Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman
sich nicht wünschen.«
»Ja, ja. Hier, erklär mir das mal.« Sie setzte sich aufs Bett und winkte ihn zu sich. Sie hatte eine Seite mit einer frühen Version der Formel und mehreren ungenauen Graphen aufgeschlagen.
»Die Grundidee ist die: Du nimmst zwei Leute und stellst fest, ob sie Sitzenlasser oder Sitzengelassene sind. Du definierst einen Maßstab, –5 für den extremen Sitzengelassenen, +5 für den extremen Sitzenlasser. Die Differenz zwischen beiden Zahlen ist die Variable D, und wenn du D in die Formel einsetzt, erhältst du einen Graphen, der die Beziehung der beiden vorhersagt. Nur –« – er hielt inne, während er nachdachte, wie er sein Scheitern poetisch ausdrücken könnte. »Es haut nicht hin.«
Ohne ihn anzusehen, klappte sie den Notizblock zu. »Verbrenn es«, sagte sie. »Aber nicht heute Nacht. Ich will es für ein paar Tage haben.«
»Na gut«, antwortete Colin und wartete darauf, dass Lindsey noch etwas sagte.
Schließlich erklärte sie: »Es ist eine saucoole Art, Geschichten zu erzählen. Ich meine, ich hasse Mathe. Aber das hier ist cool.«
»Gut. Aber dann verbrennen wir es«, sagte Colin mit erhobenem Zeigefinger.
»Versprochen. Und jetzt geh ins Bett, bevor dein Tag noch schlimmer wird.«
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
[11] Am fünften Abend in Gutshot trennten sich Hassans und Colins Wege. Hassan ging mit Lindsey »rumfahren«, eine Freizeitbeschäftigung, bei der man anscheinend in Hollis’ pinkfarbenem Truck vom Gutshot General Store zur Taco-Hell-Tankstelle fuhr und zurück und dann wieder zur Taco-Hell-Tankstelle, ad infinitum.
»Komm mit«, sagte Hassan. Er stand neben Lindsey im Wohnzimmer. Sie trug baumelnde blaue Ohrringe und mächtig Rouge, mit dem sie etwas überhitzt aussah.
»Ich bin mit dem Lesen im Rückstand«, erklärte Colin.
»Mit dem Lesen im Rückstand? Du liest den ganzen Tag«, sagte Lindsey.
»Ich bin total im Rückstand, weil ich so viel über dem Theorem gesessen habe, und wegen der ganzen Interviews. Ich versuche, vierhundert Seiten am Tag zu lesen – seit ich sieben bin.«
»Auch am Wochenende?«
» Vor allem am Wochenende. Am Wochenende lese ich zum Vergnügen.«
Hassan schüttelte den Kopf. »Du bist so ein beschippter Streber, Mann. Und das sagt dir ein übergewichtiger Startrek -Fan, der in Mathe für Fortgeschrittene fünfzehn Punkte hatte. Jetzt weißt du, dass deine Lage kritisch ist.« Als Glück bringende Geste wuschelte er Colin durch den Afro, dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging.
»Du solltest mitgehen. Aufpassen, dass sie nichts Dummes anstellen«, rief Hollis von der Couch.
Wortlos griff Colin nach seinem Buch (eine Biographie von Thomas Edison 55 ), ging hoch in sein Zimmer und legte sich aufs Bett, um in Frieden zu lesen. Nach fünf Stunden hatte er das Buch durch und ein neues angefangen, das er im Regal gefunden hatte: Das Foxfire-Buch . Es ging um die Sitten und Gebräuche in den Appalachen in der alten Zeit.
Das Lesen beruhigte seine Gedanken ein wenig. Ohne Katherine und ohne das Theorem und ohne die Hoffnung, je etwas Wichtiges zu leisten, war nicht viel übrig. Wenigstens die Bücher waren ihm geblieben. Bücher waren die ultimativen Sitzengelassenen: Leg es weg, und es wird immer auf dich warten; schenk ihm Aufmerksamkeit, und es liebt dich immer zurück.
Aus Foxfire hatte Colin gerade gelernt, wie man einen Waschbären häutet und sein Fell gerbt, als Hassan unter grölendem Gelächter in sein Zimmer platzte, gefolgt von Prinzessin, dem verschlafenen verfilzten Teppichknäuel.
»Ich sag’s dir gleich, Kafir. Ich hab ein halbes Bier getrunken.«
Colin zog die Nase kraus und schnüffelte. »Siehst du, trinken ist haram . Ich habe dir gesagt, du machst die ganze Zeit irgendwelchen Mist, der haram ist.«
»Ach, komm schon. Andere Länder, andere Fritten.«
»Deine Frömmigkeit gereicht uns allen zum Vorbild«, sagte Colin sarkastisch.
»Mach mir kein schlechtes Gewissen. Ich habe mir ein Bier mit Lindsey geteilt. Ich spüre nichts. Betrunken sein, das ist haram . Ein halbes Bier trinken nicht. Jedenfalls macht rumfahren echt Spaß. Stell dir vor, ich durfte anderthalb Stunden mit DAC und JAK und TAK im Pick-up sitzen, und eigentlich sind sie gar nicht so übel. Ich glaube, ich konnte sie von mir überzeugen. Und Katrina auch, die, wie sich rausstellt, echt nett ist. Und wenn ich nett sage, meine ich zum Fressen. Auch wenn es total albern
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