beschloß sie wenigstens, vor der Plünderung zu retten, was sie konnte. Sie begann jetzt, wie Olympe aus den Schränken zu stehlen; sie befestigte ebenfalls große Taschen unter den Röcken; sie hatte eine Truhe, die sie mit allem anfüllte, was sie zusammenraffte, Vorräte, Wäsche, Kleinigkeiten.
    »Was versteckt Ihr denn da, Mutter?« fragte sie eines Abends der Abbé, als er, vom Lärm herbeigelockt, den sie beim Wegrücken der Truhe machte, in ihr Zimmer trat. Sie stammelte.
    Aber als er begriff, ließ er sich in entsetzlichem Zorn gehen.
    »Was für eine Schande!« rief er. »Da seid Ihr jetzt also eine Diebin! Und was würde geschehen, wenn man Euch überrascht? Ich werde zum Stadtgespräch.«
    »Ich tue es ja für dich, Ovide«, murmelte sie.
    »Diebin, meine Mutter ist eine Diebin! Ihr glaubt vielleicht, daß auch ich stehle, daß ich hierhergekommen bin, um zu stehlen, daß es mein einziges Streben ist, lange Finger zu machen und zu stehlen! Mein Gott! Was für eine Vorstellung habt Ihr denn von mir? – Wir müssen uns trennen, Mutter, wenn wir uns nicht mehr verstehen.«
    Dieses Wort warf die alte Frau zu Boden. Sie hatte vor der Truhe gekniet; sie saß auf dem Fliesenfußboden, war ganz bleich, dem Ersticken nahe, streckte die Hände aus. Als sie sprechen konnte, sagte sie:
    »Ich tue es ja für dich, mein Kind, für dich allein, schwöre ich dir … Ich habe es dir gesagt, sie nehmen alles; sie trägt alles in ihren Taschen fort. Du wirst nichts haben, nicht ein Stück Zucker … Nein, nein, ich nehme nichts mehr, weil dich das ärgert; aber du wirst mich bei dir behalten, nicht wahr? Du wirst mich bei dir behalten …«
    Der Abbé wollte ihr nichts versprechen, solange sie nicht alles, was sie weggenommen, wieder an seinen Platz zurückgebracht hatte. Annähernd eine Woche lang leitete

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