Die erste Todsuende
was Sie meinen. Und eine Axt, um Eis und Fels wegzuschlagen. Nimmt er zu diesen Ausflügen auch eine Axt mit?"
„Nie gesehen. Aber was hat das alles mit dem jungen Ding zu tun?"
„Nichts." Delaney zuckte mit den Schultern. „Ich versuche bloß, mir ein Bild von ihm zu machen. Lassen Sie uns nochmals auf diese Freundin von ihm zurückkommen, auf die Magere mit dem schwarzen Haar. Kommt sie ihn oft besuchen?"
„Manchmal kommt sie drei Nächte hintereinander. Dann ist sie 'ne ganze Woche nicht zu sehen. Das ist völlig unregelmäßig, falls es das ist, was Sie interessiert." Verschlagen grinste er Delaney an. Zwei von seinen Vorderzähnen fehlten; der Captain überlegte, bei welcher Gelegenheit er sie wohl eingebüßt hatte.
„Kommt und geht per Taxi, sagen Sie?"
„Ja, das stimmt. Oder sie gehen beide zu Fuß aus."
„Wenn sie das nächste Mal mit dem Taxi kommt oder wegfährt, schreiben Sie sich die Autonummer der Droschke auf und notieren Sie Datum und Uhrzeit. Mehr brauche ich nicht - nur Datum, Zeit und Autonummer. Da ist noch ein Zehner für Sie drin."
„Na gut", brummte Lipsky. „Aber hören Sie, ich muß jetzt wirklich gehn."
„Augenblick. Nur einen Augenblick noch", sagte Delaney. Ihm war gerade etwas eingefallen.
„In Ihrem Hochhaus, da haben Sie doch sicher Hauptschlüssel? Oder Zweitschlüssel für sämtliche Türen, auch wenn die Mieter sich selbst Schlösser haben einbauen lassen, oder?"
„Klar haben wir Schlüssel." Lipsky runzelte die Stirn. „Wenn's mal brennt oder so, müssen wir doch rein. Versteht sich doch."
„Und wo werden diese Schlüssel aufbewahrt?"
„Vor dem Büro des Hausverwalters gibt es..." Plötzlich hielt Lipsky inne.
„Wenn Sie denken, was ich denke, daß Sie denken", sagte er, „dann vergessen Sie's. Nichts zu machen."
„Aber Mr. Lipsky", sagte Delaney ernst und treuherzig und beugte sich weit über den Tisch zu Lipsky hinüber, „ich will die Wohnung ja schließlich nicht ausräubern. Ich will nichts weiter, als mich mal ein bißchen darin umsehen."
„Hm? Und wonach?"
„Diese Frau, mit der er schläft. Vielleicht gibt's ein Foto von den beiden. Vielleicht einen Brief, den sie ihm geschrieben hat. Oder es hängen Sachen von ihr im Schrank. Irgend etwas, das meinem Klienten hilft, seine Tochter davon zu überzeugen, daß Blank sie die ganze Zeit über an der Nase herumgeführt hat."
„Aber wenn Sie nichts mitnehmen, dann..."
„Ich nehme eine Kleinbildkamera mit und knipse alles Verräterische. Ich lege die Sachen wieder hin, wie ich sie vorgefunden habe. Darin kenn ich mich aus, glauben Sie mir. Der Mann wird sein Lebtag keine Ahnung davon haben, daß jemand in seiner Wohnung gewesen ist. Gegen neun geht er weg, und um sechs kommt er zurück. So ungefähr, nicht wahr?"
„Ja."
„Die Wohnung steht also den ganzen Tag über leer."
„Ja."
„Reinmachefrau?"
„Zweimal die Woche. Aber die kommt früh, und um Mittag ist sie schon wieder draußen."
„Also... was sehen Sie für Schwierigkeiten? Ich brauche nicht mehr als eine Stunde. Länger nicht, das schwöre ich. Würde irgend jemand die Schlüssel vermissen?"
„Kaum. An dem Brett hängen -zig Schlüssel."
„Na also. Sie nehmen die Schlüssel vom Brett. Wenn ich die Halle betrete, stecken Sie sie mir zu. Nach einer Stunde bin ich wieder unten. Wahrscheinlich schon früher. Ich händige Ihnen die Schlüssel wieder aus, und Sie hängen sie wieder hin. Ab heute haben Sie wieder Tagschicht, stimmt's? Dann komm ich am frühen Nachmittag, so um zwei oder drei. Einverstanden?"
„Wieviel?" fragte Lipsky heiser.
Ins Netz gegangen, dachte Delaney.
„Zwanzig", sagte der Captain.
„Zwanzig?" rief Lipsky verächtlich. „Nein, nicht unter 'nem Hunderter. Wenn ich erwischt werd, bin ich geliefert."
Fünf Minuten später hatten sie sich auf fünfzig Dollar geeinigt, zwanzig sofort, und dreißig, wenn Delaney die Schlüssel zurückgab, und noch einen Zwanziger extra, wenn Lipsky die Nummer eines Taxis beschaffte, mit dem Blanks schwarzhaarige Freundin kam.
„Soll ich Sie anrufen, wenn ich die hab?" fragte Lipsky.
„Ich bin nur selten im Büro zu erreichen", sagte Delaney leichthin. „In meinem Beruf muß man dauernd unterwegs sein. Ich ruf Sie an. Wenn Sie wieder Nachtschicht haben, hinterlassen Sie eine Nachricht bei Ihrem Schwager. Der wird mir dann schon sagen, wann ich Sie erreichen kann. Einverstanden?"
„Hm, ja", sagte Lipsky widerwillig. „Weiß Gott, wenn ich das Moos nicht so
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