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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Abbé Faujas um acht Uhr mit seiner Mutter herunterkam, begnügte sich Mouret, lachend zu ihm zu sagen:
    »Sie haben mir heute also meine Frau weggenommen? Verderben Sie sie mir wenigstens nicht zu sehr, machen Sie keine Heilige aus ihr.«
    Dann versenkte er sich in die Karten. Er hatte an Frau Faujas furchtbare Rache zu nehmen, denn er hatte kürzlich drei Tage hintereinander verloren.
    Marthe konnte dem Priester ungezwungen über ihre Schritte berichten. Sie empfand eine kindliche Freude, bebte noch ganz von diesem außer Haus zugebrachten Nachmittag.
    Der Abbé ließ sie gewisse Einzelheiten wiederholen; er versprach, zu Herrn Delangre zu gehen, obwohl er es vorgezogen hätte, völlig im dunkeln zu bleiben.
    »Es war nicht recht von Ihnen, mich sofort zu nennen«, sagte er ihr barsch, als er sie so erregt, so hingegeben vor sich sah. »Aber Sie sind wie alle Frauen, das Beste verdirbt in ihren Händen.«
    Sie blickte ihn an, von diesem brutalen Ausfall überrascht, wich zurück und hatte jenes Gefühl von Entsetzen, das sie zuweilen noch immer vor seiner Soutane empfand. Ihr war, als legten sich eiserne Hände auf ihre Schultern und beugten sie nieder. Für jeden Priester ist die Frau der Feind.
    Als er sah, wie sie unter dieser zu strengen Zurechtweisung aufbegehrte, besänftigte er sich und murmelte:
    »Ich denke nur an den Erfolg Ihres edlen Vorhabens … Ich habe Angst, seinen Erfolg aufs Spiel zu setzen, wenn ich mich damit befasse. Sie wissen, daß man mich in der Stadt nicht gerade liebt.«
    Als Marthe seine Demut sah, versicherte sie ihm, daß er sich täusche, daß all diese Damen sehr lobend von ihm gesprochen hätten. Man wisse, daß er für seine Mutter sorge, daß er ein zurückgezogenes, allen Lobes würdiges Leben führe. Dann plauderten sie bis elf Uhr über das große Vorhaben, kamen auf die unbedeutendsten Einzelheiten zurück. Es war ein reizender Abend.
    Mouret hatte zwischen zwei Kartenwürfen einige Worte aufgeschnappt.
    »Nun«, sagte er beim Schlafengehen, »ihr zwei schafft also das Laster ab … Das ist ein hübscher Einfall.«
    Drei Tage später war das Komitee der Wohltätigkeitsdamen gegründet. Als die Damen Marthe zur Vorsitzenden ernannt hatten, beeilte sich diese, auf die Empfehlung ihrer Mutter hin, die sie heimlich zu Rate zog, Frau Paloque zur Schatzmeisterin zu bestimmen. Beide machten sich viel Mühe, arbeiteten Rundschreiben aus, befaßten sich mit tausend Einzelheiten der Geschäftsordnung. Während dieser Zeit ging Frau de Condamin von der Unterpräfektur zur bischöflichen Residenz, und von der bischöflichen Residenz zu den einflußreichen Persönlichkeiten, erläuterte in ihrer anmutigen Art »das glückliche Vorhaben, das sie gefaßt hatten«, trug anbetungswürdige Toiletten spazieren, erntete Almosen und Unterstützungszusagen; Frau Rastoil ihrerseits erzählte fromm den Priestern, die dienstags bei ihr zu Gast waren, wie ihr der Gedanke gekommen sei, so viele unglückliche Kinder vor dem Laster zu retten, wobei sie sich begnügte, Abbé Bourrette zu beauftragen, bei den SanktJosephsSchwestern Schritte zu unternehmen, um zu erlangen, daß sie die geplante Anstalt versehen wollten, während Frau Delangre der kleinen Beamtenwelt die vertrauliche Mitteilung machte, daß die Stadt diese Einrichtung ihrem Gatten verdanken werde, dessen Gefälligkeit das Komitee schon wegen eines Rathausraums zu Dank verpflichtet sei, in dem es sich nach Belieben versammeln und verabreden könne. Plassans war durch diesen frommen Spektakel ganz durcheinandergebracht. Bald war nur noch von dem Marienwerk die Rede. Es gab jetzt einen richtigen Ausbruch von Lobeshymnen, die engen Freunde jeder Wohltätigkeitsdame beteiligten sich an dem Spiel, jeder Bekanntenkreis arbeitete am Gelingen des Unternehmens, Zeichnungslisten, die in den drei Stadtteilen umgingen, waren in einer Woche überzogen. Als die »Gazette de Plassans20« diese Listen mit den eingezahlten Summen veröffentlichte, erwachte die Eigenliebe; die angesehendsten Familien wetteiferten unter sich in Großzügigkeit. Allerdings kehrte der Name Abbé Faujas˜ inmitten des Lärms häufig wieder. Obwohl jede Wohltätigkeitsdame den ersten Einfall dazu für sich beanspruchte, glaubte man zu wissen, daß der Abbé diesen berühmten Einfall aus Besançon mitgebracht hatte. Herr Delangre erklärte das deutlich im Stadtrat in der Sitzung, auf der der Kauf des Grundstücks beschlossen wurde, das von dem Architekten der Diözese als für die

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