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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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Sprühfarbe ASCHE ZU ASCHE, STAUB ZU geschrieben. Die Fenster sind blind. Mag sein, dass hier früher mal jemand gewohnt hat, aber jetzt steht das Haus leer.
    Was wollten Sie denn hier.
    Gar nichts. Fahren Sie.
     
    D as mit den Schornsteinen ist vermutlich Zufall. Trotzdem. Hier der grobe Umriss des Humouse House:

     
    Woran erinnert Sie das.
    Cambridge liegt unter einer dünnen Schneedecke. Sämtliche Fahrradfahrer haben Metallklammern um die Hosenbeine. Ihre Vorderräder schlackern, weil sie beim Fahren entweder rauchen oder lesen. Wenn man sie nach dem Weg zum Humouse House fragt, antworten sie mit dem Akzent von meinem Dad, sie hätten keinen Schimmer. Oder sie sagen, das sei da drüben, über den Cam. Ah ja. Der Cam ist der Fluss, der Toff nur bis zur Hüfte reicht. Vielen Dank. Es ist zwar alles sehr nett, aber grau, und die intensive Farbe einer glühenden Zigarettenspitze raubt einem regelrecht den Atem.
    Kein Starbucks weit und breit.
    Ob Wedge da drin ist.
    Als ich Leonel de Tigrel anrief, teilte mir sein Assistent Michael mit, Leonel sei bis Mai komplett ausgebucht.
    Ich warf einen Blick auf die Liste in meiner Hand. Ähm. Sagen Sie ihm, wessen Tochter ich bin.
    Wessen Tochter sind Sie denn.
    Michael bat mich zu warten. In der Warteschleife lief Werbung für Duracell.
    Und jetzt treffe ich mich mit Leonel de Tigrel, in demselben Pub, in dem Watson und Crick die DNA entdeckten. Die meisten Leute wissen nicht, dass die DNA in einem Pub entdeckt wurde – und was für eine wichtige Rolle Bier bei dieser Entdeckung spielte.
    Ich wollte mich im Humouse House mit ihm treffen, aber er sagte Nein, er könne mich unmöglich ins Gebäude lassen, denn erstens habe er sich eine scheußliche Erkältung, wenn nicht gar eine unheilbare Form der Tuberkulose zugezogen, und zweitens hätten viele Mäuse menschliche Immunsysteme.
    Wie praktisch. Ach übrigens: Ich habe auch ein menschliches Immunsystem.
    Aber wir könnten uns in seinem Lieblingspub treffen, wo er jeden Tag ein flüssiges Mittagessen zu sich nehme.
    Okay, sagte ich.
    Er klang überdreht. Und verschnupft. Und ganz und gar nicht belgisch.
     
    Dem Artikel habe ich entnommen, dass Leonel de Tigrel sich hauptsächlich von Bier und KitKat-Riegeln ernährt. Also habe ich ihm ein KitKat mitgebracht. Ich lege das KitKat vor mir auf den Tisch und bestelle eine Tasse Kaffee. Dann überfliege ich meine korrigierte Liste:
    Audrey Flowers, Tochter von.
    Wedge, erstaunliches Alter von.
    Wedge, Herzfrequenz von, Oberkörperkraft von, umwerfendes Potenzial von.
    Belgier, Komplize von.
    Walter Flowers, Ihr Rachefeldzug gegen.
    Toff, Ihre Bekanntschaft mit.
    Sechs Punkte müsste ich eigentlich im Kopf behalten können, oder. Ja. Ich falte die Liste wieder zusammen und stecke sie in meine Tasche.
    Abgesehen von einer Plakette auf dem Weg zum Klo prahlt das Pub nicht eben mit seiner ruhmreichen Vergangenheit. Ich versuche, mir vorzustellen, wie die Entdeckung der DNA vonstattenging. Haben sie Mikroskope mit ins Pub genommen. Oder war es reine Rechnerei. Haben Watson und Crick lediglich eine Gleichung gelöst, vielleicht sogar auf einer Serviette. Oder öffnete am Nebentisch jemand eine Flasche Wein, und als sie sahen, wie der Korkenzieher im Korken verschwand, hatten sie eine Vision der Doppelhelix. Aha!
    An dem Tisch links von mir sitzen drei Stricker. Zwei junge Frauen und ein Mann. Studenten. Sie plaudern, ohne die Nadeln aus den Augen zu lassen. Hin und wieder halten sie inne und trinken einen Schluck Bier oder zupfen an ihren Wollknäueln herum. In dem Pub, in dem die DNA entdeckt wurde, sitzen Studenten und stricken. In dem Pub, in dem Leonel de Tigrel, Hanswurst, Heilsbringer oder was auch immer, jeden Tag ein flüssiges Mittagessen zu sich nimmt, sitzen Studenten und stricken.
    Die Fülle des Lebens ist mitunter überwältigend.
     
    Da kommt er. Er putzt sich die Nase. Ich winke. Er hebt den Ellenbogen zum Gruß. Geht schnurstracks zur Theke.
    Er trägt ein Hawaiihemd und darüber einen dünnen grauen Pulli.
    Scheußliche Erkältung, sagt er und setzt sich.
    Ja, das haben Sie schon am Telefon gesagt.
    Das mit Ihrem Vater tut mir leid.
    Er trägt einen Pferdeschwanz, der aussieht, als sei er seit einem Monat nicht gebürstet worden. Und einen Bart, der aussieht, als habe er ihn vor der Tür erst gebürstet. Die Stricker interessieren ihn nicht die Bohne. Das KitKat dafür umso mehr.
    Für Sie, sage ich und schiebe es ihm über den Tisch.
    Wie aufmerksam.
    Er ist

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