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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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…«
    Abbé Bourrette zwinkerte mit den Augen, und ihn beiseite nehmend, raunte er ihm mit gesenkter Stimme zu:
    »Monsignore hat mir alles erzählt … Fenil wollte anscheinend überhaupt nichts von mir wissen. Er hätte die Diözese in Brand gesteckt, wenn ich ernannt worden wäre: das sind seine eigenen Worte. Mein Verbrechen ist es, dem armen Compan die Augen zugedrückt zu haben … Und er forderte, wie Sie wissen, die Ernennung Abbé Chardons. Zweifellos ein frommer Mann, aber von offenkundiger Unzulänglichkeit. Der Generalvikar rechnete damit, unter seinem Namen in SaintSaturnin zu herrschen … Da hat Monsignore die Stelle Ihnen gegeben, um ihm zu entwischen und ihm ein Schnippchen zu schlagen. Das rächt mich. Ich bin entzückt, mein lieber Freund … Rannten Sie die Geschichte?«
    »Nein, nicht in Einzelheiten.«
    »Nun ja! Die Dinge sind so vor sich gegangen, versichere ich Ihnen. Ich habe die Tatsachen aus Monsignores eigenem Munde … Unter uns, er hat eine schöne Entschädigung für mich durchblicken lassen. Der Zweite Generalvikar, Abbé Vial, hegt seit langem den Wunsch, sich in Rom niederzulassen; die Stelle würde frei werden, Sie verstehen. Mit einem Wort, über all das Stillschweigen … Ich gäbe mein heutiges Tagewerk nicht um vieles Geld hin.« Und er drückte Abbé Faujas weiter die Hände, während sein breites Gesicht vor Wohlbehagen jauchzte.
    Um sie her blickten sich die Damen mit erstaunter Miene lächelnd an. Aber die Freude des biederen Mannes war so aufrichtig, daß sie sich schließlich dem ganzen grünen Salon mitteilte, in dem die Ovation, die dem neuen Pfarrer entgegengebracht wurde, einen vertrauteren und gerührteren Charakter annahm. Die Röcke rückten näher. Man sprach von der Orgel der Kathedrale, die ausgebessert werden mußte; Frau de Condamin versprach einen prächtigen Ruhealtar für die nächste Fronleichnamsprozession.
    Abbé Bourrette nahm seinen Anteil an dem Triumph, als ihn Frau Paloque, die ihr Scheusalsgesicht vorstreckte, an der Schulter berührte und ihm ins Ohr flüsterte:
    »Nun, Herr Abbé, morgen werden Sie nicht die Beichte in der SaintMichelKapelle abnehmen?«
    Der Priester hatte, seit er Abbé Compan vertrat, den Beichtstuhl der SaintMichelKapelle innegehabt, den größten und bequemsten der Kirche, der besonders dem Pfarrer vorbehalten war. Zuerst begriff er nicht, blinzelte, während er Frau Paloque ansah.
    »Ich frage Sie«, begann sie erneut, »ob Sie morgen wieder in Ihrem alten Beichtstuhl in der Saints AngesKapelle sitzen?«
    Er wurde ein wenig blaß und wahrte noch einen Augenblick Schweigen. Er schaute auf den Teppich nieder, empfand einen leichten Schmerz im Nacken, als sei er soeben von hinten geschlagen worden. Als er merkte, daß Frau Paloque dablieb und ihn scharf ansah, stammelte er:
    »Gewiß, ich sitze wieder in meinem alten Beichtstuhl … Kommen Sie zur SaintsAngesKapelle, der letzten Kapelle links auf der Klosterseite … Sie ist sehr feucht. Ziehen Sie sich warm an, gnädige Frau, ziehen Sie sich warm an.« Er hatte Tränen an den Lidern. Er war zärtlich verliebt in den schönen Beichtstuhl der SaintMichelKapelle, in den nachmittags, gerade zur Beichtzeit, die Sonne hineinschien. Bis dahin hatte er keinerlei Bedauern darüber empfunden, die Kathedrale Abbé Faujas zu übergeben; aber dieser kleine Umstand, dieser Umzug von einer Kapelle in eine andere, schien ihm entsetzlich hart; es dünkte ihm, der Zweck seines ganzen Lebens sei verfehlt. Frau Paloque machte mit lauter Stimme darauf aufmerksam, daß er mit einem Schlag traurig geworden sei; aber er verwahrte sich, versuchte noch immer zu lächeln. Er verließ den Salon frühzeitig.
    Abbé Faujas blieb als einer der letzten. Rougon war gekommen, um ihn zu beglückwünschen, redete feierlich, als sie auf den beiden Ecken eines Kanapees saßen. Sie sprachen von der Notwendigkeit religiöser Gefühle in einem weise verwalteten Staat, während jede Dame, die sich zurückzog, eine langsame Verneigung vor ihnen machte.
    »Herr Abbé«, sagte Félicité freundlich, »Sie wissen, daß Sie der Ritter meiner Tochter sind.«
    Er erhob sich. Marthe erwartete ihn an der Tür. Die Nacht war sehr schwarz. Auf der Straße waren sie durch die Dunkelheit wie blind. Ohne ein Wort zu sprechen, gingen sie über den Place de la SousPréfecture; aber in der Rue Balande berührte ihn Marthe vor dem Haus in dem Augenblick am Arm, als er den Schlüssel ins Schloß stecken wollte.
    »Ich freue mich sehr

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