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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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musterte Vackeers, trank seinen Tee, aß einen Zwieback und erhob sich.
    »Ich habe Ihre Gastfreundschaft schon allzu sehr strapaziert. Ich lasse Sie jetzt in Ruhe und kehre in mein Hotel zurück.«

    Vackeers antwortete nicht und sah Ivory nach, als dieser auf den Flur ging.
    »Danke für den wunderbaren Abend, mein lieber Freund«, sagte Ivory und griff nach seinem Regenmantel. »Wir sehen beide furchtbar aus, aber ich muss sagen, dass wir schon lange nicht mehr so gut gespielt haben.«
    Er knöpfte den Mantel zu und schob die Hände in die Taschen. Vackeers schwieg noch immer.
    Ivory zuckte mit den Schultern und entriegelte das Schloss, und erst in diesem Moment fiel sein Blick auf den Zettel, der gut sichtbar auf dem kleinen Tisch neben der Tür lag. Er zögerte, nahm das Blatt und entdeckte eine Folge von Ziffern und Buchstaben. Von seinem Stuhl in der Küche aus, von dem er sich anscheinend nicht zu bewegen gedachte, ließ Vackeers ihn nicht aus den Augen.
    »Danke«, murmelte Ivory.
    »Wofür?«, knurrte Vackeers. »Sie wollen sich doch wohl nicht dafür bedanken, dass Sie meine Gastfreundschaft missbraucht haben, um meine Schubladen zu durchwühlen und mir den Zugangscode zu meinem Computer zu stehlen. Sie sind zwar für Ihre Dreistigkeit bekannt, aber selbst Sie würden nicht so weit gehen.«
    »Natürlich nicht, so dreist wäre ich nicht.«
    »Wie beruhigend.«
    Ivory schloss die Tür hinter sich. Er hatte gerade noch Zeit, seine Sachen aus dem Hotel zu holen, ehe der Thalys fuhr. Auf der Straße winkte er ein Taxi heran.
    Vackeers lief in seiner Wohnung auf und ab. Er stellte seine Teetasse auf dem Tischchen im Flur ab und ging zum Telefon.
    »Hier AMSTERDAM«, sagte er, sobald der Angerufene abgehoben hatte. »Informieren Sie die anderen, wir müssen eine
Sitzung einberufen, heute Abend, zwanzig Uhr, Telefonkonferenz.«
    »Warum nicht über Internet, wie wir es sonst immer tun?«, fragte Kairo.
    »Weil mein Computer nicht funktioniert.«
    Vackeers legte auf und zog sich an.

Paris
    Keira war sofort zu Jeanne gefahren, ich hatte es vorgezogen, die beiden alleine ihr Wiedersehen feiern zu lassen. Ich erinnerte mich, dass es im Marais ein Antiquariat gab, das die schönsten optischen Geräte der Hauptstadt anbot. Einmal im Jahr bekam ich einen Katalog an meine Londoner Adresse geschickt. Die meisten dort abgebildeten Stücke überstiegen meine Mittel, aber anschauen kostete nichts, und ich hatte drei Stunden Zeit totzuschlagen.
    Als ich das Geschäft betrat, saß der betagte Besitzer an seinem Schreibtisch und reinigte ein schönes Astrolabium. Zunächst beachtete er mich nicht weiter, bis ich gebannt vor einer Armillarsphäre von außergewöhnlicher Qualität stehen blieb.
    »Das Modell, das Sie da bewundern, junger Mann, wurde von Gualterus Arsenius hergestellt. Manche behaupten, sein Bruder Regnerus habe dieses Meisterstück mit ihm entworfen«, erklärte der Antiquar und erhob sich.
    Er kam zu mir, öffnete die Vitrine und zeigte mir das wertvolle Objekt.
    »Es ist eine der schönsten Arbeiten, die im sechzehnten Jahrhundert in den flämischen Werkstätten entstanden sind. Es gab verschiedene Hersteller mit Namen Arsenius. Sie entwarfen nur Astrolabien und Armillarsphären. Gualterus war ein Verwandter des Mathematikers Gemma Frisius. Jener hat 1553 in Antwerpen eine Abhandlung veröffentlicht, welche die älteste Beschreibung der Prinzipien der Triangulation, sowie
eine Methode zur Festlegung der Längengrade enthält. Was Sie hier vor Augen haben, ist wirklich ein äußerst seltenes Stück und sein Preis entsprechend.«

    »Das heißt?«
    »Unschätzbar, wenn es sich um ein Original handeln würde«, fuhr der Antiquar fort und stellte das Prachtstück in die Vitrine zurück. »Dies ist leider nur eine Kopie, vermutlich hat ein reicher holländischer Händler sie Ende des achtzehnten Jahrhunderts anfertigen lassen, um seine Umgebung zu beeindrucken. Ich langweile mich«, sagte der alte Herr und seufzte. »Wollen Sie eine Tasse Kaffee mit mir trinken? Es ist schon lange her, dass ich das Vergnügen hatte, mich mit einem Astrophysiker zu unterhalten.«

    »Woher wissen Sie meinen Beruf?«, fragte ich verblüfft.
    »Nur wenige Leute verstehen es, mit solcher Leichtigkeit diese Art von Instrumenten zu bedienen, und nachdem Sie nicht wie ein Händler aussehen, bedarf es keines großen Scharfsinns, um Ihre Tätigkeit zu erraten. Was für Instrumente suchen Sie genau? Ich habe einige Stücke, deren Preis

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