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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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wie die Zeit vergangen ist, das ist unverzeihlich, aber es war so spannend, ich habe dir tolle Neuigkeiten zu berichten, wo bist du? Ich weiß, dass es schon nach zehn ist, aber ruf mich an, ruf mich an, ruf mich an!« Dann telefonierte sie ein zweites Mal, um mir die Nummer ihrer Schwester zu hinterlassen. Und ein drittes, um mir zu sagen, dass sie sich wirklich Sorgen mache, weil sie nichts von mir hörte. Beim vierten Mal fing sie an wütend zu werden, und beim fünften warf sie mir meinen schlechten Charakter vor. Ein sechster Anruf folgte um drei Uhr morgens und ein letzter, bei dem sie auflegte, ohne etwas zu sagen.
     
    Ich hatte in einem kleinen Hotel auf der Île Saint-Louis übernachtet. Nach dem Frühstück ließ ich mich mit dem Taxi zu Jeannes Wohnung fahren. Nachdem der Türcode noch immer eingeschaltet war, setzte ich mich auf die Bank gegenüber und las Zeitung.
    Kurz darauf verließ Jeanne das Haus. Sie erkannte mich und kam zu mir.
    »Keira hat sich furchtbare Sorgen gemacht.«
    »Nicht nur sie.«

    »Es tut mir wirklich leid, ich bin auch wütend auf sie.«
    »Ich bin gar nicht wütend«, gab ich zurück.
    »Dann sind Sie aber ganz schön blöd!«
    Damit wandte sich Jeanne zum Gehen, kam aber nach wenigen Schritten zurück.
    »Ihr gestriges Treffen mit Max war rein professioneller Natur, aber ich habe nichts gesagt.«
    »Wären Sie so nett, mir den Türcode zu geben?«
    Jeanne schrieb ihn auf ein Stück Papier und machte sich auf den Weg zur Arbeit.
    Ich blieb auf der Bank sitzen und las meine Zeitung bis zur letzen Seite, dann lief ich in die kleine Boulangerie an der Ecke und kaufte Gebäck.
    Verschlafen öffnete Keira die Tür.
    »Aber wo warst du bloß?«, fragte sie und rieb sich die Augen. »Ich bin vor Unruhe fast umgekommen.«
    »Croissant oder Pain au chocolat oder beides?«
    »Adrian …«
    »Frühstücke schnell und zieh dich an. Gegen Mittag geht ein Eurostar, wir können ihn noch erreichen.«
    »Ich muss zuerst zu Ivory, es ist wichtig.«
    »Der Eurostar fährt jede Stunde, also statten wir Ivory einen Besuch ab.«
    Keira machte Kaffee und erzählte, was sie Max dargelegt hatte. Während sie mir ihre Theorie erklärte, dachte ich an jene Bemerkung des Antiquars bezüglich der Armillarsphären. Ich wusste nicht, warum, aber ich hätte Erwan gerne angerufen, um mit ihm darüber zu sprechen. Meine vorübergehende Unaufmerksamkeit war Keira nicht entgangen, und sie rief mich zur Ordnung.
    »Soll ich dich zu diesem alten Professor begleiten?«, fragte ich.

    »Kannst du mir verraten, wo du die Nacht verbracht hast?«
    »Nein, das heißt ich könnte, aber ich tue es nicht«, antwortete ich und lächelte.
    »Es ist mir auch völlig egal …«
    »Dann reden wir nicht mehr drüber. Und dieser Ivory, bei dem waren wir doch stehen geblieben, oder?«
    »Er arbeitet nicht mehr im Museum, aber Jeanne hat mir seine Privatnummer gegeben. Ich rufe ihn an.«
    Keira ging ins Schlafzimmer ihrer Schwester, wo das Telefon stand, drehte sich dann aber noch einmal zu mir um.
    »Wo hast du geschlafen?«
     
    Ivory war bereit, uns in seiner Wohnung zu empfangen. Er wohnte in einem eleganten Domizil auf der Île Saint-Louis … nur wenige Schritte von meinem Hotel entfernt. Als er die Tür öffnete, erkannte ich den Mann, der am Tag zuvor aus dem Taxi gestiegen war, während ich in dem Bistro saß und in meinem Buch blätterte. Er bat uns in den Salon und bot uns Kaffee und Tee an.
    »Welche Freude, Sie beide zu sehen. Was kann ich für Sie tun?«
    Keira kam direkt zur Sache und fragte ihn, ob er wüsste, wo das Fragment entdeckt worden sei, von dem er ihr im Museum erzählt hatte.
    »Wollen Sie mir nicht zuerst sagen, warum Sie das interessiert?«
    »Ich denke, ich bin mit der Auslegung des auf Ge’ez verfassten Textes weitergekommen.«
    »Das macht mich neugierig. Was haben Sie herausgefunden?«
    Keira legte ihre Theorie über die Pelasger dar. Im vierten oder fünften Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung hatten
Menschen den Gegenstand in seiner ursprünglichen Form gefunden und geteilt. Der Handschrift zufolge waren Botengruppen aufgebrochen, um die verschiedenen Teile in alle Himmelsrichtungen zu tragen.
    »Das ist eine wunderbare Theorie!«, rief Ivory. »Und vielleicht auch nicht abwegig. Nur dass Sie nicht wissen, was der Grund dieser ebenso gefährlichen wie unwahrscheinlichen Reisen gewesen war.«
    »Ich habe da so eine Ahnung.«
    Ausgehend von dem, was ihr Max erklärt hatte, erläuterte Keira, dass

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