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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wahr?«
    »Offensichtlich«, antwortete der Präsident.
    »Nun gut! Es ist besser, daß wir uns im Dunkeln halten, vor allem ich. Ich schlage Ihnen folgendes vor: Ihr Sohn, Herr Rastoil, und Ihr Sohn, Herr Delangre, werden sich allein in den Vordergrund stellen. Sie werden es sein, die auf den Einfall mit dem Klub gekommen sind. Schicken Sie sie mir morgen, ich werde mich mit ihnen ausführlich verständigen. Ich habe bereits eine Räumlichkeit in Aussicht, außerdem einen fix und fertigen Satzungsentwurf … Was Ihre beiden Söhne anbelangt, Herr Maffre, werden sie natürlich an der Spitze der Mitgliederliste eingetragen.«
    Der Präsident schien über die seinem Sohn zugedachte Rolle geschmeichelt. Die Dinge wurden denn auch so vereinbart, trotz des Widerstandes des Friedensrichters, der gehofft hatte, aus der Gründung des Klubs einigen Ruhm zu ziehen. Gleich am nächsten Tag setzten sich Séverin Rastoil und Lucien Delangre mit Abbé Faujas in Verbindung. Séverin war ein großer, junger Mann von fünfundzwanzig Jahren mit schlechtgeformtem Schädel, abgestumpftem Gehirn, der dank der Stellung, die sein Vater bekleidete, eben als Advokat zugelassen worden war; sein Vater hegte den bangen Traum, einen Staatsanwaltsvertreter aus ihm zu machen, weil er die Hoffnung aufgab, jemals zu sehen, wie sich sein Sohn einen Klientenkreis schuf. Lucien dagegen, der von kleiner Statur war, einen raschen Blick und einen pfiffigen Kopf hatte, plädierte vor Gericht mit der Sicherheit eines alten Praktikers, obgleich er mehr als ein Jahr jünger war; die »Gazette de Plassans« kündigte ihn als eine künftige Leuchte des Advokatenstandes an. Hauptsächlich diesem letzteren gab der Abbé die genauesten Weisungen; der Sohn des Präsidenten besorgte die Gänge, platzte vor Wichtigkeit. Binnen drei Wochen war der Jugendklub geschaffen und eingerichtet.
    Unter der Minimiten26Kirche, die am Ende des Cours Sauvaire lag, befanden sich damals ausgedehnte Amtsräume und ein früheres Refektorium27 des Klosters, die nicht mehr benutzt wurden. Das war die Räumlichkeit, die Abbé Faujas in Aussicht hatte. Die Geistlichkeit des Kirchspiels trat sie gern ab. Nachdem das provisorische Komitee des Jugendklubs eines Morgens Arbeiter in diese Keller gebracht hatte, blieben die Bürger von Plassans verdutzt stehen, als sie feststellten, daß unter der Kirche ein Café eingerichtet wurde. Schon vom fünften Tag an war kein Zweifel mehr möglich. Es handelte sich tatsächlich um ein Café. Man brachte Diwane, Marmortische, Stühle, zwei Billards, drei Kisten Geschirr und Gläser. Am äußersten Ende des Gebäudes wurde, so weit wie möglich vom Portal der MinimitenKirche entfernt, eine Tür durchgebrochen; große rote Vorhänge, Wirtshausvorhänge, hingen hinter der Glastür, die man aufstieß, nachdem man fünf Stufen hinuntergegangen war. Dort befand sich zuerst ein großer Saal; dann taten sich rechts ein schmalerer Saal und ein Lesezimmer auf; hinten, in einem quadratischen Raum, waren schließlich die beiden Billards aufgestellt. Sie standen gerade unter dem Hauptaltar.
    »Ah! Meine armen Kleinen«, sagte Guillaume Porquier eines Tages zu Herrn Maffres Söhnen, denen er auf dem Cours Sauvair begegnete, »man wird euch jetzt also zwischen zwei Partien Bézigue28 ministrieren lassen.«
    Ambroise und Alphonse flehten ihn an, nicht mehr am lichten Tag mit ihnen zu sprechen, da ihnen ihr Vater gedroht hatte, sie in die Marine zu stecken, wenn sie noch mit ihm verkehrten. Die Wahrheit war, daß der Jugendklub, nachdem die erste Verwunderung vorüber war, einen großen Erfolg erlangte. Monsignore Rousselot hatte den Ehrenvorsitz angenommen; er kam sogar eines Abends hin in Begleitung seines Sekretärs, Abbé Surins; sie tranken jeder ein Glas Johannisbeersaft in dem kleinen Salon; und das Glas, das Monsignore benutzt hatte, wurde ehrfurchtsvoll auf einer Anrichte aufbewahrt. Noch immer wird in Plassans diese Anekdote mit Rührung erzählt. Das bewog alle jungen Leute aus der guten Gesellschaft zum Beitritt. Es zeugte von sehr schlechter Lebensart, dem Jugendklub nicht anzugehören.
    Guillaume Porquier strich indessen mit dem Lachen eines jungen Wolfs, der davon träumt, in den Schafstall einzubrechen, um den Klub herum. Trotz der schrecklichen Angst, die sie vor ihrem Vater hatten, schwärmten Herrn Maffres Söhne für diesen großen, schamlosen Burschen, der ihnen Geschichten aus Paris erzählte und in den Gefilden der Umgebung Lustpartien mit Damen

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