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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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ging er nach nebenan aufs Revier. Direkt vor dem Eingang war ein Privatwagen geparkt, an der Windschutzscheibe auf der Beifahrerseite ein großer Aufkleber: PRESSE.
    Delaney ging steifbeinig hinein. Ein Zivilist sprach mit dem diensthabenden Segeant. Die beiden Männer brachen ihre Unterhaltung ab und drehten sich um.
    „Ist das Ihr Wagen?" wandte Delaney sich an den Zivilisten. „Der da vor der Wache?"
    „Ja, das ist meiner. Ich..."
    „Sind Sie Reporter?"
    „Ja. Ich wollte bloß..."
    „Bringen Sie ihn da weg! Sie parken in einem Bereich, der für Polizeifahrzeuge reserviert ist. Die Zone ist klar als solche gekennzeichnet."
    „Ich wollte doch bloß..."
    „Sergeant", sagte Delaney, „falls der Wagen nicht innerhalb von zwei Minuten weg ist, bekommt der Mann ein Strafmandat. Falls der Karren nach fünf Minuten immer noch dasteht, lassen Sie ihn abschleppen. Ist das klar?"
    „Jawohl, Sir."
    „Hören Sie doch..." begann der Mann.
    Delaney ging an ihm vorüber nach oben in sein Arbeitszimmer. Dort holte er eine schwarzgelackte Taschenlampe mit drei Batterien aus der obersten Schublade seines Aktenschranks. Außerdem steckte er einen kurzen Gummiknüppel in die Jackentasche und hängte ein paar stählerne Handschellen an den Gurt.
    Als er in die frostige Nacht hinaustrat, war der Pressewagen auf der anderen Straßenseite abgestellt, doch der Reporter wartete auf dem Bürgersteig vor dem Revier.
    „Wie heißen Sie?" fragte er wütend.
    „Captain Edward X. Delaney. Wollen Sie meine Dienstnummer?"
    „Oh... Delaney. Von Ihnen hab ich schon gehört."
    „So?"
    „'Eisenarsch' - werden Sie nicht so genannt?"
    „Ja."
    Der Reporter sah ihn mit großen Augen an, fing dann an zu lachen und streckte ihm die Hand hin.
    „Ich heiße Handry, Captain. Thomas Handry. Tut mir leid, das mit dem Auto. Sie waren völlig im Recht, und ich war völlig im Unrecht."
    Delaney schüttelte ihm die Hand.
    „Wohin gehen Sie denn mit der Taschenlampe, Captain?"
    „Ich will mich bloß ein bißchen umsehen."
    „Was dagegen, wenn ich mitkomme?"
    Delaney zuckte mit den Achseln. „Wenn Sie wollen."
    Sie gingen zur Ist Avenue hinüber und wandten sich dann gen Norden. Hier drängten sich Ladengeschäfte, Supermärkte und Banken. Die meisten hatten vor Eingang und Schaufenster abgeschlossene Scherengitter, und in allen brannte Licht.
    „Sehen Sie das?" Delaney machte eine entsprechende Handbewegung. „Ich habe allen Geschäftsleuten in meinem Revier einen Brief geschrieben und sie aufgefordert, mindestens eine Hundertwattbirne die ganze Nacht über brennen zu lassen. Ich habe nicht lockergelassen, und jetzt tun mir achtundneunzig Prozent den Gefallen. Ein simples Hilfsmittel, aber dadurch haben wir die Ladeneinbrüche in diesem Revier um 14,7 Prozent runterdrücken können."
    Er blieb vor einer Schuhmacherwerkstatt stehen, die kein Scherengitter hatte. Delaney drückte die Klinke herunter. Die Tür war fest abgeschlossen.
    „Ein bißchen ungewöhnlich, finden Sie nicht auch?" fragte Handry belustigt. „Daß ein Captain die Runden dreht, meine ich. Haben Sie dafür keine Streifenpolizisten?"
    „Selbstverständlich. Als ich das 251. Revier übernahm, war die Disziplin äußerst lax. Deshalb legte ich ohne Vorankündigung Inspektionsgänge ein, meistens bei Nacht. Das hat geholfen. Die Männer wissen nie, wann oder wo ich auftauche. Da bleiben sie wach."
    „Und das tun Sie jede Nacht?"
    „Aber ja. Selbstverständlich kann ich nicht das ganze Revier abklappern, aber immerhin kontrolliere ich jede Nacht fünf oder sechs verschiedene Blocks. Jetzt ist das natürlich nicht mehr nötig, denn meine Männer sind ständig auf der Hut. Aber es ist mir zur Gewohnheit geworden. Offen gestanden kann ich nicht richtig einschlafen, ehe ich nicht meine Runde gemacht habe. Meine Frau sagt, ich bin da wie ein guter Hausvater, der vorm Zubettgehen noch einmal nachsieht, ob auch alle Fenster und Türen geschlossen sind."
    Eine Zwei-Mann-Streife in einem leise surrenden Funkstreifenwagen kam ihnen entgegen. Der Polizist auf dem Beifahrersitz nahm sie in Augenschein, erkannte den Captain und legte grüßend die Hand an den Mützenschirm. Delaney erwiderte den Gruß.
    Sie gingen noch ein paar Straßen weiter und bogen dann nach Osten ab in Richtung York Avenue.
    „Was haben Sie eigentlich auf der Wache gewollt, Handry?" fragte der Captain plötzlich.
    „Hab mich nur mal umgesehen", sagte der Reporter. „Ich arbeite an einem Artikel, oder vielmehr, an

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