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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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besonders zahlreich sind und es folglich nicht allzu viel zu schwelgen gibt, reitet er natürlich auf der legendären Nacht herum, in der ich von zu Hause ausriss und mir im Civil Manor heimlich ein Zimmer nahm. Ganz allein. Und klitzeklein.
    Ja, damals war ich bestenfalls drei Käse hoch. Aber jetzt, Toff. Sitzt eine veritable Königin vor dir. Na ja, wenn schon keine Königin, dann doch wenigstens ein ausgewachsener Hofnarr.
    Er ergeht sich in grotesken Verrenkungen, während er die Qualen schildert, die sie meinetwegen durchleiden mussten, die Telefonanrufe, die Suchmannschaft.
    Ich blicke zu Onkel Thoby, der bei der Erinnerung ganz kleine, traurige Augen kriegt. Okay. Genug. Ich werde das im Keim ersticken, bevor es sich zu einer Epidemie auswächst. Können wir das nicht auf später verschieben, Toff.
    Er stutzt, sieht zu Onkel Thoby, nickt und steckt die Nase in die Speisekarte.
    Ich frage, wie es Großmutter geht. Nicht gut, sagt er. Dann weiß sie, dass das Komma vorbei ist. Ja. Er habe sie heute Morgen angerufen.
    Wäre das nicht eher unsere Aufgabe gewesen, frage ich Onkel Thoby.
    Onkel Thobys Nacken scheint ihn von Neuem zu plagen.
    Sie war darauf vorbereitet, sagt Toff.
    Ach ja. Wie interessant. Hast du sie darauf vorbereitet.
    Sie wusste von der Krankheit deines Vaters, ja.
    Krankheit kann man das ja wohl kaum nennen. Wir haben schließlich alle eine Medulla oblongata, die einen Knacks bekommen könnte.
    Die Harpyie überspielt das peinliche Schweigen. Na schön, weiter im Text. Dann bist du also in Großmutters Auftrag hier.
    So würde ich das nicht sagen.
    Aber du bist ihr Anwalt.
    Ich bin hier als Freund und Testamentsvollstrecker deines Vaters.
    Interessant. Dann wusstest du also schon bei deiner Abreise aus England, dass es etwas zu vollstrecken gibt.
    Oddly, sagt Onkel Thoby. Was soll denn das. Ich habe dir das doch alles ausführlich erklärt.
    Ach ja. Komisch, aber daran kann ich mich gar nicht erinnern. Mal sehen, was Toff dazu zu sagen hat.
    Toff greift nach seinem Aktenkoffer und sagt, mein Vater habe ihn beziehungsweise seine Kanzlei vor einigen Jahren gebeten, ein Testament für ihn aufzusetzen.
    Darüber muss ich lachen. Wenn auch nur ganz leise, nur für mich.
    Was, sagt er.
    Ich bitte dich. Ich stoße Onkel Thoby in die Seite. So etwas würde mein Dad niemals tun. Niemals.
    Anscheinend doch, Oddly. Anscheinend doch.
     
    Toffs Suppe kommt. Und das angebliche Testament von meinem Dad liegt gleich neben dem Teller – ich glaube, es ist Hummercreme. Toff redet in einer Tour. Er blättert mit spitzen Fingern, während er mit der anderen Hand die Suppe löffelt. Aktien. Anleihen. Ich höre nur mit halbem Ohr hin. So etwas würde mein Dad niemals tun. Ich sehe zu Onkel Thoby. Ich versuche, mich mit ihm per Blickkontakt gegen Toff zu verbünden. Genau das brauche ich jetzt. Denn nur der Blickkontakt wider den gemeinsamen Feind gibt uns die nötige Kraft. Wir müssen übereinkommen, dass Toff der Teufel ist und uns einen Pakt andrehen will, und darum müssen wir auf der Hut sein.
    Aber Onkel Thoby sitzt einfach da und lauscht andächtig.
    Darf ich mal.
    Ich greife nach dem Testament.
    Toff fällt der Löffel aus der Hand.
    Ich schaffe das Testament außer Reichweite und überf liege einen Absatz:
    d) alles meiner Tochter Audrey Flowers zu übertragen und zu übereignen, sofern diese am zehnten Tag nach meinem Tode noch am Leben ist … Sofern sie noch am Leben ist!
    Das ist eine Standardklausel, sagt Toff.
    Genau das meine ich. Mein Dad hätte diese Standardklausel niemals hingenommen. Er hat sein Leben lang dafür gekämpft, solche Klauseln nicht hinnehmen zu müssen.
    Toff sieht Onkel Thoby an.
    Wir müssten noch das eine oder andere ins Reine bringen, sagt Toff.
    Onkel Thoby schüttelt den Kopf. Jetzt nicht. Dann sagt er: Gib das Testament zurück, Oddly.
    Ich lese weiter. Mein Dad würde so etwas niemals … Ich halte abrupt inne. Die Harfenistin spielt »O Tannenbaum«. Als ob mich so ein Baum je wieder hoch erfreuen könnte.
    Ich springe auf.
    Oje, sagt Onkel Thoby.
     
    M anchmal nimmt Chuck mich mit zum Fenster und sagt: Sieht der Willamette nicht einladend aus. Ich habe keine Ahnung, was er mir damit sagen möchte. Vielleicht will er mir einen neuen Namen verpassen. Wie die meisten Mieter. Früher oder später. Wenn sie mich erst einmal näher kennen, haben sie plötzlich das Gefühl, dass mein Name nicht zu mir passt. Draußen regnet es in Strömen.
    Jetzt hebt er mich schon wieder

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