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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Abbé Surin eingeschlossen war, heiße, stumme Tränen; er vermißte die dürre Hand Abbé Fenils, bei dem es Stunden voller Schmeichelei gab, während er sich jetzt unter einem unversöhnlichen und ständigen Druck wie zermalmt fühlte. Dann lächelte er, fügte sich drein, murmelte mit seinem liebenswürdigen Egoismus:
    »Vorwärts, mein Kind, setzen wir uns an die Arbeit! – Ich sollte mich nicht beklagen, ich habe das Leben, das ich immer erträumt habe: absolute Einsamkeit und Bücher.« Er seufzte und fügte mit leiser Stimme hinzu: »Ich wäre glücklich, wenn ich nicht fürchtete, Sie, mein lieber Surin, zu verlieren … Er wird Sie am Ende hier nicht mehr dulden. Gestern hat es mir den Anschein gehabt, als sähe er Sie mit argwöhnischen Augen an. Ich beschwöre Sie, reden Sie ihm stets nach dem Munde, stellen Sie sich auf seine Seite, nehmen Sie keine Rücksicht auf mich. Ach! Ich habe nur Sie noch.«
    Zwei Monate nach den Wahlen ließ sich Abbé Vial, einer von Monsignores Generalvikaren, in Rom nieder. Natürlich verschaffte sich Abbé Faujas seinen Posten, obwohl er seit langem Abbé Bourrette versprochen war. Er benannte letzteren nicht einmal für die Pfarrstelle von SaintSaturnin, die er aufgab; er setzte dort einen jungen ehrgeizigen Priester ein, den er zu seiner Kreatur gemacht hatte.
    »Monsignore hat von Ihnen nichts hören wollen«, sagte er trocken zu Abbé Bourrette, als er ihn traf. Und als der alte Priester stammelte, er wolle Monsignore aufsuchen und ihn um eine Erklärung bitten, fügte er sanfter hinzu: »Monsignore ist zu leidend, um Sie zu empfangen. Verlassen Sie sich auf mich, ich werde Ihre Sache vertreten.«
    Herr Delangre hatte gleich nach seinem Einzug in die Deputiertenkammer mit der Mehrheit gestimmt. Plassans war für das Kaiserreich unverhohlen erobert. Es hatte sogar den Anschein, als lege der Abbé eine Rache darein, diese vorsichtigen Bürger grob zu behandeln, indem er die kleinen Pforten zur ChevillottesSackgasse erneut verrammelte und Herrn Rastoil und seine Freunde zwang, über den Platz, durch die offizielle Tür zum Unterpräfekten hineinzugehen. Wenn er sich auf vertraulichen Zusammenkünften sehen ließ, blieben diese Herren vor ihm sehr demütig. Und solcherart war die Zauberkraft, die dumpfe Schreckensangst, die von seinem großen, zerlumpten Körper ausgingen, daß sich, selbst wenn er nicht dabei war, niemand erkühnte, das geringste zweideutige Wort über ihn zu wagen.
    »Er ist ein Mann von allergrößtem Verdienst«, erklärte Herr Péqueur des Saulaies, der auf eine Präfektur rechnete.
    »Ein sehr bemerkenswerter Mann«, sagte Doktor Porquier wiederholt.
    Alle nickten.
    Herr de Condamin, den diese übereinstimmenden Lobeshymnen schließlich herausforderten, gönnte sich zuweilen die Freude, sie in Verlegenheit zu bringen.
    »Er hat jedenfalls keinen guten Charakter«, murmelte er.
    Dieser Satz ließ die Gesellschaft zu Eis erstarren. Jeder dieser Herren hatte seinen Nachbarn im Verdacht, sich dem schrecklichen Abbé verkauft zu haben.
    »Der Generalvikar hat ein vortreffliches Herz«, wagte Herr Rastoil vorsichtig einzuwerfen. »Nur ist er, wie alle großen Geister, vielleicht ein bißchen streng.«
    »Es ist ganz so wie bei mir, mit mir ist sehr leicht auszukommen, und ich bin immer für einen hartherzigen Menschen gehalten worden«, rief Herr de Bourdeu, der mit der Gesellschaft wieder versöhnt war, seit er mit Abbé Faujas eine lange Aussprache unter vier Augen, gehabt hatte.
    Und der Präsident, der gern wollte, daß sich jeder wieder behaglich fühle, fuhr fort:
    »Wissen Sie, daß von einem Bistum für den Generalvikar die Rede ist?«
    Da strahlte alles. Herr Maffre rechnete ausdrücklich damit, daß Abbé Faujas, nach dem Ausscheiden Monsignore Rousselots, dessen Gesundheit sehr unbeständig war, in Plassans selbst Bischof werden würde.
    »Jeder würde dabei gewinnen«, sagte Abbé Bourrette einfältig. »Die Krankheit hat Monsignore verbittert, ich weiß, daß unser vortrefflicher Faujas die größten Anstrengungen unternimmt, um in seinem Geist gewisse ungerechte Vorurteile zunichte zu machen.«
    »Er hat Sie sehr gern«, versicherte Richter Paloque, der gerade einen Orden bekommen hatte, »meine Frau hat gehört, wie er sich darüber beklagte, daß man Sie vergessen hat.«
    Wenn Abbé Surin da war, stimmte er in den Chor ein. Aber obwohl er die Bischofsmütze bereits in der Tasche hatte, wie die Priester der Diözese sich ausdrückten,

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