Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
Vom Netzwerk:
Eigenschaften Furcht erweckten -, haben jene, die es gefunden haben, beschlossen, es in Teile zu zerbrechen, da es ihnen nicht möglich war, es zu zerstören. Das scheint uns die erste Zeile der Handschrift sagen zu wollen.

    Ich habe die Scheibe der Erinnerungen getrennt und ihre einzelnen Teile den Magistraten der Kolonien anvertraut …«
    »Ich will dich ja nicht unterbrechen, aber ›Scheibe der Erinnerungen‹ bezieht sich vermutlich auf ein Wissen. Wenn ich deiner Theorie folge, würde ich sagen, dass man diesen Gegenstand vermutlich geteilt hat, um mit jedem Fragment eine Information in einen der Kontinente zu senden.«
    »Möglich, aber das Ende der Handschrift legt das nicht nahe. Um sicher zu sein, muss man herausfinden, wo die Fragmente sind. Wir besitzen zwei, es ist auch ein drittes entdeckt worden, aber es gibt noch weitere. Und jetzt hör mir zu, Max, während meiner ganzen Haftstrafe habe ich pausenlos über diesen auf Ge’ez verfassten Text nachgegrübelt. Vor allem über ein Wort im zweiten Teil des ersten Satzes: › ihre einzelnen Teile den Magistraten der Kolonien anvertraut‹ . Wer sind deiner Meinung nach diese Magistraten?«
    »Gelehrte. Vermutlich Stammesoberhäupter. Unterweiser des Wissens.«
    »Dann warst du mein Magistrat?«, fragte Keira ironisch.
    »So was Ähnliches, ja.«
    »Also hör dir meine Vermutung an«, fuhr Keira fort. »Ein erstes Fragment ist in einem Vulkankrater in einem See an der äthiopisch-kenianischen Grenze aufgetaucht. Das zweite haben wir ebenfalls in einem Krater gefunden, dieses Mal auf der Insel Narcondam in der Adamanensee - das heißt eines im Süden und eines im Osten. Beide befanden sich rund hundert Kilometer von der Quelle oder Mündung eines großen Flusses entfernt. In einem Fall der Nil und der Blaue Nil, im anderen der Irrawaddy und der Jangtse.«
    »Und?«, unterbrach sie Max.
    »Gehen wir davon aus, dass dieses Objekt aus einem Grund, den ich noch nicht erklären kann, absichtlich in vier oder fünf
Teile zerbrochen und jeder an einem bestimmten Punkt der Welt verborgen wurde. Einer befindet sich im Osten, einer im Süden, der dritte, der vor zwanzig oder dreißig Jahren eigentlich als Erster entdeckt wurde …«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Ich weiß es nicht, hör auf, mich dauernd zu unterbrechen, Max. Ich gehe jede Wette ein, dass die beiden fehlenden Fragmente im Norden und im Westen zu suchen sind.«
    »Ich will dich nicht verärgern, das bist du ohnehin schon, aber Norden und Westen, das ist relativ vage …«
    »Gut, wenn du dich über mich lustig machen willst, dann gehe ich lieber nach Hause.«
    Keira sprang auf und lief zum zweiten Mal zur Tür.
    »Hör auf damit, Keira, spiel dich nicht auf wie ein kleiner Diktator, du bist wirklich nervtötend! Ist das ein Monolog oder eine Unterhaltung? Erklär mir deine Theorie, ich unterbreche dich nicht mehr.«
    Keira nahm wieder neben Max Platz, griff nach einem Papier und skizzierte ein Planiglob mit den Kontinenten.
    »Wir kennen die großen Richtungen, denen die erste Wanderung folgte. Von Afrika aus bahnte sich eine Gruppe ihren Weg nach Europa, eine zweite nach Asien«, fuhr Keira fort und malte große Pfeile auf das Blatt, »sie trennte sich dann oberhalb des Bengalischen Golfs. Ein Teil zog nach Indien, ein anderer über Birma, Thailand, Kambodscha, Vietnam, Indonesien, die Philippinen, Papua-Neuguinea bis nach Australien. Wieder andere«, erklärte sie und setzte einen weiteren Pfeil, »gingen nach Norden, über die Mongolei und Russland, folgten dem Jana-Fluss zur Beringstraße. Während der damaligen Eiszeit erreichte diese Gruppe vor fünfzehn- bis zwanzigtausend Jahren die Ufer zwischen Alaska und der Beaufortsee. Dann durchquerten sie den nordamerikanischen Kontinent bis
nach Monte Verde, ein Teil davon gelangte nach Japan 1 . Dieselben Wege haben vielleicht auch jene gewählt, die vor viertausend Jahren die Fragmente transportiert haben. Eine Gruppe von Boten mag zur Adamanensee aufgebrochen sein, und ihre Reise endete auf der Insel Narcondam. Eine andere begab sich vielleicht zur Quelle des Nils an der kenianisch-äthiopischen Grenze.«
    »Und du schließt daraus, dass zwei weitere dieser ›Boten-Völker‹ nach Westen und Norden gezogen sind, um andere Fragmente dorthin zu bringen?«
    »Die Handschrift sagt: Ich habe die Scheibe der Erinnerungen getrennt und ihre einzelnen Teile den Magistraten der Kolonien anvertraut. Jede Botengruppe - denn eine solche Reise war nicht in einer

Weitere Kostenlose Bücher