Die erste Nacht - Roman
fort.
»So«, sagte er zu Ivory, »noch ein paar Schritte, und wir erreichen einen kleinen Hof. Ich weiß nicht, ob jemand gesehen hat, wie Sie den Palast betreten haben, doch niemand wird beobachten, wie Sie ihn verlassen, da können Sie ganz sicher sein.«
»Was für ein eigenartiges Labyrinth, daran werde ich mich nie gewöhnen.«
»Wir hätten auch den Zugang zur Neuen Kirche nehmen können, aber der ist noch feuchter, und wir hätten uns nasse Füße geholt.«
Vackeers stieß eine Tür auf, es folgten ein paar Stufen, dann standen sie im Freien. Draußen wehte ein eisiger Wind, und Ivory schlug seinen Mantelkragen hoch. Die beiden alten Freunde liefen die Hoogstraat an der Gracht hinauf.
»Nun, was bereitet Ihnen solche Sorgen?«, fragte Vackeers.
»Meine beiden Schützlinge haben sich wiedergefunden.«
»Das ist doch eher eine gute Neuigkeit. Nach dem üblen Streich, den wir Sir Ashton gespielt haben, sollten wir dieses Ereignis feiern, statt so eine Trauermiene aufzusetzen.«
»Ich bezweifele, dass Ashton es dabei bewenden lässt.«
»Diese Provokation bei ihm zu Hause war etwas übertrieben, ich hatte Ihnen zu mehr Diskretion geraten.«
»Wir hatten keine Zeit, die junge Archäologin musste so schnell wie möglich befreit werden. Sie hatte lange genug hinter Gittern gehockt.«
»Diese Gitter hatten den Vorteil, sie und infolgedessen auch Ihren Astrophysiker außerhalb Ashtons Reichweite zu halten.«
»Dieser Irre hat auch ihn angegriffen.«
»Haben Sie Beweise dafür?«
»Ich bin ganz sicher, dass er ihn hat vergiften lassen! Ich habe große Mengen Tollkirsche auf seinem Grundstück gesehen. Die Frucht dieser Pflanze bewirkt ernsthafte Lungenschäden.«
»Ich bin sicher, dass viele Leute Tollkirschen auf ihrem Grundstück haben, ohne deshalb gleich Serienkiller zu sein.«
»Vackeers, wir wissen beide, wozu dieser Mann fähig ist. Ich war vielleicht etwas dreist, aber nicht unbesonnen, ich dachte wirklich …«
»Sie dachten an nichts anderes, als Ihre Forschungen wieder voranzutreiben! Hören Sie zu, Ivory, ich verstehe Ihre Motive, aber eine Fortsetzung dieser Arbeit ist nicht ungefährlich. Wenn sich Ihre beiden Schützlinge wieder auf die Suche nach einem neuen Fragment machen, bin ich gezwungen, die anderen zu informieren. Ich kann nicht ewig das Risiko eingehen, des Verrats bezichtigt zu werden.«
»Momentan ruhen sich Keira und Adrian in Griechenland aus, nachdem er einen schlimmen Rückfall erlitten hat.«
»Hoffen wir, dass sie noch eine Weile dort bleiben.«
Auf einer Brücke über die Gracht blieb Ivory stehen und stützte sich auf das Geländer.
»Ich mag diesen Ort«, sagte Vackeers und seufzte. »Ich glaube, er ist mir der liebste in ganz Amsterdam. Dieser Blick von hier, ist er nicht umwerfend?«
»Ich brauche Ihre Hilfe, Vackeers. Ich weiß, dass Sie immer pflichttreu waren, und ich verlange nicht, dass Sie die Organisation verraten, doch wie in der Vergangenheit werden
sich früher oder später Allianzen bilden. Sir Ashton wird seine Feinde zählen …«
»Auch Sie werden die Ihren zählen, und da Sie nicht mehr mit am Tisch sitzen, wünschen Sie sicher, dass ich Ihr Sprecher bin, der möglichst viele überzeugt, das erwarten Sie doch von mir, oder?«
»Das und noch etwas mehr«, sagte Ivory.
»Was noch?«, fragte Vackeers verwundert.
»Ich brauche Zugang zu Hilfsmitteln, über die ich nicht verfüge.«
»Hilfsmittel?«
»Ihren Computer, um auf den Server zu gelangen.«
»Nein, das ist nicht möglich, das würde sofort auffallen, und ich wäre bloßgestellt.«
»Nicht wenn Sie bereit wären, ein kleines Kästchen hinten an Ihrem Rechner anzubringen.«
»Welche Art Kästchen?«
»Ein Gerät, mit dem eine verborgene Verbindung hergestellt wird, die nicht entdeckt werden kann.«
»Sie unterschätzen die Organisation. Die jungen Informatiker, die dort arbeiten, wurden unter den besten ausgewählt und sind zum Teil sogar ehemalige Hacker.«
»Wir beide spielen besser Schach als irgendeiner dieser jungen Männer, vertrauen Sie mir«, sagte Ivory und hielt Vackeers eine kleine Schachtel hin.
Der betrachtete den Gegenstand mit sichtbarem Unbehagen.
»Wollen Sie mich abhören?«
»Ich will mich nur Ihres Zugangscodes bedienen, um ins Netz zu kommen. Dabei riskieren Sie nichts, das versichere ich Ihnen.«
»Wenn ich verdächtigt werde, laufe ich Gefahr, festgenommen und vor Gericht gestellt zu werden.«
»Vackeers, kann ich auf Sie zählen oder nicht?«
»Ich
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