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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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mithielt, die legitimistischen Blätter aus Paris und aus den benachbarten Departements. Manchmal machte er sich in einem Heftchen rasch eine Notiz, worauf er sich, den Stammgästen abermals zulächelnd und ihnen die Hand gebend, taktvoll zurückzog. An manchen Tagen blieb er jedoch länger, interessierte sich für eine Partie Schach, sprach fröhlich von allen möglichen Dingen. Die jungen Leute, die ihn sehr gern hatten, sagten von ihm: »Wenn er plaudert, würde man nie glauben, daß er Priester ist.«
    Als der Sohn des Bürgermeisters mit ihm über die Verlegenheit gesprochen hatte, in die Guillaumes Antrag den Ausschuß versetzte, versprach Abbé Faujas, sich ins Mittel zu legen. Tatsächlich besuchte er gleich am nächsten Tag Doktor Porquier, dem er die Angelegenheit erzählte. Der Doktor war niedergeschmettert. Sein Sohn wollte ihn also vor Gram sterben lassen, indem er seinen weißen Haaren Schande bereite. Und was sollte man nun beschließen? Würde das Gesuch zurückgezogen, wäre die Schande nicht weniger groß. Der Priester riet ihm, Guillaume für zwei oder drei Monate auf ein Besitztum zu verbannen, das der Doktor einige Meilen entfernt besaß; das übrige übernehme er. Die Lösung war eine der einfachsten. Sobald Guillaume abgereist war, legte der Ausschuß den Antrag beiseite und erklärte, daß nichts eile und eine Entscheidung später getroffen werde.
    Doktor Porquier erfuhr diese Lösung eines Nachmittags durch Lucien Delangre, als er im Garten der Unterpräfektur war. Er lief auf die Terrasse. Es war die Stunde, in der Abbé Faujas das Brevier zu lesen pflegte; er wandelte unter Mourets Laubengang.
    »Ah! Herr Pfarrer, welchen Dank schulde ich Ihnen!« sagte der Doktor und neigte sich hinüber. »Ich wäre sehr glücklich, Ihnen die Hand zu drücken.«
    »Dazu ist es ein bißchen hoch«, antwortete der Priester, der die Mauer mit einem Lächeln betrachtete.
    Aber Doktor Porquier war ein Mann, dem das Herz überströmte und den Hindernisse nicht entmutigten.
    »Warten Sie«, rief er. »Wenn Sie erlauben, Herr Pfarrer, komme ich herum.« Und er verschwand.
    Noch immer lächelnd, wandte sich der Abbé langsam der kleinen Pforte zu, die sich zur Chevilottes Sackgasse hin öffnete. Doktor Porquier pochte bereits mit leisen, diskreten Schlägen gegen das Holz.
    »Diese Pforte ist nämlich vernagelt«, murmelte der Priester. »Einer der Nägel ist abgebrochen … Wenn man ein Werkzeug hätte, wäre es nicht schwierig, den anderen rauszuziehen.«
    Er sah sich um, erblickte einen Spaten. Nun öffnete er mit einer leichten Anstrengung die Pforte, deren Riegel er zurückgezogen hatte. Dann ging er auf die ChevilottesSackgasse hinaus, wo ihn Doktor Porquier mit guten Worten überschüttete. Als sie plaudernd die Sackgasse entlangspazierten, öffnete Herr Maffre, der sich gerade in Herrn Rastoils Garten befand, seinerseits die hinter dem Wasserfall versteckte kleine Pforte. Und die Herren lachten sehr, sich solcherart alle drei in dieser verlassenen Gasse zu treffen.
    Sie blieben eine Weile dort. Als sie sich von dem Abbé verabschiedeten, streckten der Friedensrichter und der Doktor den Kopf in Mourets Garten und schauten sich neugierig um.
    Mouret, der Stützen an die Tomatenstöcke setzte, bemerkte sie indessen, als er aufblickte. Er war sprachlos vor Überraschung.
    »Na also! Da sind sie nun bei mir«, murmelte er. »Fehlt nur noch, daß der Pfarrer die beiden Banden hierherbringt!«
     

Kapitel XIII
    Serge war damals neunzehn Jahre alt. Er hatte im zweiten Stock, gegenüber der Wohnung des Priesters, ein kleines Zimmer, in dem er fast wie in einer Klosterzelle lebte und viel las.
    »Ich werde deine Schwarten ins Feuer werfen müssen«, sagte Mouret zornig zu ihm. »Du wirst sehen, daß du schließlich krank dadurch wirst.«
    Tatsächlich war der junge Mann so nervös veranlagt, daß er bei der geringsten Unvorsichtigkeit Unpäßlichkeiten wie ein Mädchen hatte, Wehwehchen, die ihn zwei oder drei Tage lang in seinem Zimmer festhielten. Rose ertränkte ihn dann geradezu mit Gesundheitstee, und falls sie da war, wenn Mouret heraufkam, um ihn ein bißchen aufzurütteln, wie er sagte, setzte sie ihren Herrn vor die Tür und schrie ihn an:
    »Lassen Sie dieses Herzchen doch in Ruhe! Sie sehen ja, daß sie ihn umbringen mit ihren Roheiten … Ich sage Ihnen, er hat kaum etwas von Ihnen, er ist ganz das Ebenbild seiner Mutter. Sie werden die beiden nie verstehen, weder ihn noch sie.«
    Serge lächelte. Seit

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