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Die Erpresserin

Die Erpresserin

Titel: Die Erpresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wie
nichts!«
    Ein Kellner trat an die Nische,
und ich bestellte einen Bourbon auf Eis für mich und ein Glas für Snell von
dem, was er eben trank.
    »Danke.« Seine verblichenen
blauen Augen blickten mich mit einem schlauen Ausdruck an. »Aber es ist Ihnen
doch völlig egal, auf welche Weise das geschehen ist, Holman. Was wollen Sie
von mir?«
    »Kennen Sie Rawlings’ Tochter
Angie?«
    »Ich erinnere mich an sie«,
sagte er. »Ein entzückendes Kind. Als ich sie das letztemal sah, war sie acht, neun Jahre alt. Sonia brachte sie eines Tages ins Studio
mit; sie steckten mitten in einem Streit wegen der Alimente, und ich glaube,
sie dachte, wenn sie das Kind mit ins Atelier brächte, könnte sie damit einen
gewissen Druck auf Clay ausüben, damit er die Dinge mit ihren Augen
betrachtete... Aber was ist mit ihr?«
    Ich erzählte ihm von Angie und
dem Maler, von dem Drohbrief, den Clay bekommen hatte, der ihn und seine
Tochter betraf.
    »Wenn es sich nur um Clay
drehte, so würde ich abwarten, bis es passiert ist, und dann ein großes
Freudenfest geben«, brummte er. »Aber mit der Kleinen ist es etwas anderes.«
    »Kennen Sie jemand, der Clay so
haßt, daß er versuchen würde, ihm durch seine Tochter an den Kragen zu fahren?«
fragte ich.
    »Nein«, erwiderte er, ohne zu
zögern. »Wenn man da steht, wo Clay jetzt steht, dann hat man natürlich eine
Unmenge Feinde. Aber dabei handelt es sich um berufliche Feinde, verstehen Sie?
Man müßte nach jemandem suchen, der ihm vom Gefühl her sehr nahe steht.«
    »Vermutlich«, sagte ich
vorsichtig. »Kennen Sie so jemand?«
    Die Drinks trafen ein, und er
hob gemächlich sein Glas. »Nein, aber da ist etwas — vielleicht ist es auch nur
ein lausiger Zufall? Vor zwei Monaten hat Clay mich hinausgeschmissen und etwa
um denselben Zeitpunkt herum zog Angie aus, um mit ihrem Maler zusammen zu
leben, nicht wahr?«
    »Und?« brummte ich.
    »Zuvor war Clay für einen
ganzen Monat weggewesen«, sagte er langsam. »Er verschwand einfach, und als er
zurückkam, wollte er niemandem erzählen, wo er gewesen war oder was er getan
hatte. Aber eines war verdammt sicher, er war verändert als er zurückgekehrt
war; er begann zu saufen, war nervös und die ganze Zeit über ausgesprochen
widerwärtig. Vielleicht liegt die Erklärung für das Ganze in diesem Monat,
Mister. Vielleicht ist ihm da etwas wirklich Übles zugestoßen. Entweder ihm
selbst oder er hat jemand anderem etwas angetan.«
    »Das ist möglich.« Ich fühlte
mich enttäuscht. »Gibt es sonst noch jemanden, der ihm nahesteht, mit dem ich
sprechen könnte?«
    »Clay steht niemandem nahe«,
sagte er mit einem Unterton der Endgültigkeit in der Stimme. »Das war immer so.
Ich war dreißig Jahre mit ihm zusammen, und in der ganzen Zeit bin ich ihm
nicht nahegekommen. Ich bin absolut sicher, daß es mit keiner seiner Frauen
anders war, einschließlich der jetzigen.«
    »Nun, jedenfalls vielen Dank«,
sagte ich.
    »Wofür?«
    Das war eine gute Frage. Ich
trank mein Glas leer und ließ ihn mit seinem steifen Bein, seinem Whisky und
seinen Erinnerungen in der Nische zurück. Die ganze Geschichte wirkte
unmöglich, fand ich, und das beste wäre gewesen, sie einfach beiseite zu
schieben. Seiner Frau zufolge brauchte Clay dringend Hilfe, aber er hatte mich nicht
darum gebeten. Angie brauchte ebenfalls Hilfe, aber sie hatte sich geweigert,
welche von mir anzunehmen. Also war alles, was ich tun konnte, den Tag unter
meinen übrigen Erfahrungen abzubuchen und darauf zu warten, daß ein Kunde mit
einem wirklichen Problem daherkam. Im Augenblick brauchte ich etwas Handfestes,
und zwar vorzugsweise eine stramme Blonde.
    Gegen acht Uhr abends klingelte
das Telefon. Ich saß im Patio, im hinteren Teil meines Status Symbol Hauses in
Beverly Hills, sah zu, wie sich der abendliche Himmel über meinem Status Symbol
Swimmingpool zu verdunkeln begann und dachte an so gut wie gar nichts. Ein
letzter goldener Strahl erstreckte sich noch vom Horizont nach oben wie ein
Lebewohlgruß des vergehenden Tages. Gedämpft durch die Entfernung hörte ich
Pearl Bailey » Melancholy , Baby« singen.
    Es war ein wundervoller, träger
früher Abend. Die Eiswürfel in meinem Bourbon waren eben ausreichend
geschmolzen, um ihm dieses klare, kalte Aroma zu verleihen, ohne den Geschmack
zu verwässern. Zum Teufel mit Alexander Graham Bell und seiner quälenden
Erfindung. Heute abend wollte Holman seinen leidenschaftlichen Protest gegen die reiche und

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